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Sie sahen nicht aus wie lebende Personen. Aber es war nah genug dran, dass man es sich beinahe einreden konnte. Sie erschienen innerhalb eines Blinzelns, saßen auf einmal zwischen ihnen auf den übrigen Gartenstühlen, als wären sie den ganzen Abend schon hier gewesen. 

Es war grotesk, sie zu sehen. Sie waren zwanzig. Natürlich waren sie zwanzig. Aber Remus war nicht darauf vorbereitet gewesen, wie seltsam es sein würde, seine Freunde mit zwanzig zu sehen, jetzt, wo er selbst über dreißig war. 

Er hatte sich so fest vorgenommen, nicht zu weinen, allein schon Harry und Luke zuliebe, aber sie alle zu sehen war einfach zu viel. Er spürte, wie eine Träne sich aus seinem Augenwinkel stahl, dann eine zweite. 

"Remus, du bist so ein Lappen", war das erste, was einer von ihnen sagte und natürlich war es Marlene, die immer schon eine viel zu große Klappe gehabt hatte. "Da kommt man von den Toten zurück, um hallo zu sagen und statt dich zu freuen, weinst du." 

Remus musste lachen, schiefte und wischte sich durchs Gesicht. 

"Ich kann einfach nicht glauben, dass ihr hier seid", gestand er, halb lachend, halb immer noch weinend. Mit den Augen scannte er sie alle vier, versuchte sich genau einzuprägen, wie sie aussahen. 

Marlene mit ihren blonden Locken und den hellen, schelmischen Augen und den Grübchen. 

Dorcas in einem bunten, weiten Kleid, wie sie es immer getragen hatte, wenn sie keine Uniform tragen mussten und einer wilden Frisur, die aussah, als hätte sie ihre Haare eilig zusammengebunden, um sie aus dem Gesicht zu haben. 

James. Eine neue Welle aus Emotionen überrollte Remus, als er James ansah, der mit seiner Brille und seiner wilden Frisur so sehr aussah wie Harry, dass Remus kurz der Atem stockte. 

Und Lily, die roten Locken noch immer ungebändigt und die so vertrauten Augen fest auf ihren Sohn gerichtet, den sie vor zwölf Jahren das letzte Mal gehalten hatte, kurz bevor sie für ihn gestorben war. 

Harry selbst wirkte wie versteinert, sein Blick klebte an seinen Eltern, als schien nichts auf der Welt wichtiger. Vermutlich war jetzt in diesem Moment nichts auf der Welt wichtiger. 

"Mum?", fragte er kleinlaut, ungläubig, beinahe kläglich, und gleichzeitig so hoffnungsvoll. 

Lilys gesamtes Gesicht war erfüllt von einer Wärme, wie Remus es stets nur gesehen hatte, wenn sie Harry im Arm gehalten hatte, aber auch ihre Augen glitzerten verdächtig, als sie nickte. 

"Harry, wir können gar nicht in Worte fassen, wie stolz wir auf dich sind", erklärte sie. "Es tut mir so leid, dass wir nicht da waren."

James räusperte sich leise. 

"Ich hoffe, du glaubst uns, wenn wir sagen, dass wir alles gegeben hätten, um dich aufwachsen zu sehen", sagte er. Harry schniefte leise. 

"Ich hätte auch alles gegeben, dass ihr dagewesen wärt", murmelte er. 

Lily griff über den Tisch nach seiner Hand, aber ihre glitt mühelos durch seine hindurch. 

"Oh, Baby", sagte Mary leise, die neben ihm saß und zog ihn stellvertretend in eine feste Umarmung. Remus konnte Lilys und James' Gesichter gut genug lesen, um zu wissen, dass es sie mehr schmerzte, als sie je zugegeben hätten, dass sie nicht in der Lage waren, Marys Platz einzunehmen. So wie er Lily kannte, hätte sie vermutlich jeden Preis bezahlt, um ein einziges Mal noch ihren Sohn im Arm zu halten. James' Augen huschten hinüber zu Remus und Sirius, dessen Augen zwar trocken waren, aber von dem Remus spüren konnte, wie angespannt er war und wie stark er um seine eigene Selbstkontrolle rang. 

"Danke", sagte James leise. "Euch allen, dass ihr euch um ihn gekümmert habt. Wir hätten es nicht besser machen können, er ist ein großartiger Junge."

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