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Remus wusste sehr genau, dass Sirius das, was er gesagt hatte, nicht so gemeint hatte. Aber verdammt, das sorgte nicht dafür, dass es weniger weh tat. 

Sicher war Kreacher kein Mensch. Aber Remus eben auch nicht. Und diesen Vergleich so zu ziehen, setzte Sirius' Worte in einen Kontext, der auf Remus' Zunge sehr bitter schmeckte. 

Es passierte nicht oft, dass er und Sirius sich stritten. Sich richtig stritten, nicht einfach Diskussionen, was es zum Abendessen geben sollte oder wer noch einmal aufstehen und die Haustür abschließen musste. Aber es passierte eben. Und er wollte nicht sagen, dass Sirius meistens schuld war, aber seine teils aufbrausende Persönlichkeit trug nun einmal nicht dazu bei, dass Auseinandersetzungen friedlich blieben. 

Grundsätzlich mochte er es an Sirius, dass er mit seinen Emotionen für gewöhnlich nicht hinterm Berg hielt. Dass er sagte, was er dachte, auch wenn es unbequem war und dass man an seinem Gesicht immer ablesen konnte, was er dachte. Alles, was Sirius tat, tat er mit Leidenschaft, ohne Zurückhaltung. Er lachte ungehalten, er liebte kompromisslos und wenn er stritt, dann tat er das auf die gleiche Weise - mit einem Mund, der einfach das sagte, was er dachte, ohne es noch einmal zu filtern, ob dabei jemand zu schaden kam. 

Mit sechzehn hatte Remus die naive Vorstellung gehabt, das an ihm ändern zu können. Aber wie so viele Menschen vor ihm und zweifelsohne genauso viele nach ihm, hatte er nach einer Weile auf die harte Tour gelernt, dass Sirius sich nicht von ihm ändern lassen würde. Und das war natürlich auch in Ordnung. Aber manchmal wünschte Remus, sein Mann hätte ein wenig mehr Motivation, sich in dieser Hinsicht selbst zu ändern. 

Es war unglaublich kräftezehrend, wenn Versuche, eine Meinungsverschiedenheit rational zu diskutieren, mit emotionalen Ausbrüchen abgeblockt wurden. 

Und natürlich wusste er, dass es vermutlich nicht lange dauern würde, bis Sirius selbst einsah, dass er im Eifer des Gefechts mal wieder Dinge gesagt hatte, die er nicht hatte sagen wollen oder sollen. Er würde zu Remus kommen und sich entschuldigen. Er würde es ernst meinen und egal wie wütend und enttäuscht und erschöpft Remus jetzt gerade war, natürlich würde er ihm verzeihen. 

Aber er würde sich wünschen, dass sie diesen Schritt einmal umgehen könnten. Dass sie einmal gleich sachlich reden können würden. War das wirklich ein Ding der Unmöglichkeit? 

"Du wirkst schlechter gelaunt als sonst", grüßte Yuna ihn, als sie kurz vor drei den Buchladen betrat. Remus schüttelte nur etwas hilflos den Kopf. 

"Stress mit...Dingen", meinte er ausweichend. Sie lächelte verständnisvoll, während sie ihre Jacke und ihre Tasche ins Hinterzimmer brachte und sich dann im Laden umsah. 

"Na, hier ist ja viel los", kommentierte sie die gähnende Leere zwischen den Regalen. Remus schmunzelte. 

"Vermutlich genießen es alle, dass es endlich warm wird", stellte er eine Theorie auf. Yuna grinste und hielt ihre Hände hoch. 

"Ohh ja!", sagte sie begeistert, "mir sind zum ersten Mal auf dem Fahrrad nicht die Hände abgefroren!" Sie wackelte mit ihren Fingern. "Nyoko wollte mir eigentlich Handschuhe stricken, aber das Versprechen ist natürlich seit November nicht eingelöst worden. Nutzloseste Schwester überhaupt!"

Remus lächelte ein wenig. 

"Da ich keine Schwester habe, kann ich das nicht beurteilen." 

Yuna zuckte mit den Schultern. 

"Du hast Mary", meinte sie, "sie ist quasi deine Schwester." 

Remus dachte einen Moment darüber nach. 

"Du hast nicht unrecht", räumte er dann ein. "Wobei ich sie immer am ehesten als eine Art...Ehefrau gesehen habe. Ohne den romantischen Teil, natürlich. Aber...wir wohnen zusammen, wir führen unser Leben zusammen und sie ist in jeder Hinsicht, die zählt, die Mutter meiner Kinder." Er zögerte und sah zu ihr hinüber. "Ich weiß, dass das wenig Sinn ergibt, weil ich Sirius habe, der ja die gleichen Kriterien erfüllt. Aber keine Ahnung, in meinem Kopf passt das alles irgendwie." 

Der Buchladen im LigusterwegWo Geschichten leben. Entdecke jetzt