17

1.1K 153 147
                                    

Regulus war wie eingefroren und während Sirius bereits zuvor die starke Vermutung gehabt hatte, dass er ihn mit der Umarmung überfordern würde, war er sich jetzt sicher. Er löste sich von seinem Bruder und trat einen Schritt zurück. 

"Hi", war das einzige, was er hervorbrachte. Regulus schien immer noch schockiert von der überschwänglichen Begrüßung. 

"Äh...", machte er unsicher. "...hi zurück?" 

"Die richtige Antwort ist 'wo?'", konnte sich Jerry anscheinend nicht verkneifen zu sagen. Sirius konnte ein Augenverdrehen nicht unterdrücken (auch wenn er stolz war, ihn offenbar gut erzogen zu haben). Jerry biss sich auf die Lippe, dann deutete er auf die Tür. "Wisst ihr was, ich glaube, ich gehe auch mal nach unten und lege mich eine Weile hin. Ihr schafft das, ich glaub an euch." Er hob die Hand zum Gruß, schnappte sich seinen rosa Morgenrock und eine Packung Abschminktücher vom Frisiertisch und verschwand ins Treppenhaus. Sirius schluckte. So viel dazu, dass er beaufsichtigt werden sollte. Andererseits hatte Jerry recht. Das, was jetzt kam war etwas, was sie zu zweit machen mussten. 

Sirius musterte Regulus, der ihn mit ebenso unverhohlener Neugier anschaute. 

"Ich bin ehrlich, ich hab ihm nicht geglaubt, als er gesagt hat, dass es 1993 ist", sagte Regulus dann trocken. "Aber wow, du bist..."

"Wenn du jetzt alt sagst", warnte Sirius ihn mit gehobenem Zeigefinger, "dann sind wir geschiedene Leute." 

Regulus grinste. 

"...reif", erklärte er spöttisch und irgendwie war das kein Stückchen besser! Sirius verzog beleidigt die Mundwinkel. 

"Selber reif", brummte er, "hast du schonmal in den Spiegel geschaut?" 

Regulus sah etwas betreten zu Boden. 

"Hab's ehrlich gesagt bisher vermieden", murmelte er. Sirius sah sich um. Das war in Jerrys Zimmer eine echte Leistung. Über dem Frisiertisch hing ein kleiner, davor aufgestellt einer dieser runden Schminkspiegel, die alles ein bisschen vergrößerten und die Türen des überdimensionalen Kleiderschranks boten auch die Gelegenheit, sich in voller Größe zu betrachten - selbst wenn man an der 1,90 schrammte, wie Remus und Jerry es beide taten. 

Genau diese Spiegelwand fing Regulus jetzt etwas unwillig aus dem Augenwinkel auf, sah dann schnell wieder weg und dann ebenso schnell ungläubig noch einmal genauer hin, bevor er sich dazu herum drehte und näher trat. Sirius stellte sich neben ihn und für einen Moment war es still. 

"Wow", sagte Regulus dann skeptisch. Dann wieder einen Moment nichts. Dann: "Der Bart muss weg." 

Sirius nickte entschieden. Mary hatte ihn zwar schon ein gehöriges Stück gekürzt, allerdings nur vom verwahrlosten Obdachlosen zum Mittfünfziger, der sein Leben nicht mehr unter Kontrolle hatte. Regulus schien zu beschließen, dass Verdrängung eine gute Option war und er wandte sich wieder von seinem Spiegelbild ab, sah sich stattdessen im Raum um. 

"Hier sind viele Spiegel", meinte er wenig begeistert. Sirius musste grinsen. 

"Es ist Jerrys Zimmer", erklärte er, "ihm gefällt das."

Regulus sah nachdenklich zur Tür, durch die Jerry vor einigen Minuten verschwunden war. Dann deutete er zwischen ihr und Sirius hin und her. 

"Wie...wie genau steht ihr zueinander?", fragte er etwas verwirrt. Sirius verzog sein Gesicht zu einer Grimasse. 

"Das ist eine wirklich gute Frage", sagte er und ließ sich auf die Couch nieder. Regulus setzte sich ebenfalls, allerdings ans andere Ende. "Remus hat ihn im Grunde adoptiert. Aber er ist nur zehn Jahre jünger als wir und ich hab ihn erst viel später kennen gelernt, als er siebzehn war, also hab ich nie so wirklich diese starke Eltern-Kind-Beziehung zu ihm aufgebaut, wie Mary und Remus sie haben." 

Der Buchladen im LigusterwegWo Geschichten leben. Entdecke jetzt