Kapitel 20

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*Finley POV*


„Was ist eigentlich mit dem anderen Typen? Was ging da am Samstag noch ab?", fragte ich und drehte mich mit dem Oberkörper etwas zu ihm. „Er hat mich geschlagen dann sind wir etwas in der Wohnung herum gerangelt. Ich habe ihn geschlagen, er mich .. und so weiter und so fort. Nichts großartig zu erzählen." Er zuckte gelangweilt mit den Schultern. „Und wie hat das geendet? Sieht der Typ auch so scheiße aus wie du?", fragte ich weiter. Noah warf mir einen vielsagenden Blick zu.

„Rosa hat eine Vase an seinem Kopf zerschmettert und der ist dann weggelaufen. Keine Ahnung .. wahrscheinlich wollte er nicht das irgendeiner von uns stirbt, was weiß ich denn schon." Er rieb sich kurz über das Gesicht und sah für eine Millisekunde unglücklich aus, bis er sich wieder gefasst hatte.

„Nimmst du was gegen die Kopfschmerzen? Vielleicht hast du eine Gehirnerschütterung, warst du beim Arzt ..?", fragte ich vorsichtig nach, dabei konnte ich mir seine Antwort schon fast denken. „Na klar, und danach war ich bei der Polizei... ich brauche keinen Arzt, ich bin schon oft genug verprügelt worden um zu wissen was ich da zu tun habe und was nicht", meinte er ruppig. 

„Hast du keine Angst dass bei den ganzen Schlägen auf den Kopf auch mal ein paar Gehirnzellen verloren gehen?" Auch wenn ich ernsthaft der Ansicht war das sowas durchaus möglich war, lachte ich ihn aus. Wie pietätlos von mir. Fand Noah nicht, denn er grinste und schlug mir sanft gegen den Oberarm.

„Wie lange braucht das um zu verheilen?", fragte ich nach, weil es mich interessierte. Vielleicht fehlte er wegen seinen Wunden? Vielleicht schämte er sich dafür? Ich würde mich für sowas jedenfalls schämen. Würde das auch soweit gehen dass ich deswegen die Schule schwänzte? Gut, aber Noah schwänzt häufig, er kann ja nicht jedes Mal wegen so etwas fehlen. Oder es lag wirklich an der immer weiter schrumpfenden Gehirnzellenanzahl?

„Du interessierst dich ganz schön dafür, mh? Willst du vielleicht auf mein Aua-Weh pusten? Oder es untersuchen?", meinte er neckend und grinste dabei so verschlagen. Erst dachte ich es wäre nur ein blöder Spruch aber dann rutschte er nah an mich heran, so nah das sich unsere Knie berühren konnten. „Ist das nicht immer so eine total unnötige Schlüsselszene in dummen Filmen oder Büchern? Das Mädchen begutachtet die Wunden, am besten im Gesicht und berührt sie ganz sanft mit dem Zeigefinger und während sie so in die Augen des Badboys schaut .. kommen sich die beiden immer näher .." Seine Stimme war ganz sanft und irgendwie hypnotisierend. Was war nun los? Wo kam das auf einmal her?

„Für was eine Schlüsselszene ..? Und .. Büchern? Du liest Bücher ..?", hakte ich geistreicherweise nach, um irgendwas zu machen und nicht einfach nur dumm da zu sitzen und ihn dumm anzustarren. Aber anstatt mir zu antworten nahm er meine Hand und legte sie sich auf die Wange. Da lag nun seine Hand auf meiner und zwang sie an Ort und Stelle zu bleiben. Aber selbst wenn ich in der Lage gewesen diesem Unfug ein Ende zu setzen.. ich konnte es einfach nicht.

„Nein, ich lese nicht. Rosa .. ab und zu. Aber das ist nicht der Punkt. Es geht um diese eine Szene. Das Mädchen ist sauer auf den Typen weil er sich geprügelt hat, erkennt dann aber das sie ihn super scharf findet und das sie sich super nah sind und sie schauen sich an, kommen sich immer näher .. die Schlüsselszene eben und dann kommt es zum Kuss." Er beugte sich so weit vor, dass sich unsere Nasenspitzen fast berührten. Er war so verdammt nah dran. „Du willst mich küssen?" Diese Frage war nur noch ein Flüstern, alles schien mir zu versagen. Mein Verstand, meine Stimme, meine Willenskraft.

„Schon, irgendwas dagegen?", fragte er nach und ich sah wie sein Blick auf meinen Lippen hing. „Ähm .. ja, natürlich", meinte ich dann. Auch wenn mein Körper nicht mehr auf mich zu hören schien, so tat es wenigstens noch mein Mund. „Echt? Kommt mir aber gerade nicht so vor." Nun war er neugierig geworden, war sich aber trotz dessen siegessicher. Konnten wir das auch irgendwie anders diskutieren? Nicht wenn wir gerade so nah aneinander klebten? Aber keiner von uns bewegte sich ein Stück.

„Doch, doch. Ich will das nicht ... Wenn du mich küsst beiße ich dich", warnte ich ihn, was nicht ganz so bedrohlich rüber kam wie ich es eigentlich vorhatte. „Und was ist wenn ich darauf stehe? Dann geht dein Plan nach hinten los und ich find' dich nur noch schärfer. Und werde dich an Ort und Stelle vernaschen." Er schnaufte amüsiert.

Wollte ich mich von ihm vernaschen lassen? Warum dachte ich überhaupt darüber nach? Gott, bitte lass es aufhören. Lass mich bitte wieder mein Hirn benutzen. Ich hatte Angst, das wenn Noah den Abstand wirklich überbrücken würde, nachzugeben und mich komplett zu verlieren.

Ich musste aber nicht großartig mehr weiter darüber nachdenken, denn Noah zog sich von mir zurück, ließ sich in die Kissen fallen und lachte.

„Was soll das denn jetzt?" Dieser Kerl machte mich total fertig. Erst einen auf verführerisch machen und jetzt wie ein Irrer lachen. Jaja. „Ach, jetzt bist du enttäuscht? Weißt du eigentlich was du willst? Sieht nämlich nicht so aus." Er grinste breit und triumphierend. Hatte er recht? Klar sträubte ich mich gegen den Gedanken, aber das tat man ja immer wenn etwas falsch erschien. 

Nein, es war gut dass er es abgebrochen hatte, oder was auch immer er getan hatte. Vielleicht spielte der Wichser ja auch nur mit mir?

„Du bist leicht aus dem Konzept zu bringen, weißt du das?" Er hatte die Arme hinter seinem Kopf verschränkt und sah zu mir hin. „Ist das hier die reinste Verarsche oder was soll das? Was .. wolltest du mich jetzt küssen oder nicht?" Warum war mir diese Tatsache so wichtig? War es nicht einfach besser, wenn er mich im Endeffekt nur auf den Arm genommen hatte? Warum auch immer man das in so einer Situation tun sollte. Aber wir sprachen hier von Noah, bei dem man nichts ernst nehmen sollte.

„Klar", meinte er dann grinsend. „Oder vielleicht doch nicht .. wer weiß das schon?" Er legte den Kopf schief. „Komm her!", forderte er mich auf, holte seinen Arme hinterm Kopf hervor und breitete sie aus. „Wie bitte?" Langsam schien alles in meinem Kopf wieder anzugehen und seine Arbeit fortzusetzen, Gott sei Dank. Vielleicht war ich dann in der Lage bessere Entscheidungen zu treffen.

„Du sollst herkommen." Er wedelte mit seinen Händen in Richtung seiner Brust. „Ich bin in einer Beziehung ..", fiel mir plötzlich wieder ein. Oh, bis eben war mir der Fakt wohl total entfallen. Das durfte mir nicht wieder passieren. Ich war zwar ein schlechter fester Freund, und musste gewaltig an mir arbeiten, aber ich würde Aubrey nicht betrügen. Und schon gar nicht mit Noah. 

„Wir machen doch nichts. Wir sind Freunde, Finley." Und damit hatte Noah recht. Aber war das ganze trotzdem nicht falsch und merkwürdig? Es war ja kein Kuss, dessen Intention ich immer noch nicht ganz verstand. Also war das doch in Ordnung. Oder?

Ich rollte mit den Augen und ließ mich neben ihn fallen. Er schnaufte und schob seine Hände unter mich und zog mich dann an sich heran. So das ich mit der Vorderfront an ihn gedrückt wurde. Meine Arme suchten sich den Weg um seine Taille und mein Gesicht verstaute ich in seiner Halskuhle.

Die besseren Entscheidungen die ich eigentlich treffen wollen, muss ich wohl ein anderes Mal treffen. Warum war das Ganze so kompliziert? Wollte ich jetzt bei Noah sein oder nicht? War das alles freundschaftlich, oder nicht? Wer von uns beiden nahm hier überhaupt irgendwas noch ernst?

Vielleicht war das Ganze an sich nicht falsch, aber die Gefühle die ich dabei spüren konnte, höchstwahrscheinlich schon.   

You are my Problem [boyxboy]Where stories live. Discover now