VIII

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„Warum weinst du denn jetzt?"

Changbin Pov:

„Weiß nicht." Er wischt sich schnell die Tränen aus dem Gesicht und wendet den Blick von mir ab. Ist es vielleicht wegen dem Vogel? Oder wegen dem was ich gerade gesagt habe?

„Tut mir leid falls ich etwas falsches gesagt haben sollte." Ich lege den Vogel behutsam in sein kleines bescheidenes Grab und meide dabei den Blickkontakt zu Felix. Ich wollte ihn nicht zum weinen bringen. Ich dachte es tröstet ihn vielleicht, wenn ich so etwas sage. Aber mit dieser Reaktion habe ich wirklich nicht gerechnet.

Mit jeder Minute die ich mit ihm verbringe, verstehe ich ihn zunehmend schlechter. Es tauchen immer mehr Fragen in meinem Kopf über ihn auf. Eigentlich würde man jetzt sagen es ist etwas schlechtes nichts über den anderen zu wissen, aber vielleicht ist es ja auch besser so.

„Ist schon in Ordnung.. mir geht es gut." Es geht ihm definitiv nicht gut. Das merke ich doch schon die ganze Zeit. Wäre alles in Ordnung, dann wäre er nicht die ganze Zeit so traurig und ständig in seine Gedanken vertieft. Aber wenn er mir nicht sagen möchte, was ihn belastest, sollte ich ihn auch nicht darauf ansprechen. Ich möchte ihn schließlich zu nichts drängen und ich kenne ihn ja auch vielleicht erst seit einer Stunde.

Schweigsam bedecke ich den Vogel mit der noch frischen Erde und drücke diese vorsichtig fest. Ich habe schon einmal ein Tier begraben müssen. Als ich noch etwas jünger war, ist meine Katze von zuhause abgehauen. Am nächsten Tag lag sie tot am Straßenrand. Ich weiß noch genau, wie sehr ich damals geweint habe. Ich habe mir die Schuld für ihren Tod gegeben, weil ich nicht gut genug auf sie aufgepasst habe. Mein Grundschulfreund hat mich damals getröstet und dafür bin ich ihm auch heute noch sehr Dankbar.

Er war der einzige der mich nie enttäuscht hat, aber heute denkt er wahrscheinlich nicht einmal mehr an mich. Nachdem ich weggezogen bin, ist der Kontakt zu ihm abgebrochen. Wir waren auch einfach noch viel zu jung und sowas wie Handys gab es damals noch nicht. Zumindest nicht in der Form wie heute.

„Wir sollten jetzt in den Unterricht gehen, bevor wir noch richtig Ärger bekommen." Ein leises Seufzten verlässt meine Lippen, während ich mich, mit dem Regenschirm in meiner Hand, langsam vom Boden erhebe. Felix nickt nur langsam und steht dann ebenfalls auf. Ohne ein weiteres Wort miteinander zu wechseln, gehen wir gemeinsam zurück zum Schulgebäude und verabschieden uns dort am Eingang voneinander. Doch ich muss zugeben, dass ich mich jetzt schon ein bisschen auf ein Wiedersehen freue.

Eigentlich wollte ich mich hier von Freundschaften fern halten, aber es wirkt auf mich ein bisschen so, als hätte er hier sonst niemanden. Er tut mir leid und wir verstehen uns ja eigentlich ganz gut. Es kann ja nicht schaden, wenn wir uns hin und wieder in der Mittagspause treffen und uns gegenseitig Gesellschaft leisten, Außerdem macht es auch keinen Unterschied mehr, ob ich dieses Mal erneut enttäuscht werde. Schließlich wäre ich dieses Mal selber schuld daran.

Und ich glaube zwar nicht daran, aber vielleicht ist Felix ja doch anders als die anderen.

***
Vielleicht, vielleicht auch nicht~

정신 {Jeongsin} // Changlix Where stories live. Discover now