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Felix, was bist du?

Changbin Pov:

Es sind jetzt bereits 11 Tage, 3 Stunden und ungefähr 24 Minuten seit seinem Verschwinden vergangen. Meine Mutter denkt ich hätte mich mit Felix gestritten und ich glaube immer mehr daran, dass ich so langsam meinen Verstand verliere. Er kann sich schließlich nicht einfach in Luft auflösen. Ich habe überall im Internet nach einer seriösen Antwort darauf gesucht, aber alles was ich gefunden habe, waren irgendwelche komischen Verschwörungen.

Gedankenverloren stecke ich mein kleines Notizheft zurück in meine Jackentasche und lehne meine Stirn gegen das kalte Fensterglas. Ich saß hier so häufig mit ihm auf der Fensterbank und habe mich über alles mögliche mit ihm unterhalten. Manchmal habe ich die Hoffnung, dass er einfach wieder auftaucht, aber der Platz neben mir ist auch weiterhin verlassen. Dabei war der Musikraum doch immer unser Platz in dieser Schule.

Das habe ich jetzt davon. Ich wusste von vorne herein, dass es keine gute Idee ist, wenn ich mich auf jemanden einlasse. Es ist meine eigene Schuld. Ich habe mich selber belogen, um mich besser zu fühlen und jetzt ist alles wie immer. Ich würde sogar sagen es ist schlimmer als zu vor. Ich habe mich in mein Wunschdenken verliebt und auch wenn dieser Junge nicht wirklich existiert hat, hängt mein Herz an ihm.

Mit einem leisen Seufzen rutsche ich langsam die Fensterbank hinunter und mache mich allmählich auf den Weg zur Tür. Ich sollte nicht mehr hierher kommen. Es tut mir nicht gut. Es erinnert mich alles an die eigentlich schönen Momente mit Felix, die jetzt allerdings einfach nur noch schmerzen. Ich wünschte ich könnte diese Phase in meinem Leben einfach streichen und für immer vergessen.

Ohne den Menschen in meiner Umgebung auch nur ein kleines bisschen Aufmerksamkeit zu schenken, bewege ich mich langsam durch die Gänge dieser Schule und lasse meine Hand an der Wand entlang gleiten, während die laute Musik meiner Kopfhörer jeden Ton um mich herum ohne Probleme überspielt. Ich schotte mich bewusst ab, so wie ich es zuvor auch immer getan habe. Denn jedes Mal, wenn ich wieder jemanden an mich heran lasse, geschieht das gleiche. Damit ist jetzt endgültig Schluss. Felix war der letzte, der eine Chance von mir bekommen hat.

Kurz vor meinen Klassenraum ziehe ich mir schließlich vorsichtig die Kopfhörer aus den Ohren heraus und verweile für einen Moment schweigend vor der Tür. Mir ist bewusst, dass ich mal wieder viel zu spät zum Unterricht komme und der Lehrer mich anschreien wird, aber mir ist im Moment überhaupt nicht danach. Ich gehe eigentlich nur noch weiterhin zur Schule und schwänze nicht, weil ich meine Mutter nicht enttäuschen will. Sie hat es so schon schwer genug mit meinem Vater.

Nachdem ich noch einmal tief durchgeatmet habe, drücke ich langsam die Klicke der Tür hinunter und husche schnell ins Klassenzimmer hinein. Wie schon erwartet wirft der Lehrer kurzerhand ein Stückchen Kreide nach mir, weshalb ich mich schnell bücke und dieser ausweiche. Er sollte sich langsam mal etwas anderes einfallen lassen.

„Das ist jetzt schon das siebte Mal in Folge. Die Beschwerden der anderen Lehrer häufen sich auch schon." Während der Lehrer mich mit bösem Blick mustert, wende ich ihm den Rücken zu und mache mich langsam auf den Weg zu meinem Platz, wobei ich jedoch auf der Hälfte der Strecke schließlich stehen bleibe. Warum sitzt dort ein fremder Junge auf meinem Platz? Ich kann sein Gesicht leider nicht erkennen, weil er mit seinem Kopf auf dem Tisch liegt und seiner Umgebung keinerlei Aufmerksamkeit schenkt. Er erinnert mich irgendwie an mich selbst.

„Hey das ist mein Platz." Nicht sonderlich begeistert nähere ich mich dem Junge weiter und stoße ihn kurz an der Schulter an. Es dauert zwar ein bisschen, bis er endlich eine Reaktion zeigt, doch dann hebt sich langsam sein verschlafener Blick. Das kann nicht sein.

Ohne ein weiteres Wort hervor bringen zu können, sehe ich mein Gegenüber mit großen Augen an, während mein Herzschlag für einen Augenblick aussetzt. Ich glaube ich drehe langsam wirklich durch. Er hat sich doch direkt vor meinen Augen in Luft aufgelöst.

Ich glaube ich sehe Geister.

정신 {Jeongsin} // Changlix Where stories live. Discover now