𝐘𝐀𝐍𝐆𝐈𝐍𝐈𝐍 𝐑𝐔̈𝐙𝐆𝐀𝐑𝐈

𝟔 | ٦

‎صديقان حقيقيان هما روح واحدة في أجساد مختلفة

»𝒁𝒘𝒆𝒊 𝒘𝒂𝒉𝒓𝒆 𝑭𝒓𝒆𝒖𝒏𝒅𝒆 𝒔𝒊𝒏𝒅 𝒆𝒊𝒏𝒆 𝒆𝒊𝒏𝒛𝒆𝒍𝒏𝒆 𝑺𝒆𝒆𝒍𝒆 𝒊𝒏 𝒂𝒏𝒅𝒆𝒓𝒆𝒏 𝑲𝒐̈𝒓𝒑𝒆𝒓𝒏.«

Als Kind bin ich damals jeden Morgen bereits um fünf Uhr hellwach gewesen. Um fünf Uhr. Da keiner außer mir um diese Uhrzeit wach war, selbst mein Vater nicht, der jeden Morgen in der Frühe runter in den Laden gegangen ist, habe ich meine Morgenstunden damit verbracht, indem ich in meinem Bett in meinen Block gemalt habe. Ich habe es schon immer geliebt, meine Gedanken malerisch und zeichnerisch auf das Papier zu bringen. Heute habe ich meine Leidenschaft zum Beruf gemacht und bin mehr als nur glücklich darüber. Als Langschläfern konnte man mich damals also nicht bezeichnen. Doch inzwischen hat sich das geändert. Bis um neun zu schlafen ist zwar nicht unbedingt lang, wenn man meinen Schlafrhythmus mit dem von Said vergleichen würde. Für ihn ist zwölf Uhr wie sechs Uhr morgens. Finde ich gar nicht schön, auch wenn ich das Schlafen wirklich liebe. Man sagt, die Seele geht während dem Schlafen zurück zu Allâh. Sie befindet sich für ein paar Stunden Zuhause. Vielleicht ist auch das der Grund, wieso ich begonnen habe, dass schlafen zu mögen. Ein Geschrei weckt mich aus meinem traumlosen Schlaf auf. Müde und leicht angepisst kneife ich erschöpft die Augen zusammen, ehe ich murrend aufstöhne. In der Nacht habe ich nicht besonderes viel Schlaf bekommen. Immerhin keine Alpträume. Alhamdulillah – ‎الحمد لله.

Aber mit knapp zwei Stunden Schlaf und einem Aufwecken dieser Art starte ich alles andere als mit meiner besten Stimmung in den Tag. Ich würde demnach meine Reaktion eindeutig als verständlich betitelten. Die Tonlage der Person verrät mir sofort, dass diese niemand anderen gehören kann außer Melek. Melek hat schulterlange braune Haare, ich schwarze, welche mir bis zur Taille gehen. Ich habe grüne Augen, sie hingegen strahlend blaue. Einen Größenunterschied haben wir ebenfalls. Während sie 1,72 groß ist, bin ich 1,59 klein. Melek ist unschwer erkennbar der aktivere und vor allem lauterer Mensch von uns beiden. Ihre Verrücktheit und ihr einzigartiger Humor macht sie aus. Verschlafen drehe ich mich um und blicke in ihr hoch motiviertes Gesicht. "Aufstehen Rapunzel!", schreit – nein schreien wäre untertrieben, es ist viel eher eine Mischung aus einem Brüllen und Kreischen – eine hyperaktive Melek. Und das so früh. Was für ein kräftiges Organ besitzt dieses Mädchen? Mit verzogenem Gesicht ziehe ich scharf die Luft ein und halte schützend meine Ohren zu. Meine armen Öhrchen sind gerade wortwörtlich gestorben. Sie läuft mit schnellen Schritten auf mein Bett zu und schmeißt sich auf mich darauf. Ich stöhne auf und öffne müde die Augen.