Kapitel 75 - Frühstück

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Am morgen klopft es an meiner Tür und zaghaft werde ich wach. Die Sonne scheint mir direkt ins Gesicht, doch die Sonne steht noch nicht so hoch wie sonst. Es muss um den frühen Mittag sein, denn die Sonne steht noch nicht sehr hoch. Ich schlage die Decke zurück und da mein Kopf brummt, laufe ich verträumt mit strubbeligen Haaren zu meiner Zimmertür.

"Sayuuri", höre ich die wache Stimme meines Onkels und werde zucke sofort zusammen. Er trägt einen Morgenmantel wie der Hutmacher in schwarz mit einzelnen golden und orangenen Mustern. "Ich dachte wir gehen gemütlich frühstücken, wie früher auch"

Ich nicke nur und nehme das Kleid aus meinem Schrank, um es schnell im Bad gegen meine Kleidung zu tauschen. Ich stütze mich einen Moment an der Badezimmerablege ab und atme tief durch. Frühstücken bedeutet, dass er reden möchte und mich wahrscheinlich ausfragen wird. Als ich denke mich gefasst zu haben, trete ich nach draußen und lege das Armband meiner Großmutter mit Absicht an. 

"Mimosas?", frage ich mit großen Augen und er lächelt nur breit. Wir laufen in den Frühstücksaal und belegen einen Zweierplatz. An der Essensausgabe holen wir uns jeweils einen Teller und ich fülle meinen mit Früchten und Rührei, bevor ich eine große Flasche Orangensaft mitnehme. Wieder am Tisch schenkt mein Onkel erst Sekt, dann den Saft in die beiden Gläser. 

Die Gesprächsthemen bleiben am Anfang ziemlich allgemein und beziehen sich auf die Spiele und wie lange wir beide schon im Borderland sind. Mein Onkel meint er ist schon seit eineinhalb Wochen hier, doch wo genau er aufgewacht ist hat er mir nicht gesagt. Meine Tante sagte mir bei unserem letzten Treffen er würde nach London fliegen doch ich wusste irgendwie, dass das nicht stimmte. Das er jetzt hier im Beach ist zeigt mir, dass er immer noch in Tokyo war, was bedeutet meine Tante hat mich angelogen. Oder er sie, wie man es auch dreht und wendet mir gefällt keiner dieser Gedanken. 

"Und wie hast du das Pik 10 Spiel überlebt, von dem mir der Hutmacher vorgeschwärmt hat?", fragt er misstrauisch und schaut mich mit seinem speziellen Blick an. Als Kind habe ich diesen Blick immer als Lügendetektor empfunden, denn jede kleinste Flunkerei hat er durchschaut. Doch als ich älter wurde habe ich gelernt, wie man mit diesem Blick umgehen muss. Ihn mit so vielen Wahrheiten bombardieren, auch wenn sie noch so unwichtig sind. Ein kleines wichtiges Detail an dem er sich festbeißt und unschuldige Engelsaugen. 

"Ich habe mich die meiste Zeit unter einem der Trailer versteckt. Da war ein kleines Loch durch das ich mich zwängen konnte, es sah aus als ob ein Hund dort gegraben hatte"

"Du hast dich aber nicht die ganze Zeit unter dem Trailer versteckt", stellt er fest. Der Hutmacher muss erwähnt haben, dass ich stark verwundet wurde und wie ich von Danma am Straßenrand aufgelesen wurde.

"Ich dachte es wäre sicherer in den Wald zu laufen. Einer der Männer hat mich erwischt und mich gefoltert. Irgendwann konnte ich nicht mehr und lag einfach nur still da", erinnere ich mich schmerzlich zurück, doch vielleicht wirkt gerade das so wirkungsvoll, "Irgendwann muss er angenommen haben, dass ich tot bin"

Mein Onkel hebt mein Kinn an, damit ich ihn ansehen muss und seine Augen funkeln dunkel. Mein Herz rast ungemein und ich habe schon die Vermutung, dass er mir nicht glauben wird.

"Wäre dieser Mann nicht durch das Spiel gestorben, hätte ich das übernommen. Niemand verletzt meine kleine Nichte", sagt er wütend und auch wenn er gerne Menschen manipuliert, jedes seiner Worte scheint der Wahrheit zu entsprechen. "Du hast doch unser Familienmotto nicht vergessen"

"Blut ist dicker als Wasser", rezitiere ich das altbekannte Sprichwort, doch ernte einen tadelnden Blick. Auch wenn jeder diesen Satz kennt und schon einmal gehört hat, bedeutet er einfach alles für meinen Onkel. Ich senke meinen Kopf leicht entschuldigend und wende mich meinem Teller zu.

Alice in BorderlandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt