Kapitel 142 - Die Fügung des Schicksals

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"Ihr sehr echt scheiße aus", lehnt Niragi entspannt an unserem Fahrzeug und hat seine heißgeliebte Waffe locker auf seiner Schulter aufgelegt. Seine Augenbrauen zucken bei dem Blick auf der schwarzen Pistole in meiner Hand leicht zusammen, doch er scheint es hinzunehmen und sein erfolgreichen Grinsen nach absolvieren des Spieles ebbt nicht ab.

"Meine Schuld", erhebe ich meine Stimme, während Arisu mit wachsamen Augen stehen bleibt und den Schützen kritisch mustert. "Hätte zum ersten Mal deine Schießfähigkeiten gebraucht."

"Alles okay?", versiebt sein Lächeln leicht, bevor sein Blick an mir zu Chishiya und dem Frischling geht und sein spielerisches Lächeln aufrechterhält. Ich bringe trotz meiner nachhallenden Schmerzen ein kurzes, wenig herzliches Lächeln zustande und steige einfach auf die Rückbank unseres Transportmittels. Obwohl ich bei der Anspannung und meiner neuen Position aus dem Hotel verschwinden möchte, kann ich mir nach den Erlebnissen heute nicht vorstellen woanders zu übernachten. "Komm auf den Beifahrersitz, der Hampelmann kann mal hinten sitzen."

Ein amüsiertes Lächeln schleicht sich bei der Bezeichnung von Chishiya auf meine Lippen und ich steige nach vorne ohne Widerworte. Mit meinem gesunden Arm ziehe ich die Autotür zu und lehne meine Stirn daran. Obwohl Chishiya meinen Arm eingerenkt hat bin ich erschöpft und habe Schmerzen, sie werden nicht auf wundersame Weise verschwinden. Mein Verstand driftet ab, als ich wieder an die Worte von Haruto über Chishiyas Vergangenheit denke und lasse die Kälte der Nacht meinen Kopf leerfegen.

Ich spüre Niragi's Seitenblicke auf mir, doch im Moment bin ich unfähig mir diverse Lügen einfallen zu lassen und die Situation mit Halbwahrheiten zu erklären.

"Du warst in einem Save-Room?", lenke ich das offensichtlich in der Luft schwebende Thema um und er lacht laut auf. Viele Menschen würden ihn als einen brutalen Pik-Spieler oberflächlich einsortieren, doch er ist nicht dumm. Ich habe schon öfters mitbekommen, dass er in Diamantspielen zu glänzen scheint.

"Ich musste reaktionsbedingt Druckschalter betätigen, aber es war wie in einem Videogame, man konnte durch Wahrscheinlichkeiten die Möglichkeiten beschränken", antwortet er selbstbewusst grinsend und ein leicht stolzes Lächeln stiehlt sich auf meine Lippen. Ich muss mit diesem Mann vorsichtig umgehen, ich habe Angst vor ihm und dennoch fasziniert mich seine behutsame Ader gegenüber mir. "Und du bist in der Arena geblieben und hast die Jäger herausgefordert?"

"Kennst mich doch", antworte ich selbstverständlich bei seinem deutenden Blick auf die schwarze Pistole in meiner Hand. Mein Blick gleitet hinaus zu den vorbeiziehenden Straßenlaternen.

"Du hättest den Save-Room bestimmt auch bestanden, 'kluges Köpfchen' ", zitiert er Aguni und ich verdrehe nur meine Augen. Manchmal spricht der neue König des Beach es verachtend aus, als wäre es eine Beleidigung jemanden intelligent zu nennen, und dennoch genieße ich es jedes Mal. In meinem Leben vor dem Borderland hat mich niemand intelligent genannt, nicht einmal annähernd...

Der neue König... in meinem Kopf hört sich das lächerlich an. Wie als wäre das Leben des Hutmachers aus allen Köpfen verschwunden. Aguni und der Hutmacher waren Freunde, ich habe auf die Zeichen in meiner Anfangszeit geachtet und niemals mit meinen Beobachtungen aufgehört, wie kann er einfach seinen Platz einnehmen? Der Militärtrupp-Anführer ist kalt wie immer aber er zieht sich zurück, wahrscheinlich trauert er auf seine eigene Weise. Ich kann nicht darüber urteilen, in diesem Land ist die Trauer eine Ablenkung in den Spielen zu sterben. Wie lange habe ich um Norikita oder Izumi getrauert, vielleicht habe ich den Tränen für einen Abend die Erlaubnis gegeben zu fließen.

Schwermütig reiße ich mich aus meinen sich ineinander verstrickten Gedankengängen und senke meine Augen nach unten in der Assoziation, dass die vorbeiziehende Landschaft mich nachdenklich werden lässt. Um Abwechslung bemüht schwenkt mein Kopf auf die andere Seite und ich mustere den schwarzhaarigen Fahrer. Niragi hält das Lenkrad locker in seiner rechte Hand, seine bevorzugte motorisch ausgebildete Seite wie ich festgestellt habe. Jedenfalls mache ich es daran aus, wie er seine Scharfschützenwaffe trägt und mit ihr zielt. Seine Kleidung weist vielleicht einige auffällige Farbrückstände auf, aber keine Nähte sind gerissen oder beschädigt, er wurde nicht mit einer Waffe verletzt. Er scheint keine Probleme in dem Spiel gehabt zu haben, bevor er in seinen Save-Room gekommen ist.

Alice in BorderlandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt