Kapitel 138 - Aufbruchsstimmung

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Arisu's Sicht

Ich nehme meinen Zuteilungszettel von einer Frau aus dem Militärtrupp an und bleibe gespannt stehen, bis Usagi ihr Los annimmt und auseinanderfaltet. Dieses zufällig gezogene Stück Papier entscheidet darüber, ob wir in dem gleichen Auto eingeteilt werden und wohlmöglich zusammen spielen. Ich kann nicht genau sagen, ob ich mich freuen soll die selbe Zahl auf unseren Losen zu sehen oder es zu bedauern. Ich möchte sie bei mir wissen, aber seit dem Spiel im botanischen Garten weiß ich, dass Mitstreiter schnell zu Gegnern werden können. Auch wenn man dies sich niemals wünschen würde.

Usagi scheint zu bemerken, dass ich sie beobachte und reagiert, indem sie mir ihren Zettel mit der Nummer achtundzwanzig präsentiert. Unsicher über meine Erwartungen falte ich mein Los auseinander und schlucke stark, als ich die schwarze fünf darauf erkenne.

"Dann sind wir wohl nicht zusammen", quittiert sie die Situation und ich kann nur wortlos nicken, "Treffen wir uns nach dem Spiel wieder am Pool? Naja falls wir beide..."

"Überleben", vervollständige ich ihren Satz und mit einem zögernden Nicken setzen wir uns in Bewegung und laufen schweigend zu der Eingangspforte. Einen Moment bleiben wir stehen und ich lasse meinen Blick über den Parkplatz schweifen da ich auf die Schnelle keine Worte zusammenfassen kann, um sie zu verabschieden. Doch als sie die Treppen herunterläuft kann ich nicht anders.

"Viel Glück"

Überrascht sieht sie zu mir und nickt nur erwidernd. Ich beobachte noch, wie sie zu ihrem zugeteilten Fahrzeug läuft und mustere kurz ihre Mitspieler. Ich erkenne keinen Spieler mit Waffen, also ist der Militärtrupp in ihrer Gruppe nicht präsent. Ich schätze hier nennt man so etwas eine Ausläufergruppe. Keinen zusätzlichen Schutz, das Beach würde die Spieler nicht vermissen wenn sie scheitern würden.

Bei dem Gedanken senke ich meinen Blick und laufe über den überfüllten Parkplatz, um nach meiner Gruppe zu suchen. Ich sehe mich um und kann nur auf die Hotelbewohner achten, welche über den Platz rennen und die verschiedensten Emotionen an den Tag legen. Einige Lachen verrückt, da ihr Adrenalin schon jetzt in die Höhe steigt, andere schlürfen still über das Pflaster und ziehen ihre Köpfe ein. Ich bin nicht besser als sie, mein Herzschlag rast schon fast und ich befinde mich noch nicht einmal hinter der tödlichen Laserschranke. 

"Frischling, nicht so ein trübes Gesicht ziehen. Schließlich spielen wir heute anscheinend zusammen", höre ich eine weibliche Stimme hinter mir und drehe mich automatisch nach hinten.

"Sa-Sayuuri?", stottere ich überrascht und sie schenkt mir nur ein kleines Lächeln.

"Blitzmerker", kichert sie leicht und hält sich eine Hand vor den Mund. Sie läuft an mir vorbei und tätschelt kurz meine Schulter, bevor sie an den Wagen tritt und sich mit dem Rücken gegen die Motorhaube lehnt. Ihre entspannte Haltung lässt mich ihr folgen und zaghaft lehne ich mich ebenfalls an die Motorhaube. "Und nervös? Ich würde ja gerne behaupten, dass du dir keine Sorgen machen musst, aber wir spielen um Leben und Tod. Also... versuche wenigstens einen kühlen Kopf zu bewahren. Der Fahrzeugführer ist vorteilhaft für Pik-Spiele, aber wir brauchen alle Gehirnzellen für ein Karo-Spiel"

Verwirrt über ihre ruhigen Worte beobachte ich ihre Körperhaltung. ()

"Du hast gesagt du hast schon um die zwanzig Spiele überlebt, bist du gar nicht nervös?"

"Oh doch, jedes Mal. Aber bei einem meiner letzten Spiel habe ich den Fehler gemacht unvorsichtig zu sein und nicht aufmerksam. Es hat mich fast das Leben gekostet, die Differenz war eine Sekunde"

Überrascht von ihrer Ehrlichkeit starre ich sie nur an und kann nichts darauf erwidern. Augenscheinlich ist die Frau neben mir nicht älter als zweiundzwanzig, jedoch scheint sie sich keine Illusionen über die Spiele zu machen. Sie ist nicht positiv überzeugt davon die Spiele zu gewinnen, das habe ich in den wenigen Unterhaltungen herausgehört. Sie macht sich nichts vor, doch trotzdem überlebt sie immer. Falls wir in einem Spiel landen wie das Herzspiel, wird sie eine gefährliche Konkurrentin sein.

Beunruhigt über diesen Gedanken behalte ich sie eine Zeit lang im Auge und sehe zu, wie sie einen schwarzen, kleinen Ball in die Hand nimmt und ihn immer wieder hin und her dreht. Verträumt sieht sie über den Parkplatz und ich runzele nur meine Augenbrauen. Die Menschen hier im sogenannten Borderland laufen mit Schusswaffen und Messern herum, nicht mit Gummibälle. Auf der einen Seite lässt es sie unglaubwürdig und kindisch erscheinen, aber auf eine andere Art macht es einem um so mehr Angst. Andere Menschen brechen zu den Spielorten auf mit Waffen, doch sie hat nur diesen Gummiball in der Hand. Dieses Schweigen macht mich nervös, also suche ich einfach ein Thema, welches mir sofort einfällt.

"Woher hast du ihn? Den Ball?", spreche ich an und sie scheint einen Moment nachzudenken.

"Von Chishiya", antwortet sie und hebt den Ball auf Augenhöhe, "Wir hatten eine Wette. Ich habe gewonnen"

"Worum ging es in eurer Wette?"

"Ach das ist kompliziert", erwidert sie und nachdem ich sie fragend ansehe, führt sie dies weiter aus, "Es war nach meinem Pik 10 Spiel, da hatte ich ihn mir sozusagen verdient."

Er hat ihr ein Geschenkt gebracht, etwa um sie als Verbündete zu gewinnen? Behutsam beobachte ich ihren rhythmischen, kontinuierlichen Tackt, welchen sie mit dem schwarzen Gummiball anschlägt und überraschenderweise stelle ich fest, dass sich mein Herzschlag beruhigt. Überrascht greife ich mit meiner Hand Richtung Herzgegend, um dieses zu bestätigen. 

"Sayuuri, endlich sehe ich mal wieder deine entzückende Uniform", ertönt eine seuselhafte Stimme und ich sehe zu dem schwarzhaarigen, angsteinflößendem Gewehrträger. 

"Du weißt was passiert, wenn du auch nur eine sexistische Bemerkung fallen lässt?", sieht sie ihn selbstbewusst an und verschränkt die Arme vor der Brust. Erst jetzt werde ich auf ihre Kleidung aufmerksam und ziehe überrascht meine Augenbrauen nach oben. Eine Cheerleaderin?

"Du reißt mir alle Piercings einzeln raus?", antwortet der brutale Militärtrupps-Mann und schultert ungewohnt locker seine Waffe. 

"Wir verstehen uns", zwinkert die Frau neben mir ihm zu. Erschrocken über ihre entspannte Haltung lege ich meinen Kopf nach hinten, doch Niragi scheint keinen Grund zu haben, sie zu erschießen.

"Aber immer doch", antwortet die Frau neben mir mit einem entzückt provokativen blinzeln. "Darf ich fahren?"

"Auf keinen Fall, Sonnenschein!"









Alice in BorderlandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt