Kapitel 104 - Jiro und Hiroshi

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Er sieht mich einen Moment stumm an, folgt dann aber meiner Anweisung. Ich weiß es klingt für ihn wahrscheinlich überempfindlich, dass er sich umdrehen soll nur weil ich wütend bin. Aber daran liegt es nicht weshalb ich das von ihm verlange. Ehrlich gesagt ist es mir mittlerweile gleichgültig ob er meine Narben und Wunden sieht, Tayuya hat mir schließlich erzählt was er davon hält. Aber ich habe keine Lust, dass er meine blau-lila Bauchseite sieht und mir wieder näher kommt um Fragen zu stellen. 

Vorsichtig ziehe ich mir meinen Pullover über den Kopf und binde ihm um meine Hüfte, wobei ich mir auf die Unterlippe beiße um nicht schmervoll aufzustöhnen.

"Wer hat es dir erzählt, Kuina oder Tayuya?"

"Niemand, ich war dort", sage ich emotionslos und strecke meinen linken Arm durch den Ärmel des weißen Shirts, bevor ich es langsam über meinen Kopf ziehe.

"Bist du mir nachgegangen?", fragt er mich vorwurfsvoll und ich drehe mich wütend zu ihm um. Das ist das einzige was er dazu zu sagen hat, ob ich ihm nachgegangen bin? Mir steigt die Hitze in den Kopf und ich reiße schon fast den Saum nach unten, bevor ich auf Chishiya zu stapfe. Er scheint es zu hören und dreht sich um, wobei er einen Schritt verwundert nach hinten macht und dann aber stehenbleibt. Ich baue mich so gut es geht vor ihm auf, was nicht ganz so leicht ist weil er ein wenig größer ist als ich. Ich zeige mit dem Finger auf ihn, wobei ich den anderen Arm vor der Brust verschränke. Ich komme ihm gefährlich nahe, doch er weicht nicht zurück und legt nur seinen Kopf ein wenig nach hinten. 

"Du Vollidiot wirfst mir gerade wirklich vor, dass ich dir nachspioniert habe? Mir ging es unglaublich schlecht und ich wollte einfach nur zu dir, aber tut mir Leid falls ich gestört habe", sage ich und tippe ihm jedes Mal mit meinem Zeigefinder auf die Brust. Unbeeindruckt sieht er auf den Finger herunter, doch als er meinen Gesichtsausdruck sieht wird sein Blick sanfter. Er öffnet leicht den Mund um etwas zu sagen, aber es kommt kein Wort über seine Lippen. Ich merke wie meine Wut sich mit dem Schmerz in meiner Brust vermischt. Ich halte seinem Blick einfach nicht mehr Stand und ziehe mich ein wenig zurück.

"Wieso ging es dir schlecht?"

Ist das alles was er herausbekommt? Keine Erklärung warum er den Kuss erwidert hat, keine Entschuldigung oder irgendetwas was mich beruhigt. Hält er mich etwa an der langen Leine und ich bedeute ihm wirklich so wenig, dass Chishiya denkt er schuldet mir keine Erklärung. Ich stolpere zwei Schritte zurück und tue so als sehe ich mich in dem Raum um, während ich mich wieder fasse.

"Ich hatte überreagiert, aber das ist nicht der Punkt", lenke ich vom Thema ab, "Außerdem sind wir in einem Spiel, wir sollten uns darauf konzentrieren"

Ich setze wieder eine emotionslose Miene auf uns drehe mich wieder zu ihm um, wobei ich versuche ihn nicht überrascht anzusehen. Er ist ein paar Schritte näher gekommen, doch nach meinen Worten setzt er ebenso eine steinharte Miene auf und nickt nur. Ich möchte an ihm vorbeilaufen und ziehe den Knoten um meiner Hüfte fester, doch er macht einen Schritt zur Seite und versperrt mir den Weg.

"Ich habe zwei Bedingungen", sagt er und sieht mich streng an, "Erstens: Wir arbeiten wie sonst auch immer zusammen, ganz egal wie wütend du bist. Und zweitens: Wir reden nach dem Spiel sobald wir im Hotel sind"

"Von mir aus, ich habe wohl keine andere Wahl", sage ich und er nickt leicht. Zusammen laufen wir wieder in das Treppenhaus und ich muss leider zugeben, dass es mir in seinem Shirt leichter fällt zu atmen. Wir suchen die nächsten zwei Stockwerke ab und ich vergesse wenigstens für einen Moment meine Gefühle und wechsele in den Spielmodus. 

"Denkst du wirklich diese Zielmarkierung ist einfach so offensichtlich in irgendeinem Raum?", frage ich ihn und sehe über das Geländer nach oben.

Alice in BorderlandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt