Kapitel 132 - Der letzte Nachmittag Sayuuri's

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Part 1: Chishiya's Sicht

Bis zum bersten gespannt lehne ich an einer der Standsäulen im zweiten Stockwerk und sehe hinunter zur Eingangshalle. Ich bemühe mich äußerlich ruhig zu wirken und obwohl meine Gesichtszüge neutral wirken, verspannen sich meine Hände in den Seiten meiner Pullovertaschen. Meine Augen scannen den Bereich, aber immer noch tut sich nichts neues. Ich kann es nicht leiden, wenn etwas mich aus der Fassung bringt oder ich mich nicht gänzlich unter Kontrolle habe. Wenn meine Gedanken sich um den Plan drehen sollten, und nicht um andere Dinge. Es wäre so leicht, Arisu heute oder morgen in die Suite zu schicken und Aguni zu provozieren, mir durch seine Körpersprache den Aufenthalt der gesammelten Karten mitzuteilen. Meine Finger beginnen durch den Druck leise zu knacken, doch als ich im Augenwinkel Kuina auf mich zulaufen sehe versuche ich runterzukommen.

„Hey", murmelt sie und mit einem Seitenblick erkenne ich sofort, dass sie nervös auf ihrem Plastikhalm herumknabbert. Kuina lehnt sich vor, um ihre Ellenbogen auf der steinernen Mauer abzustützen um hinunterzublicken. Sie versucht anscheinend nicht ihre Unruhe vor den anderen Bewohnern verbergen zu wollen, denn sie wippt ungeduldig mit dem linken Bein und ihre Augen jagen wild über das Geschehen und die Menschen im Beach. „Wie viel Zeit ist mittlerweile vergangen seit...?"

Es ist nicht nötig, dass sie den Satz zu Ende spricht und ich schnaufe gereizt aus, damit sie auch nicht versucht ist.

„Zu viel", sage ich mit kalter Stimme. Emotionslos erwidere ich ihren Blick und ziehe meine Augenbrauen nach oben, doch ohne mein typisches schiefes Grinsen. „Es scheint wohl nicht gut gelaufen zu sein."

„Und das kannst du einfach so bedeutungslos von dir geben, nach allem was zwischen euch beiden ist?", wirft sie mir einen vorwurfsvollen Blick zu, dem ich versuche zu entgehen indem ich wieder zum Eingangsbereich sehe. Doch für Kuina wirkt es anscheinend so, dass es mich wirklich nicht kümmert und anklagend ertönt erneut ihre Stimme, während sich ihre Augenbrauen zusammenziehen. „Bedeutet sie dir überhaupt ehrlich etwas?"

Ein stechendes Gefühl in meiner Brust lässt mich meinen Blick kurz senken, doch ich versuche meine Fassung zu bewahren.

„Sie ist vor neununddreißig Stunden und einundfünfzig Minuten zu ihrem Spiel aufgebrochen."

Kuina's Mundwinkel Zucken traurig nach oben, doch ihre Haltung mir gegenüber entspannt sich wieder ein wenig. Es entsteht eine kurze Stille zwischen uns, bis sie sich wieder zu Wort meldet.

„Was sagt die Führungsebene dazu?"

„Unsere neue Nummer eins hat das Thema schon längst abgeharkt. Ann wollte etwas unternehmen, was seltsamerweise von Mira unterstützt wurde und Niragi hat sich ungewöhnlich ruhig verhalten."

„Es könnte mehrere Gründe geben, warum sie noch nicht hier ist. Oder nicht?", sieht sie mich mit großen Augen an, „Oder denkst du, dass sie...."

„Das Sayuuri ihr Spiel nicht lösen konnte?", presse ich direkt hervor und seufze lautlos, „Ich weiß es nicht."

Part 2: Sayuuri's Sicht

Einundvierzig Stunden zuvor

Kichernd versuche ich mein Gesicht in dem weichen Kissen neben mir zu verbergen, um nicht albern oder kindisch herüber zu kommen, dennoch wage ich einen Blick über die seidenen Laken und sehe in Chishiyas gewinnendes Gesicht. Deine Augenbrauen sind gehoben, doch nicht sonderlich arrogant wie üblich und sein schmunzeln wird immer breiter, seine Augen gesenkt auf die Spielfiguren. Ich verstehe weshalb er mir mehr als nur die Grundlagen des Schachspieles beibringen möchte, aber immer wieder gegen ihn zu verlieren bringt mir das Gefühl nichts gelernt zu haben. Hinzukommt, dass ich das Gefühl habe wenn ich demotiviert das Spiel aufgebe, sinkt Chishiya's Meinung über mich. Deswegen willige ich immer wieder ein und ergreife die Chance aus meinen Fehlern zu lernen, auch wenn ich weiterhin meinen weißen König nicht gegen seine schwarzen Spielfiguren beschützen kann.

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