Kapitel 1

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Mitten in der Nacht wurden zwei Kleinkinder eingeliefert. Was mit ihnen passiert war, wusste keiner. Das Mädchen sprach nicht und der Junge war noch nicht wieder aufgewacht. Noch dazu wusste niemand, wer der geheime Anrufer gewesen war, der diesen Notruf absetzte. Deshalb standen alle Ärzte, Krankenschwestern, Sanitäter und Polizisten vor einem großen Rätsel, welches nicht zu lösen schien. Das Einzige, was man bei den Kindern gefunden hatte, war eine große, dicke Jacke gewesen. Von der Größe, dem Stil und dem Geruch her höchstwahrscheinlich eine männliche Jacke. Aber zweifelsfrei zuordnen konnte es niemand so genau. Das bewies aller höchstens, dass jemand dort gewesen war. Aber keine Ahnung wer.

Die Platzwunde des Jungen wurde genäht und sichergestellt, dass keine anderen Verletzungen übersehen wurden. Jetzt lag er auf einem Zimmer in einem Krankenhausbett, während das Mädchen auf dem danebenstehenden Bett saß. Ich sammelte alle benötigten Materialien, wie Desinfektionsmittel, Pflaster, Watte und Handschuhe ein. Dann setzte ich mich auf einen Rollhocker, schob diesen vor das kleine Kind und griff mir die Latexhandschuhe, welche ich überzog.

Ich nahm das Desinfektionsmittel zur Hand, sah dem kleinen Mädchen aber vorher nochmal ins Gesicht. »Das könnte jetzt ein bisschen brennen, okay?«, warnte ich sie fürsorglich vor. Trotzdem erwiderte sie darauf nichts. »Gibst du mir bitte deine Hand?«, wollte ich sie nicht überfordern. Ohne jegliche Erwiderung hielt sie mir ihre Hand entgegen, die ich behutsam mit meiner umfasste, das ausgetretene Blut vorsichtig abtupfte und danach mit Desinfektionsmittel besprühte. Sie zuckte kurz zusammen, ließ es aber still über sich ergehen.

Nachdem ich ihre Hände verarztet hatte, machte ich mich daran ihre Hose hochzuschieben, als sie mich plötzlich aufhielt. Noch dazu fing ihr kleiner Körper an zu zittern, während sie den Blick auf ihre Beine gesenkt hatte. »Was hast du da?«, nahm ich meine Finger von ihrem Bein. Doch auch auf meine einfache Frage antwortete das Mädchen nicht. »Darf ich es mir anschauen?«, sprach ich beruhigend auf sie ein.

Zu meinem Erstaunen hob sie ihren Blick, sah prüfend zwischen meinen Augen hin und her, während sie gleichzeitig mein Gesicht abscannte. Anscheinend sah sie in meinem Gesicht einen Ausdruck, der sie umdenken ließ, da sie begann zögerlich zu nicken. Vorsichtig griff ich nach ihrem verdreckten Hosenbein und schob es bis kurz unterhalb ihres Knies. Ihr Unterschenkel war übersät von blauen Flecken. Manche größer, andere kleiner. »Darf ich dir deine Hose ausziehen?« Ein kräftiges Kopfschütteln. »Schon in Ordnung. Dann versuch ich so an deine Knie zu kommen«, besänftigte ich die Kleine.

Es war mühselig, aber es funktionierte irgendwie. Dennoch störte es mich ungemein, dass dieses kleine Mädchen in ihrer blutdurchtränkten Hose bleiben wollte. Deshalb versuchte ich es erneut. »Wenn ich dir eine neue Hose hole, ziehst du sie dann aus?« Erneutes Kopfschütteln. »Egal was darunter ist, du musst er mir zeigen, damit ich dir helfen kann.« Kopfschütteln. »Okay«, atmete ich geschafft aus. »Dann schaue ich mir den Kratzer auf deiner Wange nochmal an und danach ist es Zeit fürs Bett, hm?« Diesmal ein leichtes Kopfnicken.

»Sehr gut«, lobte ich das Mädchen, nachdem ich ihre Wange verarztet hatte. Fertig damit kletterte sie ins Bett und legte sich brav unter die Decke. Gerade wollte ich nach ihrem Bein greifen, um die Decke richtig fest zustecken, als sie panisch zurückwich und um sich trat. Dabei stiegen ihr Tränen in die Augen, die sich auch gleich einen Weg über ihre Wangen suchten. »Schon okay«, hob ich meine Hände, um ihr zu zeigen, dass ich sie nicht nochmal dort anfassen würde. Dafür tat es mir umso mehr leid, dass sie weinte und ich sie nicht in den Arm nehmen konnte, um sie wenigstens zu trösten. Nur würde sie das nicht zulassen, sondern sie eher noch weiter verängstigen.

Deswegen, auch wenn es mir unglaublich schwer fiel, ließ ich sie und den Jungen, nachdem ich nochmal nach seinen Werten geschaut hatte, allein im Zimmer, um ihnen ihren Freiraum zu lassen.

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Auch wenn wir die 10 Votes und 5 Kommentare nicht geschafft haben, gibt es heute trotzdem das erste Kapitel. Es ist zwar nicht besonders lang aber das wird noch.

Und vielen Dank an die, die mir eine Rückmeldung für den Prolog gegeben haben.

Jetzt wünsche ich euch erstmal noch einen schönen Abend.

A/N: Diesmal gibt es bei 3 Kommentaren und 5 Votes ein neues Kapitel. Ich hoffe natürlich, dass ihr mir diesmal eine Art Rückmeldung gebt.

LG lenlavie

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