Kapitel 47

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Alena

Die zwei Wochen bis Weihnachten vergingen, wie im Flug. Über ein Telefonat hatte ich Amy und Paul mitgeteilt, dass ich dieses Weihnachten nicht nach San Francisco kommen würde. Als sie mich fragten, was der Grund war, log ich sie nicht an. Denn das hatten sie nicht verdient. Ich erzählte ihnen, dass ich gerade zwei Kinder bei mir hatte, die mir das Jugendamt vorübergehend zur Pflege gegeben hatte. Und weil ich mit den beiden nicht quer durchs Land fliegen konnte, schon wegen den strengen Auflagen des Jugendamts, würde es dieses Jahr etwas anders werden. Ich versprach ihnen aber, sie so bald, wie möglich wieder zu besuchen. Paul und Amy nahmen es mir kein bisschen Übel, sondern akzeptierten meine Entscheidung und meine nicht ganz ehrliche Aussage bezüglich der Kinder und wie sie bei mir gelandet waren.

Sammy, Lia und ich hatten beschlossen ein ruhiges Weihnachten zu verbringen. Die beiden hatten zuvor noch nie Weihnachten gefeiert, was wahrscheinlich ein weiterer Grund für unsere Entscheidung war. Deshalb saßen wir seit heute früh vor dem Fernseher und sahen uns einen Weihnachtsfilm nach dem nächsten an. Ich hatte für die Kinder jeweils zwei Geschenke gekauft. Sammy bekam ein neues Auto für seine Rennbahn und ein Legobaukasten. Für Lia hatte ich eine Little Baby Annabell Puppe und ein wenig Zubehör besorgt. Ich war der Meinung, dass das für die beiden ausreichte. Man musste es nicht gleich übertreiben und ich wollte die beiden auch nicht überfordern.

»Was wollt ihr beide heute zum Abendbrot essen?«, begann ich zu sprechen, während der Abspann des 4 Films lief. Die Kinder lösten ihre Blicke vom Fernseher, tauschten untereinander einen Blick aus, bevor sie zu mir aufsahen. »Pizza«, riefen beide gleichzeitig im Chor. Bei ihren Gesichtsausdrücken konnte ich mir das Lachen nicht verkneifen. »Okay. Einverstanden«, willigte ich ein. Pizza war zwar nicht wirklich ein weihnachtliches Essen. Aber was sollte es. Immer mal was Neues. Lia und Sam schlugen miteinander ein. Dann machten sie es sich erneut gemütlich und warteten darauf, dass ich den nächsten Film startete. Genau das tat ich schließlich auch.

Wir drei verfolgten das Geschehen auf dem Bildschirm aufmerksam. So lange bis es an der Tür klingelte. Ich räumte meinen Platz auf dem Sofa und lief geradewegs in Richtung Tür. Ich öffnete diese und war mehr als verwundert, als Heaven davor stand. »Helllloooo«, zog sie mich euphorisch in ihre Arme, was mich stutzig werden ließ. Was sollte das werden? »Was machst du hier? Ich dachte ihr seid bei euch zuhause in Lemont?«, brachte ich meine Verwunderung zum Ausdruck. »Stimmt. Wir wollen auch gleich fahren. Aber..?«, beendete sie ihren Satz nicht. »Aber?«, hob ich misstrauisch die Augenbraue. »Aber nicht bevor ihr fertig seid«, ließ sie die Bombe platzen.

»Wie bitte?«, prustete ich. »Ich meine das ernst. Scotts Anweisung diesbezüglich waren sehr klar. Deswegen packst du jetzt ein paar Sachen für euch ein und kommst dann mit den Kindern mit.« »Ähm...«, wusste ich nicht, was ich darauf erwidern sollte. Abgesehen davon ließ Heaven mir gar keine Möglichkeit. »Äh Äh. Keine Wiederrede«, hob sie warnend die Hand. »Schön. Meinetwegen. Aber wenn die Kinder nein sagen, muss Scott das akzeptieren. Ich zwinge sie zu nichts. Verstanden?«, suchte ich nach einer dummen Ausrede, die eh überflüssig war, weil ich die Antwort der Kinder auch jetzt schon kannte.

Unser letztes Aufeinandertreffen war jetzt drei Tage her. Scott hatte fast eineinhalb Wochen mit bei den Kindern und mir gewohnt. So lange dauerte es, bis die Schlösser im ganzen Gebäude ausgetauscht wurden. Anscheinend hatten Schlüsseldienste selbst kurz vor Weihnachten eine Menge zu tun. Mich hatte es aber auch nicht gestört, ihn hier zu haben. Ganz und gar nicht. Ich wusste, dass wir bei ihm sicher waren. Außerdem hatte er sich wirklich fabelhaft um die Kinder und mich gekümmert. Er fuhr mich jeden Tag auf Arbeit. Danach brachte er Lia und Sam in Schule und Kindergarten, bevor er selbst arbeiten ging. Nachmittags wechselte er sich mit Sawyer ab, die Kinder wieder abzuholen.

Chicago BastardWhere stories live. Discover now