Kapitel 29

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Scott

Wir saßen schon eine ganze Weile am Tisch, bevor Alena runterkam. Und es störte mich ungemein, dass ich sie schon bemerkte, bevor sie überhaupt auf sich aufmerksam machte. Es überraschte mich ein wenig, dass sie noch immer meinen Pullover trug. Und ehrlich gesagt, störte es mich. Weil ich genau wusste, dass ich mir nachher von Heaven und Atlas wieder etwas anhören konnte. Vor allem erstere kannte den Pulli nur zu gut. Es gab eine Zeit, da hatte meine kleine Schwester diesen ständig angehabt, ohne mir jemals zu erklären, warum sie ihn so gerne trug. Anscheinend hatte der Pullover etwas Magisches an sich, da Alena sich ebenfalls nicht von ihm trennen wollte.

Heaven hätte mich damals fast geköpft, als sie den Pullover im Altkleidersack gefunden hatte. Sie kam wütend in mein Zimmer gestürmt und warf ihn mir mit den Worten, »Du bist so ein Arsch!«, an den Kopf. Seitdem lag er unbenutzt in meinem Kleiderschrank. Die Gewissheit, dass sie ihn wiedererkannte, ließ auch nicht besonders lange auf sich warten. »Hast du gut geschlafen?«, fragte sie Alena mit einem überheblichen Grinsen. Und auch wenn ich in dem Moment extra meinen Blick von ihr abgewandt hatte, spürte ich den durchdringenden Blick meiner Schwester auf mir. Und als wäre das nicht schon genug warf mir auch Atlas einen wissenden Blick zu. Es wurde wirklich Zeit, dass wir von hier verschwanden.

Ich sah, wie Alena sich regelrecht vor Scham wand, weshalb ich mir ein schlechtgelauntes »Sei bloß still!«, nicht verkneifen konnte. Meine Mum versuchte zwar ein anderes Thema anzuschneiden, doch so richtig funktionierte das nicht. Die Tatsache, dass Alena einen meiner Pullover trug, hing die gesamte Zeit während des Essens in der Luft. Danach setzten Sawyer, Atlas, Rosalie, die Kinder und ich uns ins Wohnzimmer. Alena half Mum und Heaven beim Tisch abräumen. Wahrscheinlich hätte Rosalie sich dem Trio angeschlossen, wenn Matteo keinen Hunger gehabt hätte. Während Sam mit Sawyer irgendwas spielte, schielte Lia neugierig zu der stillenden Rosalie rüber.

»Wie heißt das Baby?«, fing Emilia plötzlich an zu sprechen. Rosalie hob ihren Blick und sah das kleine Mädchen neben mir mit einem liebevollen Schmunzeln an. »Das ist Matteo«, antwortete sie mit einem sanften Lächeln. »Wie alt ist das Baby?«, hörte Lia gar nicht auf mit fragen. »5 Monate«, beantwortete Rosalie auch diese Frage. »Und was machst du da?«, musterte Emilia das Geschehen ganz genau. »Sie stillt das Baby, Lia«, verdrehte Sam seine Augen, als er seiner Schwester antwortete. »Was ist Stillen?«, konnte selbst ich mir bei dieser Frage ein kleines Grinsen nicht verkneifen. »Das ist, wie wenn du etwas isst oder trinkst. Nur das Babys als Essen Milch bekommen«, erklärte die Freundin meines Bruders ihr geduldig. »Achso«, nickte Lia immer noch fasziniert.

»Nimmst du bitte Matteo, Schatz? Dann schau ich nochmal in der Küche, ob die anderen noch Hilfe brauchen«, fragte Rosalie Atlas, nachdem sie den Kleinen fertig gestillt hatte. »Natürlich Liebling«, verdrehte ich bei dieser geballten Gefühlsduselei meine Augen. Kaum hatte Rosalie den Raum verlassen, begann Lia erneut Fragen zu stellen. »War ich auch mal so klein?«, konnte die Kleine ihre Augen nicht von meinem Neffen lassen. »Warst du«, bestätigte Atlas ihre Worte. »Hm«, sah sie grübelnd drein. »Willst du Matteo mal halten?«, schlug mein Bruder vor. Eifrig nickte Emilia. »Ja bitte.« »Prima«, warf mein Bruder mir einen verschwörerischen Blick zu, der nichts Gutes bedeuten konnte.

Ich schüttelte meinen Kopf, während ich mit den Lippen ein lautloses »Auf keinen Fall« formte. »Oh doch«, kam von ihm ebenfalls lautlos zurück. Sawyer konnte sich auf dem Teppich kaum noch vor Lachen halten, als ich zu ihm heruntersah. »Dann setz dich auf Scotts Schoß«, deutete er auf mich. »Okay«, kam Lia seinen Worten sofort nach und kletterte auf meinen Schoß. Vorsorglich hielt ich meine Hände an Emilias Seiten, damit ich sie festhalten konnte, nur falls sie von meinem Schoß rutschen sollte. »Gut. Jetzt machst du die Arme vor«, wies Atlas sie an. Ohne zu zögern, kam sie seiner Aufforderung nach. Bevor er Matteo jedoch in Lias Arme legte, warf er mir noch einen Blick zu, der so viel bedeutete, wie »Ich zähl auf dich«.

Chicago BastardWhere stories live. Discover now