Kapitel 6

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Alena

Es hätte mich nicht wundern sollen, als wir vor einem teuer aussehenden Auto anhielten. Trotzdem, dass konnte ich nicht leugnen, war ich überrascht. »Will ich wissen, wo du das Geld herhast, um dir dieses Auto leisten zu können?« »Glaub mir, dass willst du nicht«, warf er mir einen Blick über seine Schulter zu. Doch durch seine blöde Kapuze, konnte ich nichts von seinem Gesicht erkennen. So gesehen, wusste ich nicht, wie er aussah, oder mit wem ich mich die ganze Zeit unterhielt. Bei der Polizei hätte ich keine Beschreibung abgeben können. Nur einen Namen. Und da war ich mir auch nicht sicher, ob er mich nicht angelogen hatte. Denn im Ernst.

Scott Devon! Das konnte nicht sein. Kein Mensch hatte ihn je gesehen. Und wenn doch, konnte er es niemanden berichten, da er nicht lebendig aus der Sache herauskam. Auf der anderen Seite war es gar nicht so unwahrscheinlich, dass der wahre Scott Devon vor mir stand. Er hatte sich mir noch nicht gezeigt, mir gedroht mich umzubringen und unmoralische Angebote gemacht. Nur die Tatsache, wie er mit dem kleinen Mädchen umgegangen war, passte nicht so recht ins Bild.

»Wie lang willst du noch dort stehen bleiben und Löcher in die Luft starren?«, erklang seine sarkastische Stimme direkt vor mir. »Was willst du von mir?«, zitterte meine Stimme mit einem Mal. »Dass du deinen Mund hältst und in diesen verdammten Wagen steigst«, knurrte er mit seiner Geduld beinah am Ende. Ohne groß darüber nachzudenken, krabbelte ich zusammen mit dem kleinen Mädchen im Arm auf den Rücksitz, wobei ich penibel darauf achtete, nichts zu beschmutzen. Ansonsten wäre ich vermutlich einen Kopf kürzer. Scott warf die Autotür so geräuschvoll zu, dass Lia in meinen Armen zusammenzuckte und sich fester an meine Brust drückte.

»Sh. Schon okay«, versuchte ich ihr die Angst zu nehmen, obwohl ich selbst nicht leugnen konnte, dass mir ebenfalls etwas mulmig zumute war. Die Fahrertür öffnete sich, ein kräftiger Körper glitt auf den Sitz, knallte die Tür zu, startete das Auto und fuhr, ohne sich anzuschnallen, mit hohem Tempo los. Deswegen war es auch nicht weiter verwunderlich, dass wir innerhalb kürzester Zeit vor dem Krankenhaus hielten. Sofort als der Wagen stand, öffnete ich schwungvoll die Tür und stürzte aus dem Auto. »Du fährst, wie ein Geisteskranker!« Ein amüsiertes Grinsen trat auf sein Gesicht. »Du lebst noch. Das würde ich schonmal als Fortschritt zu sonst sehen. Und jetzt Abmarsch!«, kommandierte er mich herum. Von mir bekam er lediglich den Mittelfinger zu sehen, bevor ich mich umdrehte und ins Krankenhaus hastete.

»Cooper!«, brüllte mein Chef quer über die ganze Station. Ich kam sofort zum Stillstand, schloss ergeben meine Augen, bevor ich mich schließlich umdrehte. »Wo waren Sie so lange?«, hallte seine wütende Stimme über den Flur. »Sie wollten, dass ich für die Kleine Sachen besorge. Das habe ich getan«, erwiderte ich sachlich nüchtern. »Warum hat sie dann immer noch ihre dreckigen Sachen an?«, beäugte er das kleine Mädchen, welches sich verängstigt an mich drückte, misstrauisch. »Ich zieh sie gleich um. Wenn sie mich jetzt also entschuldigen würden?«, drückte ich mich an meinem Chef vorbei, um in das Zimmer der beiden Kinder zu gelangen.

Lias Blick ging gleich, nachdem ich durch die Tür getreten war, zu ihrem Bruder, der noch immer im Koma lag. »Wacht er wieder auf?«, flüsterte sie so leise, dass ich sie kaum verstand. »Ganz bestimmt«, versicherte ich ihr zwar, wusste aber nicht, ob es der Wahrheit entsprach. Seine Kopfverletzung war ziemlich schlimm gewesen, sodass es anfangs wirklich auf der Kippe stand. »Können wir jetzt deine Sachen wechseln?«, sah ich auf das kleine Mädchen runter, die ich derweil auf dem Bett abgesetzt hatte. »Nein!«, brachte sie panisch hervor und begann augenblicklich zu weinen.

In dem Moment betrat George das Zimmer. »Hey. Wie kommst du voran?«, erkundigte er sich. »Ganz ehrlich... Schlecht. Sie lässt sich nicht umziehen. Und Dr. Harrington wird immer ungeduldiger. Er wollte sie schon sedieren«, gab ich, mit meinem Latein am Ende, zu. »Hm...«, sah er mich prüfend an. »Hat Scott dir schon gesagt, dass sie sprechen kann?« »Ja«, antwortete ich, ohne seine Worte richtig verstanden zu haben. Bis zu... »Moment!«, hob sich meine Stimme merklich. »Du kennst diesen Typen?«, stellte ich ungläubig fest. »Schon fast mein ganzes Leben. Wir sind zusammen zur Schule gegangen«, gab er achselzuckend zu, als wäre es das Normalste der Welt.

»Ich brauche seine Nummer George. Vielleicht lässt sich die Kleine von ihm beruhigen und umziehen. Bitte«, warf ich ihm einen flehenden Blick zu. Denn ich konnte nicht mehr. Ich arbeitete seit drei Tagen am Stück. Und bis jetzt hatten wir, bis auf, dass Lia einige Wörter sprach, noch nichts erreicht. »Das geht nicht Alena«, schüttelte er überzeugt den Kopf. »George bitte!«, trat ein flehender Ausdruck in meine Augen. Sein Blick wechselte zwischen mir und dem kleinen Mädchen hin und her, bevor er sich die Hände in den Nacken legte und schwer seufzte. »Na schön. Aber auf deine Verantwortung.« »Danke George«, nickte ich erleichtert. »Ruf ihn über mein Handy an. Bei fremden Nummern geht er nicht ran«, hielt er mir sein Telefon entgegen, was ich mit leicht zitternden Händen entgegennahm.

Ich wählte Scotts Kontakt und wartete, dass er abnahm. Es klingelte gefühlt hundert Mal, bevor sich eine genervte Stimme am anderen Ende meldete. »Was gibt es du Idiot?« »Scott?«, klang meine Stimme unsicher. »Warum hast du Georges Handy Alena?« Bei der Betonung meines Namens lief mir ein kalter Schauer den Rücken runter, da ich, ohne ihn zu sehen wusste, dass er stinksauer war. »Er hat es mir gegeben.« »Was willst du?«, klang er genervt. »Kannst du bitte ins Krankenhaus kommen?«, fragte ich leise und stellte mich schon auf eine harte Zurückweisung seinerseits ein.

Lediglich sein Schnauben war am anderen Ende der Leitung zu hören. »Ich bin in einer halben Stunde da«, bekam ich stattdessen zu hören. »Danke«, brachte ich noch heraus, bevor er einfach auflegte. »Was hat er gesagt?«, erkundigte George sich, als ich ihm sein Handy zurückgab. »Er ist in einer halben Stunde da. Und bis dahin werde ich wohl mal versuchen das kleine Mädchen zu beruhigen«, schilderte ich ihm mein nächstes Vorgehen. »Brauchst du noch irgendwas?«, sah er mich prüfend an. »Nein. Ich bekomme das schon hin. Irgendwie«, zwang ich mich zu einem kleinen Lächeln. »Okay«, nickte er verstehend und machte sich daran das Zimmer zu verlassen.
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Heute gibt es gleich ein neues Kapitel.😊

A/N: Wie findet ihr die Story bis jetzt?🤔 5 Kommentare=1 neues Kapitel.

Jetzt wünsche ich euch noch einen schönen Abend.😇

Chicago BastardWhere stories live. Discover now