Kapitel 13

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Alena

»Schon. Aber das steht nicht zur Debatte«, schüttelte ich mich, weil Scotts sanfte Berührungen, wie kleine Elektroschocks durch meinen Körper liefen. Generell verstand ich seinen rapiden Stimmungsumschwung nicht. Vor 10 Minuten hatte er mich noch angemotzt und jetzt diese leichten Berührungen, bei denen sich bei mir alle Haare zu Berge stellten. »Und was wäre die Lösung?«, fuhr er die kleine Narbe an meinem linken Daumen nach. »Ich müsste heiraten.« Abrupt stoppten seine Bewegungen und er zog seine Hände so schnell zurück, als hätte er sich verbrannt. »Warum heiratest du dann nicht einfach deinen Freund?«, räusperte er sich. Und sofort wusste ich, warum er sich so schnell zurückgezogen hatte.

Scott dachte, ich hätte einen Freund. Nur war dem leider nicht so. Denn wenn es so wäre, hätte ich diese ganzen Probleme gerade nicht. Ich lachte verlegen. »Ja genau. Schön wärs.« Verwundert hob er seinen Blick und suchte nach meinen Augen. Einen kurzen Moment vergaß ich zu atmen. An seinen Anblick musste ich mich erst noch gewöhnen. Nicht unbedingt wegen seiner Narbe, die ihn nur noch gefährlicher wirken ließ. Sondern seine komplette Ausstrahlung. Diese hellblauen Augen, die einen so durchdringenden musterten, dass man glatt dachte, er würde dir bis in die Seele schauen. Und trotz seiner Narbe könnte seine Erscheinung nicht perfekter sein.

Ich wusste jedenfalls nicht, was anders sein sollte. Scott war perfekt, so wie er war. Und daran würde ich nichts ändern wollen. Wobei ich gerne wissen würde, woher diese Narbe kam. Doch ich war nicht lebensmüde. So gut kannten wir uns dann doch noch nicht, dass ich ihn einfach alles fragen konnte, ohne Angst haben zu müssen, dass ich den nächsten Morgen nicht mehr erlebte. »Was heißt das?«, klang seine Stimme urplötzlicher tiefer und rauer. »Ich fass es nicht, dass ich das jetzt sage«, vergrub ich meinen Kopf in meinen Händen. Wobei ich augenblicklich innehielt, als ich an meinem Hinterkopf ankam und mich ein stechender Schmerz durchfuhr. »Mist!«, fluchte ich leise.

»Alles okay?«, schwang sein Tonfall in Besorgnis um. »Ja. Ich hab nur vergessen, dass mein Kopf was abgekriegt hat.« »Tut mir leid. An die Folgen habe ich nicht gedacht, als ich dich wortwörtlich von der Straße gerissen habe.« Hörte ich gerade etwa Verlegenheit aus seiner Stimme heraus? Es schien jedendalls so. Eigenartig. »Schon okay. Ich finde Kopfschmerzen dann doch noch besser als den Tod.« »Puh. Da habe ich ja wirklich nochmal Glück gehabt«, wischte er sich über die Stirn. Und seine Geste brachte mich zum Lachen. Etwas erschrocken über meine Reaktion sah Scott mich an. Bis ich mich irgendwann wieder eingekriegt hatte, dass ich aufhörte zu lachen und wir beide uns schweigend in die Augen sahen.

Scott schluckte schwer, bevor er erneut begann zu sprechen. »Was meintest du vorhin mit schön wärs?« »Ist das nicht offensichtlich?«, fingen meine Wangen an zu glühen. »Wenn es so wäre, würde ich nicht fragen?«, brachte mein gegenüber vollkommen ernst heraus. »Ich habe keine Freund. Ergo, ich kann nicht mal schnell heiraten, um Lia und Sam zu mir zu holen. Zudem müssten die beiden rund um die Uhr betreut werden. Nach allem, was sie durchgemacht haben, kann man sie nicht einfach in den Kindergarten abschieben und darauf warten, dass sie sich irgendwie eingliedern. Und das ist mit meinem Job nicht wirklich kompatibel. Aber ich muss arbeiten gehen, ansonsten verdiene ich kein Geld und dann nimmt mir das Jugendamt die beiden doch wieder weg«, hielt ich Scott einen ellenlangen Monolog über mein Leben, den er sicher nicht hören wollte.

»Vielleicht kommen die beiden aber auch in eine gute Pflegefamilie«, sah Scott das Ganze nicht ganz so pessimistisch, wie ich. Aber ich wusste, wie sowas ablief. Ich war selbst bei Pflegeeltern groß geworden, weil meine Eltern mich nicht haben wollten. Ich war ein Unfall. Ein ungewolltes Kind. Und ich war mir sicher, hätte meine Mutter schon eher erfahren, dass sie schwanger war, hätte sie mich garantiert abgetrieben. Meinen Vater hatte ich nie kennengelernt. Wer wusste schon, ob meine Mutter sich selbst noch daran erinnern konnte, wer von ihren Lovern sie geschwängert hatte. Ich vermisste es aber nicht. Klar am Anfang hatte ich wirklich Pech gehabt. Ich war bei einer Pflegefamilie untergebracht, die selbst drei leibliche Kinder und noch zwei Pflegekinder hatten. Aber auch nur des Geldes wegen. Garantiert nicht, weil sie Kinder so sehr liebten.

Ich war erst in eine neue Pflegefamilie gekommen, als rauskam, dass der Mann ein Kleinkrimineller war, welcher sich mit Diebstählen, seinen Lebensunterhalt finanzierte. Als was die Frau arbeitete, konnte ich nicht mal genau sagen. Wahrscheinlich schlief sie mit fremden Männern für Geld. Jedenfalls gingen jeden Tag fremde Männer ein und aus. Ich war damals noch klein. 5 oder 6 Jahre alt. Ich wusste noch nichts über Sex. Worüber ich aber sehr froh war. Ansonsten hätte ich alles verstanden, was die Frau und die anderen Männer dort betrieben hatten. Über meine zweite Pflegefamilie konnte ich mich nicht beschweren. Paul, Abigail und ihre beiden Kinder nahmen mich freundlich bei sich auf und behandelten mich, als wäre ich eins ihrer leiblichen Kinder.

Sie ermöglichten mir alles, was sie konnten. Für ein Medizinstudium an einem College reichte das Geld zwar nicht, weil ihre anderen beiden Kinder Ashley und Peter an einem teuren College studierten. Aber das fand ich nicht schlimm. Sie finanzierten mir schon meine Ausbildung, damit ich nebenbei nicht noch arbeiten mussten. Dafür strengte ich mich an, um diese mit Bestnoten zu bestehen. Und als ich dann vor sieben Jahren anfing mein eigenes Geld zu verdienen, zog ich aus. Trotzdem besuchte ich die beiden noch regelmäßig. Meistens zu Feiertagen oder Geburtstagen, da sie einfach zu weit weg wohnten und ich mir nicht jeden Monat ein teures Flugticket leisten konnte.

Fragt mich nicht, wie ich von San Francisco nach Chicago ziehen konnte. Aber das war schon immer mein Traum gewesen. Woher dieser kam? Keine Ahnung. Ich hatte mir die Idee als Jugendliche in den Kopf gesetzt und nie mehr losgelassen. Und jetzt war ich eben hier. »Worüber denkst du nach?«, riss Scott mich aus meinen Erinnerungen. »Ähm...«, wusste ich nicht, was ich ihm antworten sollte. Dabei klang meine Stimme seltsam rau. Die Erklärung folgte, als der Mann vor mir seine Hand hob und mir, überraschend zärtlich, mit seinem Daumen ein paar einzelne Tränen von der Wange strich. Seufzend erhob Scott sich von dem kleinen Hocker, nur um mich im nächsten Moment an seinen warmen, breiten Körper zu ziehen.

Ich lehnte meinen Kopf vorsichtig gegen seine Brust, spürte dennoch, wie er zusammenzuckte. Weil ich nicht wusste, ob ich ihn anfassen durfte, ließ ich meine Hände einfach still in meinem Schoß liegen. Federleicht strich er mir mit seinen Fingern über meine Haare, bis er mit diesen zu meinen Ohren wanderte und seine Streicheleinheiten dahinter fortsetzte. Im ersten Moment war es komisch, doch schon im nächsten verstand ich, warum er das tat. Ich konnte dieses Gefühl nicht mal genau beschreiben. Alles was ich wusste war, dass es sich unglaublich gut anfühlte und mir das Gefühl von Sicherheit vermittelte. Was eigentlich eigenartig war. Aber genau so war es.

Als er mit seinen Fingern hinter meine Ohren fuhr und die dünne Haut streichelte, keuchte ich überrascht auf. Keine Ahnung, woher das plötzlich kam. Aber ich fürchtete, er hatte gerade eine meiner erogenen Zonen, die ich bis jetzt selbst nicht kannte, gefunden. Ich presste meine Oberschenkel fest zusammen, meine Hände verkrampften sich und mir entwich ein kleines Stöhnen, was ich versuchte an seinem Pullover zu dämpfen, in dem ich meine Lippen dagegen drückte. Was ich dabei nicht bedachte, war, dass ich ihn riechen konnte. Er roch aber auch göttlich. Eine Mischung aus Waschmittel, Rauch, ihm selbst und einer leichten Zimt Note. Und ich wollte nur kurz erwähnen, wie sehr ich Zimt liebte. Ich spürte, wie es zwischen meinen Schenkeln feucht wurde, was wohl hieß, dass ich eindeutig zu lange keinen Sex mehr hatte. Und genau das bekam ich nun deutlich zu spüren. Na wunderbar.
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Da ihr mir so tolles Feedback gegeben habt, gibt es heute gleich das nächste Kapitel.

Ich hoffe es gefällt euch.🙃

A/N: Bei 7 🌟und 5 Kommentaren gibt es das nächste Kapitel.😇

Jetzt wünsche ich euch erstmal eine Gute Nacht. Schlaft gut.

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