Kapitel 66

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Scott

»Ich hab dich«, schaffte ich es gerade noch Alena meinen Arm, um die Taille zu schlingen und sie an meinen Körper zu drücken, um sie irgendwie zu stabilisieren. Ich ließ mich zusammen mit ihr auf den Boden sinken und hielt sie einfach nur fest. Alena grub ihre Finger in meine Jacke und begann bitterlich zu weinen. Ihr Körper bebte in meinen Armen. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, hier aufzutauchen und sie damit zu überfordern. Das war nicht meine Absicht gewesen. Aber was hatte ich auch anderes erwartet. Meine ganze Familie hatte drei Monate lang geglaubt, dass ich tot war. Doch ich lebte. »Sh«, drückte ich ihren Hinterkopf an meine Brust und gab ihr den nötigen Halt, den sie im Moment brauchte. »Ist schon gut Alena. Ich bin hier. Ich lass dich nicht mehr allein. Nie wieder«, vergrub ich meine Nase in ihren Haaren und inhalierte ihren einzigartigen Geruch. Apfel und Vanille.

»Was machst du hier? Du bist doch tot«, wisperte sie gegen meine Brust. »Bin ich nicht Alena. Ich bin echt. Ich lebe«, zog ich sie noch näher an mich heran. »Aber wie kann das sein?«, löste sie ihre Hände von meinem Pullover und begann stattdessen mit ihnen meinen Körper entlangzufahren. Sie schob mir die Kapuze vom Kopf und begann in meinen Haaren zu wühlen. Doch heute störte es mich kein bisschen. Ehrlich gesagt genoss ich es sogar. »Du bist es wirklich«, schüttelte sie ungläubig den Kopf. »Ja«, nickte ich schwach. »Ich erklär es dir zuhause, okay?«, legte ich ihr meine Hände an ihre Wangen und hob ihren Kopf an. Ihre braunen Augen nach der ganzen Zeit wiederzusehen, war das wohl befriedigendste, was ich je erlebt hatte. Sie war einfach so wunderschön. Und es tat mir leid, dass ich dies nicht schon eher festgestellt hatte.

»Ich bring dich nachhause«, erhob ich mich zusammen mit ihr, um sie wieder auf ihre eigenen Beine zu stellen. »Ich muss vorher noch Lia und Sam abholen«, murmelte sie leise. »Okay. Ich bin mit dem Auto da«, schob ich mir meine Kapuze wieder auf den Kopf und sah zu Alena herunter. Sie wirkte noch immer etwas schockiert, weshalb ich mir erlaubte nach ihrer Hand zu greifen und sie mit meiner zu verflechten. Gemeinsam verließen wir den Friedhof. Ich führte Alena zu meinem Auto und öffnete ihr die Beifahrertür. Sie kletterte in den Wagen und schnallte sich an. Dann schloss ich die Tür und lief um das Auto herum, um selbst einzusteigen. Wortlos startete ich den Motor und fuhr durch Chicago in Richtung Lias Kindergarten. »Ich glaube es ist besser, wenn du hier wartest«, traute Alena sich nicht mich anzuschauen. »Klar«, strich ich ihr zärtlich über die Wange. »Danke«, hauchte sie leise, bevor sie sich daran machte aus dem Auto zu steigen.

Nachdem Alena im Gebäude verschwunden war, ließ ich meinen Kopf an die Lehne hinter mir fallen und rieb mir übers Gesicht. Ich hatte sie mit meinem plötzlichen Auftauchen komplett überfordert. Und doch hätte ich es nicht anders gemacht. Es dauerte gut zwanzig Minuten, bis Alena zusammen mit Lia an der Hand den Kindergarten verließ. Lia hüpfte aufgeregt neben Alena her. Und ich konnte mir bei dem Anblick ein kleines Schmunzeln nicht verkneifen. Ich sah, wie Lias Schritte sich verlangsamten, als sie auf meinen Wagen zusteuerten. Fragend sah sie zu Alena nach oben, die etwas darauf erwiderte. Da ich allerdings im Wagen saß, konnte ich keins ihrer Worte verstehen. In Emilias Augen traten jedoch Tränen und sie blieb, wie erstarrt stehen. Dann richtete sich ihr Blick auf meinen Wagen und ich erwiderte diesen. Kaum hatten meine Augen ihre gefunden, riss sie sich von Alena los und rannte geradewegs auf das Auto zu.

Ich beeilte mich auszusteigen und sie abzufangen, bevor sie noch von einem Auto überfahren wurde. Sie stieß einen Freudenschrei aus und warf sich schwungvoll in meine Arme. Dabei kam sie mit ihrem Knie an meinen Bauch, was mich heftig zusammenzucken ließ. »Scott«, vergrub sie ihren Kopf in meiner Halsbeuge und begann zu weinen. »Hey Kleine«, presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Du lebst«, war ihre Stimme so schwach, dass ich sie beinah nicht verstand. »Ja. Das tue ich«, legte ich ihr meine Hand auf den Hinterkopf. »Du dachtest doch nicht, dass ich euch einfach so verlasse, oder?«, flüsterte ich ihr ins Ohr. »Nein«, wischte sie ihre Nase an meiner Jacke ab. Früher hätte ich es vermutlich eklig gefunden. Aber ich war einfach so glücklich sie wiederzuhaben, dass ich nicht groß darüber nachdachte.

Chicago BastardWhere stories live. Discover now