Kapitel 59

4.2K 146 14
                                    

Scott

»Ich muss zurück nach Chicago«, brachte ich Alena auf den neusten Stand. »Ich komme mit«, setzte sich die Frau neben mir langsam auf. »Das geht nicht Alena.« »Warum nicht?«, funkelten ihre Augen vor Zorn. »Weil das zu gefährlich ist«, hob ich meine Hand an ihre Wange und begann zärtlich darüber zu streicheln, was sie unwillkürlich die Augen schließen ließ. »Aber...«, wollte sie erneut ansetzen zu protestieren, als ich sie aufhielt, in dem ich meinen Zeigefinger auf ihre weichen Lippen legte. »Kein aber. Ich sag Heaven Bescheid, dass sie dich gegen späten Nachmittag zurück nach Chicago fahren soll. Früher nicht«, machte ich mit meinem strengen Tonfall klar, dass ich diesmal keine Widerworte duldete. »Okay«, nickte Alena schwach und senkte ihren Blick. Ich ließ meine Finger unter ihr Kinn wandern, um dieses nach oben zu drücken.

»Ich verspreche dir, dass ich dir Sam und Lia zurückbringe. Koste es, was es wolle«, versicherte ich ihr. »Und was ist mit dir?«, suchten sich einzelne Tränen einen Weg aus ihren Augen. Ich seufzte schwer, schlang meine Arme um das zitternde Mädchen und zog sie an meine Brust. »Ich möchte dir nicht noch einmal etwas versprechen, was ich dann nicht halten kann. Es ist jetzt schon unverzeihlich, dass ich meine Versprechen dir gegenüber bereits gebrochen habe. Okay?«, hatte ich meine Lippen auf ihren Scheitel gelegt. »Verstehe«, schniefte sie. »Aber versuch wenigstens zurückzukommen. Ich schaff das sonst nicht ohne dich Scott«, murmelte sie an meiner Brust. »Ich geb mein Bestes«, hielt ich mich auch mit dieser Antwort bedeckt. Lieber konfrontierte ich sie gleich mit der Wahrheit, als wenn es ihr später den Boden unter den Füßen wegriss.

»Ich muss jetzt los«, strich ich ihr ein paar wirre Strähnen aus dem Gesicht und drückte ihr noch einen liebevollen Kuss auf die Stirn. »Bitte geh nicht«, krallte Alena sich an meinem Pullover fest, während sie einen weiteren Versuch unternahm, mich doch noch umzustimmen. »Ich muss Alena. Denk an Lia und Sam. Du hast es vorhin selbst gesagt. Die beiden haben vermutlich Todesangst.« Alena schniefte zwar noch immer, löste jedoch ihre Hände von meinem Pullover und ließ mich gehen. Ich hatte mich schon aufgerappelt und stand bereits neben dem Bett, als ich mich nochmals zu ihr herunterbeugte. Sanft legte ich ihr meine Hand auf den Bauch und zeichnete noch ein paar sanfte Kreise darauf. »Pass auf unser kleines Mädchen auf«, sprach ich leise. »Warum denkst du, dass es ein Mädchen wird?«, hob sie fragend ihren Blick.

»Ich weiß es einfach«, suchte ich nach ihren braunen Augen und hielt sie mit meinen fest. »Das ist dein Tipp. Und was bekomme ich, wenn du falsch liegst?«, begann sie mit mir zu wetten. »Überleg dir was und sag es mir, wenn ich wieder da bin«, wollte ich den letzten kleinen Funken Hoffnung aufrecht erhalten, an dem sich Alena verzweifelt fest klammerte. »Abgemacht«, nickte sie eifrig. »Gut. Ich muss jetzt aber wirklich los«, nahm ich meine Hand von ihrem Bauch, entfernte mich vom Bett und lief Richtung Tür. Ich hatte diese gerade erreicht und wollte die Klinke nach unten drücken, als Alenas Stimme mich aufhielt. »Scott warte!«, hörte ich hinter mir die Bettdecke rascheln. Ich drehte mich zurück in Richtung Bett und sah, wie Alena sich beeilte aufzustehen.

Sie überwand den Abstand zwischen uns und blieb eine Fußlänge vor mir stehen. Mit einem Mal wirkte sie unglaublich nervös, trat von einem Bein aufs andere. »Was ist los?«, machte ich den Anfang. »Ich muss noch was loswerden, für den Fall, dass du ..., dass du nicht mehr zurückkommst«, begann sie auf ihrer Unterlippe zu kauen. »Was ist es?«, zog ich auch diesmal ihre Lippe zwischen ihren Zähnen hervor. »Ich...« Sie holte nochmal tief Luft. »Ich liebe dich Scott. Schon seit unserem ersten Aufeinandertreffen im Krankenhaus, wo du mich mit einem Quickie im Bad bestechen wolltest, damit ich Antworten bekomme. Erinnerst du dich?«, trafen Alenas Worte mich völlig unvorbereitet. Weshalb es nicht wirklich ein Wunder war, dass mir für ein paar Sekunden der Mund offen stand.

Natürlich erinnerte ich mich daran. Wie könnte ich das vergessen? Sie war die erste Frau, die damit nicht ihr Geld verdiente, und meinem Vorschlag trotzdem zugestimmt hatte. Damals hatte sich mich schon überrascht. Heute wieder. Und so viele Male dazwischen. Ich besann mich darauf, dass Alena eine Antwort von mir erwartete, weshalb ich mich räusperte. »Ich erinnere mich«, mehr brachte ich allerdings nicht über die Lippen. Denn war diese Situation nicht genau die, die ich mit allen Mitteln zu vermeiden versucht hatte. Die Umsetzung meines Plans war demnach mehr als schief gelaufen. »Du musst dazu nichts sagen. Ich weiß, dass das nur von mir ausgeht. Aber ich wollte mich später nicht mit dem Gedanken quälen, dass ich meine Chance verpasst habe es dir zu sagen«, traute Alena sich nach meiner kargen Antwort nicht mehr mir in die Augen zu sehen.

Chicago BastardWo Geschichten leben. Entdecke jetzt