Kapitel 65

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Drei Monate später

Alena

Die Zeit nach Scotts Tod war schwer. Dennoch versuchten wir irgendwie weiterzumachen. Wir erlaubten uns zwar zu trauern, doch es war nicht einfach. Am Anfang weinten wir sehr viel. Auch wenn ich mich angestrengt zusammenriss, um Lia und Sam wenigstens ein bisschen Trost zu spenden. Doch es gelang mir nicht. Immer wenn die Kinder weinten, weil ihnen bewusste wurde, dass Scott nicht mehr da war und nicht mehr wiederkommen würde, musste auch ich weinen. Lia und Sam gaben sich, genau wie ich, ebenfalls die Schuld an Scotts Tod, weil er sie retten musste und dafür gestorben ist. Natürlich versuchte ich ihnen diese Flausen auszureden, doch es gelang mir nicht immer. Und trotz, dass es hart war, kämpften wir weiter. Wir drei gegen den Rest der Welt. Jedenfalls meistens. Und ich war unendlich froh, dass ich Heaven und ihre Familie als Unterstützung hatte.

Den Tag nach Scotts Tod hatte ich beim Jugendamt angerufen und ihnen von den 4 anderen verschwundenen Kinder erzählt. Sie standen keine zwei Stunden später vor der Tür und nahmen sie, nach einer ausführlichen Erklärung unsererseits, mit. Auch, wenn es mir wirklich wehtat dies zu sehen, konnte ich nicht noch mehr Kinder bei mir aufnehmen. Nachdem der kleine Junge uns erzählte, wie Scott ihn befreit hatte, wollte ich ihn eigentlich gar nicht mehr gehen lassen. Erfreulicherweise entschieden Rosalie und Atlas den kleinen Liam bei sich aufzunehmen. Eben auch aufgrund von Scotts Heldentat ihn zu befreien. Und da die beiden verheiratet waren, stellte es auch kein Problem für sie da, wie bei mir damals. Als die Kinder an dem Tag dann abgeholt wurden, setzten wir uns ins Auto und fuhren zurück nach Lemont um Susan, Darleen und Rosalie zu beichten, dass Scott Tod war. Und ich glaube, dass war einer der schlimmsten Tage in meinem ganzen Leben.

Die Verzweiflung und Trauer von Susan zu sehen, riss mir den Boden unter den Füßen weg. Sie hatte ihren Sohn abgöttisch geliebt, obwohl er manchmal nicht ganz fair zu ihr gewesen war und dennoch verzieh sie im alles. Auch wenn Scott das nicht mehr mitbekommen würde, was mir eigentlich am meisten schmerzte. Schließlich erzählte ich ihnen die ganze Geschichte, wie wir uns kennengelernt hatten, was es mit den beiden Kindern auf sich hatte und wie es zu der Schwangerschaft kam. Ich weihte sie in all die Lügen ein, die wir gemeinsam verstrickt hatten, um Lia und Sam zu mir holen zu können. Schließlich war ich es ihnen schuldig. Auch, wenn ich unseren Deal wegließ. Scotts Familie brauchte nicht unbedingt wissen, dass ich mich ihm angeboten hatte, damit er seine sexuellen Vorlieben ausleben konnte.

Anfangs wirkten sie geschockt, doch der Schock legte sich schnell wieder und machte Stolz Platz. Susan war gerührt zu hören, was Scott alles für die Kinder und mich geopfert hatte. Und sie sagte mir genau das gleiche, wie Atlas zuvor. Sie hätte keinen besseren Grund gekannt, wofür sie ihren Sohn hätte, lieber sterben sehen. Nur machte es die ganze Situation nicht wirklich besser. Nicht für mich jedenfalls. Weil meine Schuldgefühle dadurch nur noch verstärkt wurden. Auch wenn sie probierten mich zu trösten, brachte es nicht wirklich viel. Seit diesem Tag fuhren Sawyer, die Kinder und ich einmal aller zwei Wochen nach Lemont. Auch, weil Sawyer und Heaven zusammen waren und er sie öfter sehen wollte. Außerdem wollte ich Susan ihr Enkelkind nicht vorenthalten. Zudem freuten sich die Kinder jedes Mal aufs Neue dorthin zu kommen, weil Scotts Mum immer neue Geschichten von Scott erzählte. Sie zeigte den Kindern alte Fotoalben, welche selbst mich emotional sehr berührten.

Und auch, wenn es mir sehr schwer fiel, hatte ich mir mit den Kindern eine eigene Wohnung gesucht. Wenn mir Susan auch bei der Finanzierung ein wenig unter die Arme griff. Denn eine 5-Zimmer-Wohnung in Chicago hatte ihren Preis. Aber mir war es nun mal sehr wichtig, dass die drei Kinder ihre eigenen Zimmer besaßen. Auch Sawyer war aus dem Wohnkomplex ausgezogen und wohnte ganz in der Nähe von uns. Susan hatte Scotts Wohnungen und andere Dinge verkauft. Wobei es uns wirklich sehr wehtat seine Wohnung auszuräumen. Auf der einen Seite war ich fasziniert zu sehen, wie Scott gewohnt hatte, weil ich zuvor nie dort gewesen war. Auf der anderen Seite allerdings tat es weh zu wissen, dass alles hier drin für die restliche Zeit meines Lebens unbenutzt bleiben würde. Sowohl Heaven als auch ich hatten uns einige von Scotts Pullovern und Shirts genommen, welche ich seitdem jeden Abend zum Schlafen trug.

Chicago BastardDonde viven las historias. Descúbrelo ahora