Kapitel 4

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Alena

Ich arbeitete ununterbrochen, seitdem die beiden Kinder eingeliefert wurden. Das war nun schon drei Tage her. Noch dazu konnte ich nicht glauben, dass ich den Mann getroffen hatte, der als einziger wusste, was passiert war. Nur hatte mich seine Art so eingeschüchtert, dass ich sogar vergaß nach seinem Namen zu fragen. Obwohl ich mir denken konnte, wie diese Frage wahrscheinlich bei ihm angekommen und für mich geendet wäre. Nämlich ein äußerst wütender Typ und ich mit gebrochenem Genick. Denn ich traute ihm zu, dass er das, was er angedroht hatte, in die Tat umsetzte.

Der kleine Junge war bis jetzt noch nicht wieder aufgewacht, was die ganze Situation nicht unbedingt besser machte. Denn auch das Mädchen sprach noch immer nicht. Und ich fürchtete, dass sich dies nicht ändern würde, bis der Junge endlich aufwachte. Wir hatten es bereits mit einem Logopäden versucht. Aber es war zwecklos. Noch dazu kam, dass sie noch immer die blutigen Sachen trug, da sie sich nach wie vor weigerte diese auszuziehen.

»Cooper«, zischte mein Chef schlecht gelaunt, da er mit seinem Latein ebenso am Ende war, wie alle anderen auch. Aufgrund seiner schlechten Laune traute ich mich nicht mal ihm zu widersprechen, geschweige denn ihn warten zu lassen. »Ja.« »Ich verlange, dass sie diesem Kind neue Sachen besorgen und sie ihr anziehen.« »Aber Sir...«, wollte ich ansetzen. »Nein. Jetzt ist Schluss mit dem Affentheater. Entweder Sie schaffen das so oder wir sedieren und fixieren das Mädchen. Ihre Entscheidung«, ordnete er an, ohne mir eine Wahl zu lassen.

»Verstanden«, klang meine Stimme schon nicht mehr ganz so optimistisch, wie noch ein paar Minuten zuvor. »Worauf warten Sie dann noch? Abmarsch!«, scheuchte er mich regelrecht davon. »Ja Sir«, war alles, was ich darauf noch erwiderte, bevor ich den Weg in Richtung Zimmer 507 antrat. Ich klopfte sachte an die Tür, hörte von drinnen aber, wie gewohnt, keine Antwort. »Hallo«, machte ich mich bemerkbar, da das kleine Mädchen damit beschäftigt war die Hand ihres Bruders zu halten. Das tat sie schon seit zwei Tagen. Seit dem komischen Vorfall mit dem unbekannten Mann.

»Wie geht es dir heute?«, näherte ich mich langsam dem Bett. Einzig ein Schulterzucken bekam ich zu sehen. Ein frustriertes Seufzen entfuhr mir. Ich tat wirklich alles, ihr die ganze Situation so angenehm, wie möglich zu machen. Aber es gab nicht die kleinste Verbesserung. Ich hatte eher das Gefühl, dass es ihr von Tag zu Tag immer schlechter ging. Wir hatten sogar schon versucht sie von dem Jungen zu trennen. Nur war sie vollkommen durchgedreht, hatte wild um sich geschlagen und getreten, weshalb wir sie einfach in Ruhe ließen. Bis heute.

Denn auch wenn mir die beiden Kinder unglaublich leidtaten und ich mir wahrscheinlich nicht mal annähernd vorstellen konnte, was sie durchgemacht hatten, wollte ich meinen Job nicht verlieren. »Ich will dir nichts Böses, aber du musst langsam aus den Sachen raus«, versuchte ich sie auf meine nächsten Worte vorzubereiten. »Mein Chef möchte, dass wir dir heute ein paar neue Sachen kaufen. Würdest du mitkommen?« Ein kräftiges Kopfschütteln. Na wunderbar!

»Pass auf«, trat ich an die andere Bettseite. »Du hast die Wahl, dass du entweder freiwillig mit mir gehst oder die Ärzte sedieren dich, dass du nichts mehr mitbekommst, und ziehen dich dann um.« Panisch und vollkommen verängstigt, hob das kleine Mädchen ihren Kopf. Zugegeben meine Wortwahl war nicht die Beste, aber so war es für die Kleine einfacher zu verstehen. »Ich verspreche dir, dass das nicht lange dauert, und danach kannst du zurück zu deinem Bruder.« Ein verhaltenes Nicken kam von ihr, was mir schon mal bestätigte, dass ich mit meiner Vermutung, dass die beiden irgendwie verwandt waren, richtig lag.

»Kommst du nun mit?«, fragte ich das kleine Mädchen mit einem ehrlichen Lächeln im Gesicht. Trotzdem zögerte sie. »Du hast Angst, dass verstehe ich. Aber ich verspreche dir, dass ich auf dich aufpasse.« Endlich hob sie ihren Blick und sah mir in die Augen. Yes! »Ich hol dir schnell eine Jacke von mir. Draußen ist es nämlich ganz schön kühl. Okay?« Wieder ein kurzes Nicken. »Ich bin gleich wieder da. Rühr dich einfach nicht vom Fleck«, gab ich ihr zu verstehen. Und da sie nicht weiter darauf reagierte, ging ich davon aus, dass sie mich verstanden hatte.

Fünf Minuten später stand ich wieder im Zimmer, wickelte das kleine Mädchen in eine meiner Jacken ein, stülpte ihr die Kapuze über den Kopf und zog mir ebenfalls eine drüber. »Na komm her?«, ließ ich meine Worte eher nach einer Frage klingen, da ich nicht wusste, ob sie sich von mir hochnehmen ließ. Erstaunlicherweise wehrte sie sich nicht dagegen, sondern drückte sich sogleich an meine Brust. So lief ich mit dem kleinen Mädchen im Arm durch die Stadt zu einem Kinderkleidungsgeschäft.

Dort durfte die Kleine sich selbst neue Sachen aussuchen. Und auch für ihren Bruder nahmen wir noch ein paar Klamotten mit. Damit er, wenn er aufwachte, ebenfalls etwas zum Anziehen hatte. Und ich hoffte wirklich, dass das bald geschah, da uns das Jugendamt schon im Nacken saß und nur darauf wartete, die beiden mitnehmen zu können. Zum Glück konnten wir der zuständigen Mitarbeiterin vorerst ausreden, das kleine Mädchen allein zu holen. Das hätte sie nämlich nicht verkraftet.

Auf dem Rückweg zum Krankenhaus lief das kleine Mädchen neben mir her, da ich die vollen Tüten in der einen Hand hielt. Nur leider hatte der kleine Shopping Trip länger gedauert als erwartet, sodass es schon dunkel draußen war. Und jeder der in Chicago wohnte, wusste, wie gefährlich es war, sich nach Einbruch der Dunkelheit noch draußen herumzutreiben. Ich beschleunigte meine Schritte, wobei ich darauf achtete, dass das kleine Mädchen mitkam. Doch das half auch nichts, da direkt vor uns eine große Gestalt aus dem Schatten trat.

Die Person hatte uns den Rücken zugewandt, weshalb es mir gerade so noch möglich war, das Mädchen und mich in die nächstgelegene Gasse zu verfrachten. Scheinbar hatte das Kind andere Pläne, da sie, so schnell konnte ich gar nicht schauen, aus der Gasse herausgerannt war, geradewegs auf die unbekannte Gestalt zu. Und als ich aus dem schützenden Schatten trat, hing sie an dem Bein genau dieser Person. Da ich ihren Namen nicht kannte, konnte ich sie nicht mal rufen, weshalb mir nichts anderes übrigblieb, als mich dem Spektakel zu nähern und zu hoffen, dass es keiner der Unscrupulous war. Ansonsten wären wir beide verloren.
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Es freut mich sehr zu sehen, dass Chicago Bastard so gut bei euch ankommt.😇

Ihr könnt gerne mal schreiben, wie ihr die Geschichte bis jetzt findet und was ihr euch vielleicht für den späteren Verlauf wünschen würdet. Wer also Anregungen oder Ideen hat, kann diese gerne äußern.

Ich hoffe euch gefällt das Kapitel. Und ihr dürft auf das nächste gespannt sein.

A/n: Ihr wisst, wann es ein neues Kapitel gibt.😊

Chicago BastardWhere stories live. Discover now