Kapitel 9

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Scott

Ich saß in meinem Büro und versuchte irgendwas über diese beiden Kinder und wo sie dort hineingeraten waren, herauszufinden. Doch ich fand rein gar nichts. Null. Ich brodelte regelrecht vor Wut, wenn ich auch nur daran dachte, dass ich diese Typen, die für diese ganze Scheiße verantwortlich waren, nicht aufspüren und vernichten konnte. Denn genau das hatte ich vor. Sie würden untergehen und mich anbetteln, sie auf der Stelle umzubringen. Doch diese Bitte würde ich ihnen nicht erfüllen. Die Verantwortlichen würden genauso leiden, wie die beiden Kinder im Krankenhaus und alle anderen, denen das gleiche Schicksal widerfahren war. Das einzige Problem. Ich musste diese Wichser erst noch finden.

Und das stellte sich im Moment schwieriger dar als anfangs gedacht. Ich war selten frustriert. Aber in diesem Moment war meine Frustration so groß, dass ich meinen Schreibtisch komplett leer fegte, sodass alles, was darauf stand mit einem scheppern zu Boden ging. Und da mir das noch nicht genügte, warf ich meinen Tisch ebenfalls noch um. Da ich nicht noch mein ganzes Büro auseinandernehmen konnte, machte ich mich auf den Weg nach unten in den Keller. Dort verwahrte ich noch immer unseren Freund. Nur hatte er bis jetzt noch kein Wort gesagt. Doch das würde ich schon ändern. Vielleicht sogar jetzt.

Schwungvoll öffnete ich die Tür, was ihn heftig zusammenzucken ließ. Seine Augen waren verbunden, damit er erstens nicht sah wie ich aussah und zum anderen, damit er nicht wusste, wo wir uns befanden. Auch wenn ich mit Sicherheit sagen konnte, dass er hier nicht mehr lebend rauskommen würde. Nur über meine Leiche. »Willst du mir heute verraten, für wen du arbeitest?«, entfernte ich den Knebel aus seinem Mund, damit er sich nicht die Zunge abbiss. So würde er lediglich seinen Nutzen verlieren. Er blieb jedoch stumm und schüttelte mit einem hämischen Grinsen auf den Lippen seinen Kopf. »Na schön. Du hast es nicht anders gewollt«, griff ich nach einem Messer, womit ich begann in seine Haut zu schneiden.

»Immer noch nichts?«, drückte ich es fester in seine Haut. Doch wieder blieb er stumm. »Gut«, warf ich das Messer achtlos beiseite. »Welchen Finger willst du als erstes verlieren«, fragte ich ihn ironischerweise nach seiner Meinung. Und er wusste genau so gut, wie ich, dass er kein Mitspracherecht besaß. In der Zwischenzeit suchte ich mir eine geeignete Zange. »Letzte Chance«, setzte ich diese an seinem rechten kleinen Finger an. Ich begann langsam Druck auszuüben, als er doch den Mund aufmachte. »Bitte. Ich weiß es nicht«, winselte er um Gnade. Doch an diesem Punkt waren wir in den letzten beiden Wochen schon öfters gewesen. »Schade. Falsche Antwort«, ließ ich ihn wissen, übte gleichzeitig wieder Druck aus.

»Ich weiß es wirklich nicht. Ich hab nie mit dem Auftraggeber gesprochen. Der Kontakt ging immer nur bis zu einem Mittelsmann«, flehte er mich regelrecht an. Und das gefiel mir. »Das ist leider auch die falsche Antwort«, wusste ich, dass er mein überlegenes Lächeln aus meiner Stimme heraushören konnte. Ich verstärkte den Druck auf seinem Finger. Ich hörte ihn schon brechen, als plötzlich nach mir gerufen wurde. »Devon!« »Das kann ja wohl nicht wahr sein«, fluchte ich. »Für den Moment hast du wohl Glück. Aber lass dir gesagt sein, dass ich das nächste Mal nicht so lange warten werden. Überleg dir also schonmal eine Antwort, die mich zufriedenstellt«, schob ich ihm den Knebel zurück in den Mund.

Kaum hatte ich das getan, schlug die Tür so kräftig auf, dass sie gegen die Wand krachte. »Bist du vollkommen bescheuert!«, fuhr ich herum. Hielt aber sofort meinen Mund, als ich George in der Tür stehen sah. »Ich komme wieder«, drohte ich dem Typen, bevor ich mich von ihm entfernte und George mit mir aus der Zelle zog. »Was willst du hier, verdammt?«, fuhr ich ihn schlecht gelaunt an. »Wenn du auf dein Handy schauen würdest, wüsstest du es«, gab er mir schlicht zu verstehen. »Rück schon raus mit der Sprache. Ich hab schließlich nicht den ganzen Tag Zeit«, warf ich ihm einen finsteren Blick zu. »Alena hat versucht dich zu erreichen. Du bist aber nicht rangegangen.« »Ich wusste gar nicht, dass wir zusammen sind. Wann wolltest du mich einweihen?«, triefte meine Stimme nur so vor Sarkasmus.

»Ha...ha!«, war alles, was er dazu zu sagen hatte. »Ja. Haha. Ich finde das auch übertrieben witzig. Und jetzt raus mit der Sprache!«, packte ich ihn am Kragen und drückte ihn aggressiv gegen die Wand. Er rang sichtlich nach Luft, doch darauf würde ich keine Rücksicht nehmen. Nicht heute. Er hatte mir soeben die Tour vermasselt. So nah, war ich die ganzen letzten Wochen noch nicht an einem Geständnis dran und er platzte einfach so rein und ruinierte alles. »Der...der Jun...ge ist aufgewacht«, musste er mehrmals ansetzen. Trotzdem verstand ich seine Worte beim ersten Mal. Augenblicklich ließ ich ihn los. George sackte vor mir in sich zusammen, stützte sich nach Luft ringend auf seine Oberschenkel. »Wieso hast du das nicht gleich gesagt?«, knurrte ich ihn an. »Wollte ich ja. Aber du hast mich nicht ausreden lassen«, rechtfertigte er sich. »Worauf warten wir dann?«, schlug ich ihm auf den Rücken und stieg die Treppen nach oben.

Keine 15 Minuten später waren wir im Krankenhaus. Schnurstracks lief ich auf die Kinderstation. Zimmer Nummer 507. Ohne anzuklopfen, betrat ich das Zimmer. Erschrocken fuhren drei Köpfe zu mir herum. Doch es dauerte nicht besonders lang, bis Lia mich erkannte. Sofort löste sie sich von dem Jungen und kam auf mich zu gerannt. Ich spürte den skeptischen Blick des Jungen auf mir, wusste aber, dass er mein Gesicht nicht erkennen konnte. Die einzigen, die mich bis jetzt je ohne Kapuze gesehen hatten, waren meine Mum, Heaven, George und Lia, weil ich ihr damals meine Jacke gegeben hatte.

»Scott!«, klammerte sie sich sogleich an mein Bein. Ich löste sie davon, ging vor ihr in die Hocke, strich ihr ein paar lose Haarsträhnen aus dem Gesicht, bevor ich ein Einfaches: »Na meine Kleine«, erwiderte. Da sie mich gar nicht wieder loslassen wollte, hob ich sie auf meine Arme. »Hi«, kam es von Alena. »Hey«, nickte ich ihr als Begrüßung zu. »Sam, das ist Scott. Der Mann, der euch gefunden und den Krankenwagen gerufen hat«, erklärte sie dem Jungen mit sanfter Stimme. »Okay«, klang seine Stimme noch etwas kratzig. Immerhin hatte er diese die letzte Woche nicht mehr benutzt. Und trotzdem fand ich noch einen Hauch kindliches darin, was mir nur einmal mehr vor Augen hielt, wie jung die beiden noch waren.

»Gehst du kurz mit Alena vor die Tür?«, richtete ich meine Worte an Lia. Sie überlegte kurz, bevor sie schließlich nickte. Alena kam meiner wortlosen Aufforderung nach, nahm mir Lia ab und zog hinter den beiden die Tür ins Schloss. Langsam näherte ich mich dem Bett, ließ mich auf den Hocker daneben nieder und begann zu sprechen. »Ich würde mich gern kurz mit dir unterhalten«, bereitete ich ihn auf meine nächsten Worte vor. Der Junge nickte stumm. »Wie heißt du Kleiner?« »Sam«, sagte er leise. »Okay Sam. An was kannst du dich noch erinnern?« »Das ist nicht mehr viel«, gab er kleinlaut zu. »Das ist nicht schlimm. Sag mir einfach, was du noch weißt«, ließ ich meine Stimme bewusst ruhig klingen.

»Lia und ich sind geflohen, als sie nicht hingesehen haben. Ich bin aus dem Fenster gesprungen, hab sie aufgefangen und dann sind wir losgerannt. Und danach... ist nichts mehr«, gab er beschämt zu. »Weißt du, wo ihr wart?« »Nein. Ich kannte die Gegend nicht. Lia und ich sind eigentlich nicht von hier«, offenbarte er mir damit ein Detail, was in meinen zukünftigen Ermittlungen ausschlaggebend sein konnte. »Weißt du, wer euch festgehalten hat?« »Es kam immer nur der gleiche Typ. Graue Haare, Schurbart, kleiner als du und auch nicht so kräftig«, beschrieb er mir den Mann, der bei mir im Keller hing.

»Hm... Wie viele Kinder waren dort?« Erschöpft zuckte er die Schultern. »Ich kann noch nicht zählen.« Daran hätte ich auch selbst denken können. »Wo sind eure Eltern?« »Tod.« Das erklärte jedenfalls, warum niemand nach ihnen suchte. »Danke Kumpel. Das wars erstmal.«, erhob ich mich schon wieder vom Stuhl als er mich aufhielt. »Scott?« »Ja?« »Danke, dass du Lia und mir geholfen hast«, sah er, während er sprach, auf seine verknoteten Finger herunter. »Klar«, nickte ich leicht. Ich wandte mich gerade von ihm ab, als er nach meinem Arm griff. »Kannst du mich in den Arm nehmen?«, klang seine Stimme mit einem Mal schwach. »Okay. Aber nur kurz«, gab ich entschieden von mir und ließ zu, dass er sich an mich klammerte.

»Pass auf deine Schwester auf Großer«, wuschelte ich kurz durch seine Haare, bevor ich mich endgültig daran machte, das Zimmer und auch das Krankenhaus zu verlassen. Ohne Alena auch nur die Chance zu geben, mit mir zu sprechen. Obwohl ich ihr ansah, dass sie noch etwas zu sagen hatte. Aber nicht heute. Dafür war gerade nun wirklich keine Zeit. Denn mit den neugewonnen Informationen konnte ich meine Recherche weiter ausweiten und mich ein wenig spezialisierter auf die Suche begeben.
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Heute gibt es wieder ein neues Kapitel.😇

A/N: Das nächste Kapitel gibt es bei 6 🌟 und 5 Kommentaren.😊

Kleiner Spoiler: Das nächste Kapitel ist bis jetzt eins meiner Favorites.😉


Chicago BastardWhere stories live. Discover now