Kapitel 35

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Alena

»Auch wenn du sagst, dass du keins hast, darf ich trotzdem mal nachsehen? Nur zur Sicherheit. Hm?«, hob ich meine Hand an ihre Wange und streichelte zärtlich darüber. Lia kullerten Tränen über die Wangen. Und ich hasste es sie so überfordern zu müssen. Aber Sawyer hatte Recht. Wir brauchten die Gewissheit. Kurzerhand setzte ich mich auf den Boden und zog sie auf meinen Schoß. Sam schloss sich uns an und drückte sich von hinten gegen seine Schwester. »Sh Lia. Das ist in Ordnung«, versuchte er sie ebenfalls zu beruhigen. »Schon okay. Du musst nicht Lia. Wir finden eine andere Lösung. Versprochen«, küsste ich ihre Stirn und zog sie nochmals fester in meine Arme. »Wo ist Scott?«, flüsterte sie in meine Halsbeuge.

»Er ist nicht in der Stadt meine Kleine. Er kann nicht herkommen«, und auch wenn ich gerade nicht besonders gut auf Scott zu sprechen war, hätte ich ihn im Moment trotzdem reingelassen. Weil er erstaunlicherweise eine beruhigende Wirkung auf sie hatte. Auf einmal stand Sawyer neben uns und hielt mir sein Handy entgegen. Richtig. Scott hatte ihn angerufen, nachdem ich seinen Anruf einfach ignoriert hatte. Meiner Meinung nach aus gutem Grund. Er hatte mich verletzt und gedemütigt. Er konnte mich nicht nach allem einfach wortlos sitzen lassen. Das weckte in meinem inneren nämlich jegliche Selbstzweifel und Ängste, die ich bis jetzt größtenteils erfolgreich versteckt hatte.

»Sag mal hallo«, streichelte ich weiter über ihre Wange. Sie folgte meinen Worten und flüsterte ein schüchternes »Hallo?« in das Telefon. »Hey meine Kleine«, kam es von der anderen Seite. Und in dem Moment, indem sie Scotts Stimme erkannte, begannen ihre Augen zu leuchten. »Scott?«, murmelte sie und drückte sich fester gegen meine Brust. »Ich bin hier«, beruhigten seine wenigen Worte Lia merklich. »Wann kommst du wieder?«, nuschelte sie leise. »Übermorgen«, beantwortete Scott jede ihrer Fragen geduldig. »Versprochen?«»Versprochen«, wusste ich, dass er sanft lächelte. Das tat er in Lias Gegenwart nämlich häufiger, ohne dass es ihm wirklich bewusst war. »Okay«, schien seineAntwort Lia zufriedenzustellen.

»Alena hat es dir zwar schon gesagt, aber denkst du nochmal darüber nach Lia. Es ist wichtig«, erklärte er ihr abermals unser Anliegen. Doch was mich mehr beschäftigte, war, wie er meinen Namen aussprach. Es schwang ein wenig Reue darin mit und ich wusste, früher oder später würde er es von selbst ansprechen. »Na gut«, schniefte sie ein letztes Mal und wischte sich, wie ein tapferes Mädchen, die Tränen von den Wangen. Erstaunlich, dass er sie so schnell überredet hatte. Aber eigentlich sollte es mich nicht wundern. Das Band zwischen den beiden war ein besonderes. Und das verstand eben nicht jeder. »Und Sammy?«, sah sie ihren Bruder fragend an. »Ich mach mit«, rappelte er sich auf und begann sich auszuziehen.

»Siehst du Lia? Das ist nicht schlimm«, stand er in seiner blauen Kinder-
boxershorts mit Polizeiautos vor uns. Ich kam wieder auf die Beine, nachdem Lia sich von mir gelöst hatte und reichte Sawyer sein Handy. »Schau Mäuschen. Ich mach die Jalousien runter, dann sieht dich niemand außer wir. Okay?«, setzte ich meine Worte bereits in die Tat um. Ich ging zurück zu Lia und hockte mich vor sie hin. »Soll ich dir helfen?«, sah ich sie liebevoll an. »Ja«, zitterte ihre Stimme ein wenig. »Dir kann nichts passieren. Es sind doch nur wir«, wartete ich auf eine klare Antwort von ihr. »Okay«, senkte sie ihren Blick.

Vorsichtig griff ich nach ihrem Pullover und zog ihn ihr über den Kopf. Ihr Unterhemd folgte. Dann machte ich mich daran ihre Hose und die Strumpfhose auszuziehen. »Ich bin stolz auf dich meine kleine tapfere Kämpferin«, drückte ich einen Kuss auf ihren weichen Bauch. Ich zog ihr gerade die Socken aus, als ich spürte, wie ihr Körper von neuem begann zu zittern. Sam sah es auch und kam sofort zu uns herüber. Er nahm Lia in seine Arme und ließ zu, dass sie ihre kurzen Arme um ihn schlang. Ich war so von der Szene vor mir abgelenkt, dass ich nur im Unterbewusstsein wahrnahm, wie eine Gürtelschnalle klapperte. Schockiert drehte ich mich um und sah Sawyer bereits Oberkörperfrei in meinem Wohnzimmer stehen.

Chicago BastardWo Geschichten leben. Entdecke jetzt