Kapitel 49

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Scott

Weihnachten würde ein einziges Desaster werden. So viel war sicher. Das unangekündigte Auftauchen meiner Grams machte es nicht wirklich besser. Wohl eher noch schlimmer. Jedenfalls für mich. Außerdem wurde ich das Gefühl nicht los, dass mich alle auf dem Kieker hatten und nur darauf warteten mich mit ihren nächsten Worten auf die Palme zu bringen. Als ich zurück ins Haus trat, kam eine kleine Gestalt die Treppe heruntergetapst. Emilia hob ihren Blick, als sie die zufallende Tür hörte. Sir wirkte noch total verschlafen und etwas durch den Wind. »Hey«, machte ich mich daran meine Jacke auszuziehen. »Hallo«, hob sie schüchtern ihre Hand. »Alles okay?«, musterte ich sie eindringlich. »Mhm«, rieb sie sich die Augen.

»Entweder du gehst schon mal in die Küche zu Alena und den anderen, oder du wartest, bis ich die Taschen weggeschafft habe«, bot ich ihr an, weil ich dem Mädchen ansehen konnte, dass sie sich unwohl fühlte. »Ich warte«, setzte sie sich langsam auf die Treppenstufe. »Ich bin gleich wieder da«, stellte ich eine Tasche kurz neben ihr ab, um Lia sanft über die Wange zu streicheln. »Warte kurz hier«, nahm ich die Tasche wieder auf und stieg schnell die Treppen nach oben. Dort stellte ich sie erstmal in mein Zimmer, bevor ich den Rückweg antrat. Lia saß noch auf ihrem Platz auf der Treppe und hatte ihren Kopf an das Geländer gelehnt. »Was ist los Lia?«, ließ ich mich neben sie auf die Treppenstufe sinken.

Im nächsten Moment begann sie zu schluchzen. »Sh Lia. Du kannst doch mit uns reden«, griff ich unter ihre Arme und hob sie auf meinen Schoß. Sogleich schlang sie ihre kurzen Arme um meinen Hals und klammerte sich an mir fest. »Hey«, legte ich schützend eine Hand an ihren Hinterkopf. »Es ist alles in Ordnung. Dir kann nichts passieren«, legte ich ihr meine zweite Hand auf den Rücken. Nachdem ihr schluchzen etwas nachgelassen hatte, versuchte ich es abermals. »Was ist los? Was ist passiert?« »Ich...ich hab schlecht geträumt«, zitterte ihre Stimme. »Ist okay. Willst du mir sagen wovon?«, legte ich meine Hände an ihre Wangen und hob ihren Kopf an. Lias Augen glitten unruhig durch den Raum, als würde sie sich vergewissern wollen, dass hier sonst niemand anderes war.

Ihre Hände rutschten ab und kamen auf meiner Brust zum Liegen, wo sie sich in den Stoff meines Pullovers gruben. »Da war so ein böser Mann«, schniefte sie. »Er hat mich angeschrien und gemeint, dass er mich holen kommen würde«, brach Lias Stimme. Ich drückte das kleine Mädchen fester an meine Brust. »War das nur ein Traum oder ist das wirklich passiert?«, zählte ich eins und eins zusammen. Denn den Tag als Alena und Sawyer die beiden aus dem Heim holen wollten, war sie sehr komisch, hat nicht geredet und wollte gar nicht erst mit den beiden mitgehen. Ich sah, wie Lia mit sich kämpfte. Nicht wusste, ob sie mir ehrlich antworten durfte. »Du kannst es mir sagen Lia. Dir wird nichts passieren. Versprochen«, lehnte ich meine Stirn gegen ihre.

»Heim«, flüsterte Lia leise. Also lag ich mit meiner Vermutung richtig. Hinter dem Ganzen steckte mehr. »Okay Lia. Danke, dass du es mir gesagt hast«, streichelte ich liebevoll über ihre feuchten Wangen. Sie nickte schwach, entzog mir ihr Gesicht, nur um sich wieder fest gegen meine Brust zu drücken. Ich flüsterte Lia beruhigende Worte ins Ohr, während ich ihren Rücken streichelte und zuließ, dass sie sich an meiner Brust ausweinte. »Sh. Du musst keine Angst haben. Ich lass nicht zu, dass dir was passiert«, drückte ich meine Lippen auf ihren Scheitel. »Okay«, murmelte sie. »Wollen wir langsam zu Alena gehen?«, fragte ich mit sanftem Tonfall. »Ja«, schniefte sie ein letztes Mal, bevor sie ihr Gesicht an meinem Pullover abwischte. Mir genügten ihre Worte.

Schon im nächsten Moment erhob ich mich mit ihr auf dem Arm und stieg die letzten paar Stufen nach unten. Sobald ich das Wohnzimmer betrat, lag mein Blick auf Alena. Sie stand reglos vor dem gedeckten Esstisch. Verwundert trat ich an sie heran. Ihr Kopf flog zu mir herum, als sie Schritte neben sich hörte. Ich musste ihr nur Sekunden ins Gesicht sehen, um zu bemerken, dass ihre Augen glasig waren. Alena hatte Lias und meine Unterhaltung mit angehört. Das sagte mir jedenfalls ihr schuldiger aber vor allem zutiefst besorgter Blick. »Gehst du mal in die Küche nach deinem Bruder sehen Lia?«, war ich schon dabei, dass kleine Mädchen auf dem Boden abzustellen. »Meine Mum gibt dir bestimmt was zu Trinken. Alena und ich kommen gleich nach«, hockte ich vor ihr. »Au ja«, nickte Emilia eifrig und rannte auch schon los.

Chicago BastardHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin