Kapitel 19

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Alena

Ich stand vor dem Jugendamt Gebäude und wartete auf Sawyer. Ich war so nervös, dass ich von einem Fuß auf den anderen trat und meine Hände merklich zitterten. Das, was wir hier taten, war hochgradig illegal. Aber Lia und Sam waren es allemal wert. Es war eine ganze Woche vergangen, seitdem die beiden abgeholt wurden und ich nichts mehr von ihnen gehört hatte. Aus dem Grund, weil ich nicht durfte. Wenn es nämlich nach mir gegangen wäre, wäre ich jeden Tag hingefahren, nur um mich zu vergewissern, dass es ihnen gut ging.

Ungeduldig sah ich aller zehn Sekunden auf die Uhr. Eigentlich hatten wir den Termin erst in fünfzehn Minuten. Aber ich konnte nicht noch länger zuhause rumsitzen und warten. Deshalb war ich viel zu früh losgegangen und demnach auch viel zu früh hier. Bis jetzt hauste ich noch in meiner eigenen Wohnung. Ich hatte Scott glücklicherweise überreden können. Denn wenn ich die beiden nicht bekam, müsste ich nicht umziehen, weil es mir ganz einfach nichts brachte. Außer, dass ich die ganze Zeit unter Kontrolle stehen würde. Und darauf konnte ich wirklich getrost verzichten. Denn auch ich schätzte meine Privatsphäre und bestand darauf, dass diese geachtet wurde. Genau, wie ein gewisser Scott Devon. Nur das es bei ihm wesentlich andere Gründe hatte als bei mir.

Dass ich mich, seit unserer letzten Begegnung, vor fünf Tagen, bei welcher er mir meine eventuell zukünftige Wohnung gezeigt hatte, jeden Tag selbstbefriedigt hatte, war mir unfassbar peinlich. Vor allem, weil ich mir seine grobe Berührung an meiner Taille jedes Mal vorgestellt und dazu fantasiert hatte, wie es wohl wäre, wenn er mich überall so grob anpacken würde. Allein die Vorstellung ließ mich beinah vor Hitze zergehen. Denn ich wollte unbedingt herausfinden, wie seine großen, schwieligen Hände sich auf meiner nackten Haut anfühlten. Und das würde ich in absehbarer Zeit, wenn er seine Bezahlung von mir einforderte.

Gerade rechtzeitig, bevor meine Gedanken noch weiter abschweifen konnten, sah ich Sawyer um die Ecke biegen. »Entschuldige bitte. Wartest du schon lang?«, wollte er von mir wissen, als er mich kurz in den Arm schloss. »Nein. Höchstens drei Minuten«, winkte ich lässig ab. Ihm zu gestehen, dass ich mir seit zwanzig Minuten, bei dieser eisigen Kälte, die Beine in den Bauch stand, wäre wirklich zu armselig. »Sollen wir reingehen?«, richtete er nochmals seine Krawatte. »Ja bitte«, tat ich es ihm gleich und strich meinen Mantel glatt. »Na dann los«, griff er nach meiner Hand, um sie mit seiner zu verschränken. Es musste immerhin so aussehen, als wären wir verheiratet, auch wenn wir es offiziell nicht waren.

Gemeinsam traten wir in das große Gebäude ein. Es war auf jeden Fall auch nicht mehr das neuste und müsste eigentlich mal wieder gestrichen, wenn nicht sogar renoviert werden. »Guten Tag. Wir haben einen Termin bei Mrs. Brown«, dirigierte Sawyer uns zum Empfangstresen, wo er unser Erscheinen erklärte. »Name?«, fragte die ältere Frau, die wahrscheinlich kurz vor der Rente stand, mehr als unfreundlich. Doch Sawyer ließ sich davon nicht im Geringsten beeindrucken. Er erwiderte höflich und völlig souverän: »Alena und Sawyer Devon«. Dabei lief mir der Angstschweiß eiskalt über den Rücken. Was wäre, wenn wir aufflogen? Sie würden uns ins Gefängnis stecken und die beiden Kinder in schreckliche Pflegefamilien geben.

Wir durften nicht auffliegen und deshalb musste ich mich bemühen, mir nicht anmerken zu lassen, dass etwas ganz und gar nicht stimmte. Sawyer schien mir mein Unbehagen anzusehen, da er mir seinen Arm um die Taille legte, mich an sich zog und mir zuflüsterte: »Entspann dich Alena. Wir haben alles unter Kontrolle. Es ist alles gut«. »Okay«, nickte ich und lehnte meinen Kopf an seine Schulter. »In der Tat. Im zweiten Stock auf der linken Seite ist das Büro von Ms. Brown«, sah sie prüfend zwischen uns beiden hin und her. »Vielen Dank«, bedankte sich Sawyer kurz, bevor er sich mitsamt mir im Arm umwandte und geradewegs auf das Treppenhaus zusteuerte.

»Du bist wirklich sicher, dass du alle Unterlagen mithast?«, kam die Nervosität erneut zum Vorschein. »Ganz sicher. Er hat an alles gedacht und ich hab alles einstecken. Es kann also nichts schiefgehen. Okay?«, beeindruckte er mich einmal mehr mit seinem, für sein Alter eher ungewöhnlich, reifen Auftreten. »Wieso tust du das eigentlich alles? Wenn das rauskommt, haben wir alle ein großes Problem?«, flüsterte ich leise. »Genau aus dem Grund, warum du das tust. Scott ist sowas, wie meine Familie. Er hat mir damals aus der Patsche geholfen und jetzt ist es an der Zeit, ihm etwas zurückzugeben«, erklärte er mir seine Beweggründe.

Chicago BastardWhere stories live. Discover now