Kapitel 42

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Alena

Fassungslos verließ ich das Gebäude. Ich konnte immer noch nicht glauben, dass ich wirklich schwanger war. Dabei lernte man doch schon in der 6. Klasse, wie wichtig Verhütung war. Und trotzdem hatten sowohl Scott als auch ich nicht darauf geachtet. Doch ich konnte nicht mal Scott die Schuld daran geben. Klar zu einer Schwangerschaft gehörten immer zwei. Aber es hätte an mir gelegen, ihm zu sagen, dass ich keine Pille nahm. Nur hatten wir den Fehler begangen und nicht darüber gesprochen, was absolut falsch war. Deswegen musste ich das Ganze wohl oder übel auf meine Kappe nehmen. »Alles in Ordnung?«, fragte Scott, sobald ich die Autotür öffnete.

Ich ließ mich auf den Beifahrersitz gleiten, schnallte mich an und starrte danach auf meine verknoteten Hände. Schockiert, was ich so eben erfahren hatte. Mit dem Wissen, dass der Vater des Kindes im Moment neben mir saß. »Alena?«, berührte er mich sanft an der Schulter. Ich zuckte vor Überraschung zusammen und entzog mich seiner Berührung. Scott seufzte schwer. Wahrscheinlich dachte er, dass sich meine abwehrende Haltung noch auf den Vorfall von heute bezog. Doch das war es nicht. Wie sollte ich es ihm sagen? Er würde wahrscheinlich sagen, dass ich es abtreiben sollte. Doch das konnte ich nicht. Das wäre Mord. Und das würde ich niemals zulassen. Scott gab auf mit mir reden zu wollen. Stattdessen startete er stumm den Motor seines Autos, der brüllend zum Leben erwachte und fuhr los.

Sobald wir auf der Hauptstraße waren, öffnete ich doch meinen Mund. »Weiß ich nicht. Ich muss noch auf das Ergebnis warten. Dann wird es sich erst zeigen«, gab ich leise zu. »Okay«, nickte er. »Und wie lange dauert das?«, hakte er nach. »Keine Ahnung«, zuckte ich hilflos mit den Schultern. »Gut. Dann warten wir eben«, überraschte mich seine Wortwahl. Denn was meinte er mit »Dann warten Wir eben«? Das ergab nicht wirklich Sinn. Jedenfalls für mich nicht. Nach diesem kurzen Gespräch blieb es still im Auto. Jeder ging seinen eigenen Gedanken nach. Bei mir hauptsächlich der, dass ich schwanger war und ich in 9 Monaten, wenn nichts dazwischen kam, ein Baby haben würde, zusätzlich zu Lia und Sam. Ein eigenes Baby. Mein Fleisch und Blut.

Doch das würde meine Meinung über die Kids nicht ändern. Ich gab die beiden nicht wieder her. Nur über meine Leiche. Ich hatte so hart dafür gekämpft, in gewisser Hinsicht ein Stück meiner Unabhängigkeit geopfert. Das war ganz sicher nicht für umsonst. Auf keinen Fall. Scott brachte mich nachhause. Anstatt mich jedoch einfach abzusetzen, bestand er darauf mich noch nach oben zu bringen. Und das rechnete ich ihm im Moment wirklich hoch an. Bevor ich in meiner Wohnung verschwand, legte ich noch einen Zwischenstopp bei Sawyer ein. Immerhin musste ich Lia und Sam noch von ihm abholen und mich bei ihm bedanken, dass er sich um die beiden gekümmert hatte, auch wenn ich heute eigentlich dran gewesen wäre.

Scott wich keinen Schritt von meiner Seite, als wir gemeinsam die Treppen hochstiegen. Ich bildete mir sogar ein zu sehen, dass er sicherheitshalber einen Arm ausgestreckt hatte. Wahrscheinlich für den Fall, dass ich doch noch umfiel. Oder keine Ahnung. An Sawyers Wohnungstür angekommen, klingelte ich und wartete. Es dauerte keine Minute, da wurde die Tür schon geöffnet. Zu meinem Erstaunen stand Heaven in der Tür. Scheinbar war sie zurzeit bei Scott zu Besuch. »Hey ihr beiden. Kommt doch rein«, trat sie einen Schritt zurück, um uns Platz zu machen. Ich brauchte anscheinend zu lange, um zu reagieren, da Scott mir eine Hand auf den unteren Rücken legte und mich in den Flur schob.

»Alles okay?«, sah sie mich prüfend an. »Ja. Alles gut«, nickte ich hastig, um mir ja nichts anmerken zu lassen. »Okayyy«, zog sie das Wort in die Länge und hob fragend ihre Augenbraue, während ihr Blick zu dem Mann hinter mir wanderte. Da ich mit meinen Gedanken ganz wo anders war, blickte ich stur geradeaus und ignorierte das stille Gespräch zwischen den Geschwistern. »Na schön. Dann kommt mit. Lia und Sam essen gerade Abendbrot. Wenn ihr auch noch was wollt?«, dirigierte sie uns in die Küche. Lia sprang sofort von ihrem Stuhl auf, als wir durch die Tür traten. Ohne darüber nachzudenken, schlang sie ihre kurzen Arme um meine Beine. Bei ihrer Berührung zuckte ich ein wenig zusammen. Und Scott sah das genau. Das sagte mir sein Gesichtsausdruck.

Chicago BastardWhere stories live. Discover now