Kapitel 34

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Scott

Ich fuhr hoch, als mir jemand gegen den Oberarm boxte. »Aufstehen kleiner Bruder«, hörte ich Atlas Stimme. Ich fuhr mir übers Gesicht und rieb mir die Augen, bevor ich sie blinzelnd öffnete. Mein Bruder hatte sich halb über mich gebeugt und anhand seiner Haare, die völlig durcheinander waren, wusste ich, dass die beiden wirklich Sex gehabt hatten. »Wo ist Matteo?«, blickte ich verwundert auf meine Brust. »Mit Rosalie zum Babyschwimmen«, setzte er sich mir gegenüber auf die andere Couch. »Stimmt. Das hatte sie gesagt«, fuhr ich mir durch die Haare, die wahrscheinlich keinen Deut besser aussahen als Atlas seine. »Wie lange hab ich geschlafen?«, griff ich nach meinem Kaffee, der natürlich schon kalt war, weshalb ich angeekelt die Nase rümpfte.

»Fast 5 Stunden«, antwortete Atlas auf meine Frage. Überrascht weiteten sich meine Augen. Ganze 5 Stunden. »Holy Shit!«, entkam es mir. »Was du nicht sagst«, machte er sich allen Ernstes über mich lustig. »Sei du bloß still. Das war allein der Tatsache geschuldet, dass du und deine Geliebte beschlossen habt, noch ein spontanes Schäfer-
stündchen einzulegen«, brachte ich unmissverständlich meinen Unmut zum Ausdruck. »Sie ist nicht meine Geliebte Scott. Sie ist meine Frau«, sagte er mit Nachdruck. »Was auch immer«, interessierte mich sein Geplänkel nicht. »Wieso bist du heute eigentlich so gereizt?« »Bin ich nicht«, knurrte ich bedrohlich. »Nein gar nicht«, schüttelte er grinsend den Kopf. »Also Brüderchen. Was ist dir über die Leber gelaufen?« Ich schnaubte.

»Nein warte. Du hast irgendwas angestellt. Ist es das?« Ich antwortete lediglich: »Deswegen bin ich nicht hierhergekommen«. »Okay. Eins nach dem anderen. Also...«, kam er mit seinem Laptop zu mir und ließ sich neben mich fallen. »Du meintest letztens, dass die beiden Kinder in Amerika nirgends existieren. Richtig?« »Korrekt«, nickte ich, während ich auf seinen Bildschirm sah. »Das können sie auch nicht«, flogen seine Finger regelrecht über die Tastatur. »Warum?«, stellte ich ihm eine selten dämliche Frage, die er mit einem Kopfschütteln abtat. »Demnach was ich gefunden habe, kommen die beiden aus Italien.« »Woher weißt du das?«, fuhr mein Kopf zu ihm herum.

»Ich weiß es noch nicht hundertprozentig. Aber wenn es wirklich die beiden Kinder sind, von denen ich im Moment ausgehe, wurden sie schon vor drei Jahren hierher verschleppt.« »Was lässt dich das vermuten?«, knirschte ich mit den Zähnen. »Ich habe Berichte über einen Unfall in Kalabrien gefunden. Und irgendwas stimmt da nicht.« »Inwiefern?« »Es war ein Verkehrsunfall, ohne andere Beteiligte. Ein Auto mit vier Insassen. Alle verbrannt. Angeblich. Den Mann und die Frau konnten sie wohl identifizieren... Aber die beiden Kinder waren bis zur Unendlichkeit verbrannt, dass man sie nicht mehr identifizieren konnte. Was etwas eigenartig ist. Weil...«

»Weil sie die Eltern hatten und eigentlich hätten die Kinder zuordnen können. Außer die Kinder gehörten nicht zu dem Paar«, beendete ich seinen Satz. »Ja.«, nickte Atlas. »Das heißt entweder waren es doch ihre richtigen Eltern und sie haben es irgendwie geschafft die Kinder vor dem Staat zu verheimlichen oder aber...« »Die Leuten von heute hatten damals schon etwas mit dem Menschen-
händlerring und alle dem zu tun«, ergänzte er meinen Satz. »Fuck!«, rieb ich mir gestresst übers Gesicht. »Und wie finden wir heraus, ob die beiden Kinder wirklich Lia und Sam waren?«, richtete ich meinen Blick an die Decke. »Naja. Ich habe noch was gefunden.« Fragend sah ich ihn an.

»Ein Arztbericht aus Montana. Genauer gesagt Bozeman. Vor etwa drei Jahren. Kurz nach dem Unfall. Ein Arzt hat ein kleines Mädchen behandelt. Ein paar Monate alt. Sie hatte Verletzungen, die auf einen Verkehrsunfall hindeuteten«, warf er mir einen Blick zu. »Und weiter. Lass dir nicht alles aus der Nase ziehen Atlas«, wurde ich langsam ungeduldig. »Sie war in Begleitung eines Mannes dort, der sich für ihren Vater ausgab. Doch als er ihn darauf ansprach, ob er eine Geburtsurkunde oder irgendwelche anderen Dokumente hätte, die das beweisen, hat er verneint und ihn angeschnauzt er solle einfach seinen Job machen.« »Du redest die ganze Zeit nur von einem Mädchen. Wo war Sam bei der ganzen Geschichte?« »Das weiß ich nicht. Von einem Jungen steht nichts im Arztbricht.«

Chicago BastardWhere stories live. Discover now