Dankbarkeit

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Fassungslos hielt ich inne, als mir etwas auffiel. Da war ich die ganze Zeit nur noch am Nachdenken, Grübeln, bewegte mich wie auf rohen Eiern und dachte, jeden Moment zusammenzubrechen und mir entging so etwas? Da lag ich nachts im Bett, fand keinen Schlaf, wälzte mich von einer Seite zur anderen, sehnte mich nach etwas, das außerhalb jeglicher Reichweite war und übersah das?

Ich schüttelte den Kopf. Ok, in dem herrschte im Moment genauso viel Chaos wie in meinem Leben, doch eigentlich war ich immer stolz darauf gewesen, mich relativ gut auf das besinnen zu können, was zählte. Meistens jedenfalls. Nicht immer, das wäre gelogen. Aber ich versuchte, immer auch etwas Positives zu sehen. Das hatte ich mir antrainiert, um nicht immer vom Dunkel verschlungen zu werden, wenn ich mich fühlte, als hätte ich keinen Halt mehr.

Immer gelang es nicht und im Moment fiel es mir wirklich schwer. Da war zu viel Chaos, zu viel, was mich so einnahm, dass ich den Wald oft nicht von den ganzen Bäumen entscheiden konnte. Nicht ausmachen konnte, welcher Weg schon beschritten war und wo ich mich bereits befand. Und dann - ganz plötzlich - wenn ich dachte, ich bin zu müde, um auch nur einen Fuß noch vor den anderen zu setzen- waren sie da: meine Engel.

Die sich geduldig mein Gejammer anhörten, mich anspornten und anfeuerten, mir ein Handtuch für den Schweiß und einen Energieriegel für den Weg in die Hand drückten. So im übertragenen Sinne natürlich nur. Sie standen wirklich loyal an meiner Seite: Trockneten Tränen, durchforsteten mit mir das Chaos, nahmen mich an die Hand, wenn ich Gefahr lief mich zu verirren und zeigten mir wieder den Weg, den ich beschreiten durfte.

Ja, durfte. Und konnte. Sie malten mit mir das Ziel aus, wenn ich an der Sinnhaftigkeit des Weges zweifelte. In den buntesten Farben und mit den liebsten Worten sagten sie mir immer wieder, dass es das Ziel war, das ich verdient hatte. Dabei redeten sie nichts schön. Sie erklärten mir immer wieder, das der Weg kompliziert und steinig war und es so manches Hindernis zu überwinden galt. Wenn ich sie dann ängstlich ansah, überfordert von meiner eigenen Courage, legten sie sich wie ein Schleier um mich und führten mich weiter. Nicht unter Zwang - nur als Unterstützung.

"Du bist nicht allein", das sagten sie mir immer wieder und jetzt gerade erkannte ich das auch.

In diesem Moment flutete mich ein neuer Energiestoß, neuer Wille, Vorfreude auf das Ziel, Gewissheit, dass ich nicht scheitern konnte und ... Dankbarkeit. Gerade weiß ich, dass ich mit meinen Engeln an meiner Seite unbesiegbar bin. Ich kann meinen Weg beschreiten und durch die Ziellinie laufen. Egal, was kommt und was das Leben für mich so bereithält.

Da - ich sehe sie - die Ziellinie! Ich nehme nochmal an Geschwindigkeit auf und gebe Gas, gehe ans Limit, spüre meine Muskeln brennen und sehe sie dort stehen: Meine Engel, die mich den ganzen Weg begleitet und mir zur Seite gestanden haben. Auf die ich mich selbst in der dunkelsten Minute stützen durfte.

"4 Stunden und 38 Minuten. Herzlichen Glückwunsch Nr. 762", höre ich und nicke, aber ich werde nicht langsamer.

Ich hab ein neues Ziel: Ich will alle meine Engel in den Arm nehmen und ihnen sagen, wie dankbar ich bin, sie an meiner Seite zu wissen.

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Wenn Gedanken Flügel wachsen...Where stories live. Discover now