Der neue Kindergarten

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Er hatte Bauchschmerzen. Heute sollte er in den neuen Kindergarten und er wollte viel lieber in den gehen, den er schon kannte. Da waren seine Freunde und er wollte gar keine anderen. Aber Mama sagte, dass es nicht anders ging, weil sein alter Kindergarten ja viel zu weit weg wäre, jetzt wo sie woanders wohnten.

Mama hatte versprochen, dass sie ihn nicht allein lassen würde, wenn er da heute hinging. Aber er war echt aufgeregt. Er hatte Mama schon gesagt, dass er nervös war und sie hatte ihm über die Haare gestreichelt und gesagt, dass sie das verstand. Sie wäre auch nervös, weil sie sich wünschte, dass er sich da mit den neuen Kindern wohlfühlen konnte.

Jetzt standen sie in dem großen Vorraum, wo viele Blumen und Schmetterlinge und so waren. Er wusste noch aus dem alten Kindergarten, dass sie alle von den Kindern gebastelt waren. Er wollte nach Hause. Plötzlich kam ein Mann auf ihn zu und er versteckte sich vorsichtshalber hinter Mamas Beinen. Die lächelte ihn an und gab ihm die Hand, während der Mann sagte, er hieße Jochen und sie könnten seine Sachen an einen leeren Haken hängen.

Dann beugte sich der große Mann zu ihm herunter und fragte: „Und wer bist du?"

Schnell versteckte er sich wieder hinter Mama. Er wollte nicht mit dem Mann reden. Der warf Mama nun einen Blick zu und er wusste, dass sie gerade so ein komisches Lächeln machte, das sie nicht so leuchten ließ wie sonst. Also streckte er doch den Kopf vor.

„Mama, sag du."

„Aber ich wurde ja nicht gefragt, Schatz."

Er überlegte. Das war wahr. Der Mann hatte mit ihm gesprochen. Also schaute er ihn nochmal an: Er hatte eigentlich ein freundliches Gesicht und er lächelte. Vielleicht war er ganz nett? Er sah jedenfalls so aus.

„Leon."

„Hallo Leon, ich freu mich, dass du da bist. Kommst du mit rein?"

Nochmal warf er seiner Mama einen Blick zu, was Jochen anscheinend bemerkte, weil er sofort sagte: „Mama darf heute natürlich auch zugucken."

„Ok."

"Super. Aber vorher darfst du deine Sachen ablegen, ja? Mama weiß auch schon wo."

Er nickte. Das hatte er vorher schon mitbekommen. Aber er sagte nichts. Stattdessen folgte er seiner Mama und tat seine Jacke an den Haken und zog seine Schuhe aus, nachdem er seinen Rucksack dazugehängt hatte. Dann folgte er Mama ins Gruppenzimmer. Schüchtern schaute er hinein. Ok, das waren viele Kinder. Wie im alten Kindergarten. Es gab auch eine Puppenecke und eine Werkstatt. Und einen großen orangeleuchtenden Teppich, auf dem schon die anderen warteten. Er wollte sich nicht allein dazu setzen!

Jochen lächelte ihn an und auch die andere Erwachsene hatte ein freundliches Gesicht und meinte: „Deine Mama darf heute mitmachen, wenn sie mag."

Sofort schaute er sie an und merkte, wie sie grinste. „Aber sowas von. Komm, Leon. Ich hab schon lange nicht mehr in einem Morgenkreis mitgemacht."

Er setzte sich neben seine Mama und schaute sich verstohlen um, während eins von den älteren Mädchen die Kerze in der Mitte anzünden durfte. DAS durften hier Kinder machen??? Daheim machte das immer nur Mama. Er durfte sie aber immer auspusten. Das machte er gerne. Jochen stellte ihn den anderen vor und dann sagte jedes Kind, wie es hieß.

Die waren eigentlich auch nicht so schlecht. Sie schauten aus, als wären sie genauso neugierig wie er und hätten etwas Bauchweh, weil er da war. Hm. Dann ging es ihnen ja gar nicht so anders wie ihm, erkannte er plötzlich und merkte, wie er wieder leichter Luft bekam. Als Jochen ihm dann eine Frage stellte, beantwortete er sie schnell. Natürlich konnte er bis 10 zählen! Er war doch schon fünf!

Er merkte, wie ein anderer Junge ihn anlächelte und lächelte fröhlich zurück. Schon, weil Jochen ihn lobte. Vielleicht war es ganz ok hier, dachte er, als er sich wieder an seine Mama kuschelte. Die strich ihm einfach nur wieder durch sein Haar. Aber ihre Augen leuchteten stolz. Ja, bestimmt, war es hier ganz ok, beschloss er und atmete erleichtert auf.

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