Zwischen Zitronentarte und dem schwarzen Ritter

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„Was für ein Scheiß!", stellte ich ungehalten fest.

Unzählige Male hatte ich diesen Kuchen schon gebacken und mich danach an dem herrlich zarten Schmelz und dem aromatischen Zitronengeschmack erfreuen können. Nur offenbar nicht heute. An dem Tag, an dem ich meine Zweifel beiseitegeschoben und eingewilligt hatte, dass...

„Pari? Ist alles ok?", hörte ich und drehte mich unwillig zu meiner besten Freundin Iara um.

Mit ihr und unserem Kumpel Mika teilte ich mir diese traumhafte Wohnung. Doch darüber konnte ich jetzt nicht näher nachdenken.

„Sieht das für dich aus, als wäre alles ok?!?", fragte ich bissig und hielt ihr den missglückten Versuch einer Zitronentarte entgegen.

„Oh."

„Ja, oh! Und was mach ich jetzt?"

Leichte Panik machte sich in mir breit. Normalerweise brauchte ich nicht mal ein Rezept, um dieses Gebäck zuzubereiten, und heute hatte ich es versaut?

„Vielleicht kann man das Verbrannte abkratzen?", schlug Iara vor und ich musste ziemlich fassungslos dreinsehen, denn sie zuckte mit den Schultern.

„Dir ist schon klar, dass Dag heute hierher kommt und..."

„Dir ist schon klar, dass er nicht wegen eines Kuchens hierherkommt, Pari?", erkundigte sich Iara und ich schluckte trocken.

„Wolltet ihr nicht zum Thailänder?", fragte nun Mika, der soeben in die Küche spazierte und das Backwerk in Augenschein nahm.

„Der hat zu... Betriebsferien. Was soll ich denn jetzt machen?"

Wieder mischte sich Panik in meine Stimme und ich war mir ziemlich sicher, dass das nicht nur am vergeigten Kuchen lag, sondern auch an der Anmerkung, die Iara fallenlassen hatte: Dass Dag bestimmt nicht wegen diesem hierherkäme.

„Zeig mal", entschied Mika und nahm mir den Teller mit der missratenen Leckerei ab.

Währenddessen wurde mein Denken von den Selbstzweifeln überrollt, die ich doch so mühsam verdrängt hatte. Die, die mir sagten, dass ich es bisher nie dauerhaft geschafft hatte, einen Typen zu begeistern. Die, die mir erklärten, dass ich erstmal mein Leben in den Griff bekommen sollte. Und die, die...

„Also, wenn du das Verbrannte abkratzt und darüber hinwegsiehst, dass die Creme noch einen Ticken zu flüssig ist, könnt ihr ihn essen. Geschmacklich ist sie top", lautete Mikas Urteil, das er mit vollem Mund abgab.

„Bist du... Hast du gerade deinen Löffel mitten in den Kuchen gerammt, statt am Rand irgendwo?", erkundigte ich mich mit sich überschlagender Stimme.

„Oh. Das war... Sorry. Nicht dran gedacht. Aber ihr müsstet eh Schälchen nehmen und den Boden sozusagen als Crumble, also..."

„Schälchen?!? Ich kann doch keine Müslischalen mit Matschepampe füllen und..."

„Pari! Schau mich an! Du atmest jetzt mal ganz tief durch, gibst mir dein Handy und verschwindest im Bad, ok? Dag kommt in knapp einer halben Stunde und du musst dringend runterkommen, verstanden? Mika und ich kümmern uns um den Rest...", schaltete sich nun Iara wieder ein.

„Mein Handy? Was willst du denn mit dem?"

„Verhindern, dass du Mist baust und Dag absagst, weil du gerade die Hosen gestrichen voll hast, ok? Also los, gib her und geh ins Bad."

Ich warf Mika einen hilfesuchenden Blick zu, aber der war schon damit beschäftigt, den Kuchen von seiner dunkleren Oberfläche zu befreien. Dabei landete rein zufällig der Löffel wieder in seinem Mund.

Wenn Gedanken Flügel wachsen...Where stories live. Discover now