Die magischen Worte

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„Ich liebe dich."

„Wow."

Sie kichert. Ich gucke doof. Wieso lacht sie?

„Ich sage dir, dass ich dich liebe und du sagst nur wow?!?"

„Das findest du witzig?"

„Ja, weil du so überrascht wirkst."

„Ja, weil ich überrascht bin."

Jetzt verfinstert sich ihr Gesicht. Shit, ich hab's vermasselt.

„Wieso überrascht dich das?"

„Wieso nicht?"

Warum muss ich eigentlich immer ehrlich sein?

„Na ja, wir sind jetzt schon länger zusammen. Denkst du, ich wäre mit dir zusammen, wenn ich dich nicht mögen würde?"

„Ne, das nicht. Aber zwischen mögen und lieben ist ein Unterschied, glaube ich. Dann müsstest du ja sagen, ich mag dich."

„Aber ich mag meine Mutter, Wiebke. Dich liebe ich."

„Aha. Also sagst du zu mir, dass du mich liebst, weil wir zusammen sind, obwohl du mich nur magst?"

„Nein, ach Gott. Du bist echt scheißekompliziert."

Sie steht auf und geht. Ich sollte ihr folgen. Aber ich kann bloß wieder blöd gucken. Ich verstehe nicht, warum sie sich jetzt ärgert. Mit Gefühlen tu ich mich schwer. Schon immer. Ich finde nicht, dass ich kompliziert bin. Sondern die Welt der Gefühle ist kompliziert. Und unpraktisch. Das hat sich gerade bestätigt. Sonst wäre sie ja nicht gegangen. Ich weiß, wohin sie ist. Sie verschwindet immer dorthin, wenn sie schmollt. Also steh ich auf und laufe dorthin. Ich hatte recht, schon von Weitem sehe ich sie auf der Schaukel sitzen.

Als sie mich wahrnimmt, verschließt sich ihr Gesicht noch mehr. Hm, wie komme ich jetzt an sie heran?

„Erkläre es mir. Wo ist denn der Unterschied?"

„Wieso weißt du sowas nicht?"

„Ich weiß nicht. Ist so. Ist zu kompliziert für mich, befürchte ich."

„Aber Gefühle sind nicht kompliziert. Man hat sie einfach."

„Ich hab ja auch nicht behauptet, dass ich keine hab. Nur mit dem Benennen tu ich mich schwer."

Ein ungutes Gefühl krabbelt meine Wirbelsäule hoch. Ich unterdrücke den Impuls, der sich in mir breitmacht, während sie mich ansieht. Dann seufzt sie.

„Wenn man jemanden liebt, möchte man so viel Zeit wie möglich mit der Person verbringen. Wenn man jemanden nur mag, dann freut man sich, wenn derjenige da ist, aber man vermisst ihn nicht sofort, wenn er weg ist."

„Dann vermisst du mich, wenn ich weg bin?"

„Ja?"

„Wow."

Stellas Augen werden erst groß. Dann ziehen sich ihre Mundwinkel hoch. Ich mag ihr Lächeln. Es lässt sie strahlen. Wie die Sterne blitzten ihre Augen dann. Obwohl sie die gerade verdreht.

„Du sagst schon wieder nur wow."

„Ja, das stimmt."

„Warum?"

„Weil mich noch nie jemand vermisst hat, wenn ich nicht da war, glaube ich."

„Das glaube ich nicht."

„Doch. Ich bin oft zu anstrengend. Ich verstehe Menschen nicht gut. Sie sind voll mit Gefühlen und die begreife ich nicht."

„Ich finde dich nicht zu anstrengend. Kompliziert - manchmal. Aber das ist ok, weil ich dich liebe."

Mein Herz macht einen Hüpfer in meiner Brust. Vor allem, weil sie meine Hand in ihre nimmt und mich ansieht. Mit Sternenfunkelaugen.

„Stella?"

„Hm?"

„Wenn ich abends im Bett liege, stelle ich mir vor, dass es schön wäre, wenn du da wärst."

"Echt?"

"Ja."

"Dann magst du mich auch?"

"Nein, nicht nach deiner Definition. Hm. Ich denke ... ich liebe dich."

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Wenn Gedanken Flügel wachsen...Where stories live. Discover now