𝐓𝐡𝐢𝐫𝐭𝐲 𝐭𝐡𝐫𝐞𝐞

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„Ich könnte ihn umbringen."
„Na, das bezweifle ich.", murmelte meine Stimme. Vermutlich ungehört. Ich war nicht Teil des Gespräches.
Kurz treffen sich meine Augen mit denen meines Freundes. Und auch, wenn es mir bedeutsam vorkam, so als wäre es der Beginn eines Ereignisses, wandte er sich wieder von mir ab.
„Wie konnte er uns entwischen?! Wie konnten-"
„Komm mal runter, Jungkook..:"

Von meiner liegenden Position aus, sah ich den beiden Männern beim Streiten zu. Einer war beneidenswert groß. Zu den Kleinsten der Gruppe zu gehören, störte mich - schon immer. Doch die Hoffnung auf einen magischen Wachstumsschub hatte ich bereits vor einer Weile aufgegeben.
Seufzend, mit verengten Augen, drehte ich mich von der Szene weg und legte mir die Hand auf die Ohren. Wären wir nicht auf der selben Seite hätte ich beiden schon längst den Hals umgedreht. Ich hätte mich nachts an sie heran geschlichen und das Vertrauen ausgenutzt, das sie mir so breitwillig schenkten. Mit meiner bloßen Hand aus ihnen gewürgt oder mit der scharfen Klinge zerschnitten. Blut hätte es mitgerissen: Die Freundschaft, wie ein brechender Damm, der seine überraschten Bewohner mitschleifte.

„Ich bitte dich, Jungkook, komm runter. Es bringt uns nichts, wenn du wie ein wütender Stier jeden hier den Schlaf raubst.", maulte der junge Mann, den ich schon so oft hab sprechen hören, dass mir seine Stimme selbst im Traum bekannt sein würde. Ich gab ihm gedanklich recht.
Noch ein Seufzen ließ ich entweichen, diesmal weniger geduldig. Es herrschte meine Bandenmitglieder an, als wäre ich befugt dazu, sie zu rügen. Keiner schenkte Beachtung, alle waren ebenfalls darauf bedacht, unseren Anführer und seinen aktuellen Gefolgen zu ignorieren. Es war als spürte ich ihre Bemühungen, möglichst unbeteiligt zu wirken, um ja nicht mit in den Streit gezogen zu werden. Mir war es durchaus recht, nicht meinen Teil zu dieser Unterhaltung beitragen zu müssen, doch, da ich immer noch kein Ende in Aussicht stand, sah ich mich gezwungen mein Wort zu erheben. Bald zumindest.

„Wie hatte er uns so einfach entwischen können?!", schrie der Jüngste dennoch mächtigste im Bund. Ich vernahm das Knacken von Knöcheln, bevor ich mich wieder dem Geschehen zuwendete und beobachtete, wie er seinen Gefolgsmann an den Schultern packte. Unsanft begann er zu schütteln, als würde Gold aus seiner Mundhöhle quellen. Warum hatten die beiden eigentlich immer die Angewohnheit, solche Gespräche zu so späten Uhrzeiten zu führen?

Unfassbar wie sehr jeder diesem Prinzen verfallen war. Selbst unser wählerischtes Mitglied, schien ihn auf irgendeine Weise wertzuschätzen. Umso überraschender war es für alle Parteien, als der Junge sich plötzlich dazu entschloss, abzuhauen. Selbst ich, derjenige, der hier am meisten Erfahrung auf dem Buckel hatte, konnte diese Wendung nicht vorhersehen. Das er unzufrieden mit unserer Schweighaftigkeit war, sah man ihm dauerhaft auf der Stirn stehen, doch wir hatten alle gedacht, Jungkook wäre genug für ihn.

Dummer Junge, der lieber alleine durch die Straßen von Traljan wandern wollte, anstatt noch weiter in Unwissenheit zu schwelgen. Undurchsichtiger Junge. Die schwierigste Art von Mensch, das war er: Du denkst, sie seien besonders leicht zu durchschauen, mit dieser Leichtigkeit, die ihnen zu folgen schien, doch dann taten sie etwas so extrem gegen ihren üblichen Charakter. Gerade da sie so einfach zu lesen sind, übersieht man sie.

Ich schämte mich für diese Unachtsamkeit, die ich an den Tag gelegt hatte. Es war ein Fehler, den ich zu meiner Liste hinzufügen musste, einer der wenige, die mich verfolgen würden, wann immer es nichts anders zu fokussieren gab.
„Jungkook, das war niemandes schuld, was hätten wir tun sollen?!", kam es rauschend an meinen Ohren an. Ich verfolgte die Unterhaltung nur Bruchstückhaft.

Langsam spannte ich meine Muskeln an und setzte mich auf. Die Flamme flatterte neben mir, schwach lächelte sie mich an und verlangte, dass ich näher trat. Meine Augen blinzelten. Ich ignorierte die Wärme und sah zu den zwei Männern rüber. Kurz zuckte es an meinen Lippen, als ich mir immer wieder ins Gedächtnis rufen musste, dass ich es hier mit zwei erwachsenen Menschen zutun hatte. Sie verhielten sich mehr wie kleine Kinder, denen die Mutter das Spielzeug weggenommen hatte. Und tatsächlich - gewisse Parallelen ließen sich schließen.
Armer Tiger Prinz, herumgereicht wie ein totes Objekt.

𝐅𝐨𝐮𝐫 𝐒𝐲𝐥𝐥𝐚𝐛𝐥𝐞𝐬 (𝖳𝖺𝖾𝗄𝗈𝗈𝗄)Where stories live. Discover now