𝐅𝐨𝐮𝐫𝐭𝐞𝐞𝐧

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„Berühr mich.", schien eine Stimme zu hauchen, die meiner ähnelte.
Ich brauchte nichts als seine Augen um, die Emotionen in ihm zu lesen. Etwas strahlte in ihnen und übertrug sich ganz automatisch auf mich. Als würden mich die Sterne umarmen, fühlte sich dieser Moment zwischen uns magisch an.
Als würde sich ein Band um mein Herz schlingen. Irgendwann wäre es so eng, dass meine Organe anfingen zu würgen.
JK kam mir immer näher. Seine Augen glitten über meine Lippen und er pustete mit seinem Atem leicht auf sie. Ich zuckte durch die unsichtbare Berührung zusammen. Abwartend beobachtete ich jede kleine Regung seines Gesichtes.

Der Mann streichelte meine Haut, die immer noch durch seine Hände auf den Boden gedrückt wurde. Hauchzarte Fingerkuppen streiften meinen Handrücken, vollführte kreisende Bewegungen.
Ein Atem entging mir, der jegliche Angst davon trug. Meine Gedanken kannten nur einen Namen, nur die Berührung einer Person, nur ein Lebewesen. Alles andere war schlichtweg umringt von Unwichtigkeit. Nichts war mehr prägnant genug, um sich an meine Gedanken haften zu können.
Langsam überwand JK den Abstand zwischen uns und ich ließ zu, dass meine Augen sich schlossen. Die Anspannung ergriff nun auch von meinen Organgen besitz, so hatte ich das Gefühl sie zerschmolzen unter seinen Händen.
Ich konnte seine Nähe spüren, den markanten Geruch riechen, den er ganz von alleine mit sich trug. Lediglich eine Fingerspitze trennten meine Lippen davon, ihre Unschuld zu verlieren.

„Nein."
Sein ausgestoßener Laut rannte über die feinen Sensoren meines Mundes. Wie aus einem Träum erwacht, entriss ich meinen Augen die Dunkelheit und blickte in gefühlskalte Edelsteine.

Nein? Mit eingefrorenen Gesichtszügen drückte JK sich vom Boden hoch und stand eine Sekunde später über mir. Mit einem abschätzenden Blick hielt er mir die Hand hin, doch ich schlug diese davon. Abermals blinzelte ich gegen die Flüssigkeit hinter meinen Wimpern an. Gewissheit trieb sie an.

Schnell stand ich ebenfalls auf und lief an JK vorbei. Mir war es sogar lieber, bei dem menschlichen Ungeheuer zu bleiben, als ihm meine aus Scham roten Wangen offen zu legen. Schon von klein auf, hatte ich mir die Fähigkeit der Ignoranz angeeignet und bis zum heutigen Tag perfektioniert. Wenn er mir seine Gefühle verbarg, konnte ich ihm zumindest meine Worte vorenthalten.

Eilig stapfte ich durch Dickicht und versuchte, meine Gedanken von ihm abzulenken. Wie konnte ein einziger Mensch so viel Platz in meinem Gehirn beanspruchen? Mir war, als würde mein Kopf gleich aus allen Nähten platzen.
Als ich wieder an der Tür der Hütte ankam, blieb ich in der Bewegung gefangen. Eigentlich wollte ich alles andere, als da reinzugehen. Mir fehlte die Ruhe, um mich der Peinlichkeit meiner versuchten Flucht zu stellen. Mitten in der Bewegung blieb meine Hand in der Luft stehen. Musste ich mich jetzt auch noch all diesen dummen Kommentaren, die unvermeidlich folgen würden, entgegenstellen?

„Willst du sie auch öffnen?"
Erschrocken zuckte ich zusammen, als mich JK aus meinen Überlegungen herauslockte. Wut brannte in meinem Magen. Seine Stimme klang kein bisschen nach den Gefühlen, die ich noch kurz zuvor in den dunklen Edelsteinen sehen konnte.

„Also hast du vor, mich jetzt zu ignorieren?"
Herausforderung schwang in der Luft, als er seine Frage losließ. Liebend gerne hätte ich ihm etwas entgegnet, irgendetwas schlaues und entwaffnendes. Doch mein Kopf war leer. Es herrschte Dürrezeit in meinem Gehirn.
„Wirklich, hu? Mal sehen, wie lange du es aushältst, aber würdest du trotzdem bitte die Tür öffnen? Wir stehen hier seit fünf Minuten und meine Leute fragen sich, wo wir stecken."
Seine Leute. Natürlich, was hatte ich erwartet, dass er sagen würde? Dachte ich, ich wäre auf einmal Teil seines Rudels, oder so?
Mit gesenkten Haupt machte ich ihm Platz, damit er sich an mir vorbei quetschen konnte. Sein genervtes Seufzen hallte durch meine Ohren und sorgte dafür, dass ich die Innenseite meiner Wange einer weitere Misshandlung unterzog.

𝐅𝐨𝐮𝐫 𝐒𝐲𝐥𝐥𝐚𝐛𝐥𝐞𝐬 (𝖳𝖺𝖾𝗄𝗈𝗈𝗄)Where stories live. Discover now