Five

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Sobald Jimin und ich wieder auf dem Deck erschienen, wurden wir von Nile und Jac empfangen. Das Schiff lag bewegungslos im Wasser. Das junge Mädchen winkte uns zu sich, in ihrer Hand ein Stück Papier. „Also", fing sie sofort an, als wir neben ihr zum Stehen kamen, „Wir lassen das 'Rettungsboot' hier runter, damit ihr unbemerkt an die Insel paddeln könnte. Wie bereits besprochen, ist es unmöglich einfach nach Travita zu schiffen und die einzige mögliche Option ist diese Insel da." Mit ihrem Finger zeigte sie auf das schwimmende Miniland vor uns.

Ich nickte, ich erinnerte mich an die Abmachung. Sie konnten noch nichtmal mit dem Schiff anlegen, selbst wenn Lucy die Stelle ausgesucht hatte, die möglichst frei von Menschen war. Immer gab es Personen, die Alarm schlagen konnten, sollten wir uns weiter nähern.
Die Region von Uzevia ist ein wenig kompliziert zu handhaben. Denn beide Länder, sowohl Travita als auch Traljan, hatten gleichmässige Berechtigung darauf. Also teilten sie die Insel gerecht auf. Trotz dieser Umstände wurde man an den zwei Häfen nur mit einer gewissen Zulassung empfangen. Zwar waren wir nicht mal in der Nähe der Häfen, doch galt diese Regel auch für alle anderen Ankömmlinge.
Lucy hatte uns erzählt, dass es trotzdem recht viele gab, die bis hierher gekommen waren. Die größte Gefahr war das Land selbst.

Nile blickte weiterhin in die Ferne. So lange, dass wir es ihr einer nach dem andere nacheiferten. Dann erschrak sie aus ihrer eigenen Starre. Sie zeigte uns das Papier in ihrer Hand: Eine Karte. „Das ist die detaillierteste Karte, die wir haben von Uzevia.  Die sollte euch zumindest etwas helfen, euch zurecht zu finden. Wenn ihr es unbemerkt bis zum Hafen auf travitanischer Seite schafft- dann-", sie verlor sich mitten im Satz. „Also eigentlich gibt es dann noch nicht so viel zu feiern. Schließlich ist das der einfachste Teil." Sie lachte einwenig, bevor sie meinen Blick sah und sich selbst stoppte. „Schuldige. Auf jeden Fall ist das alles, was wir für euch tun können".

Ich legte meine Hand auf ihre Schultern. Neben ihr fühlte ich mich beinah riesig. Alle drei sahen wir zu ihr herab, doch sie begegnete uns mit einem kecken Grinsen. Ich bezweifelte, dass ein Mann sie je einschüchtern könnte, sei er noch so verlogen wie Damian. „Richte deiner Mutter unseren Dank aus." Damit drehte ich mich um und stieg zuerst die kleine Leiter herunter. Jac und Jimin folgten mir und sprangen ebenfalls in das kleine Boot. Wir winkten ein letztes Mal, bevor Jac die Paddel übernahm.

Langsam wurde das große Schiff mit der blauen Aufschrift immer kleiner in der Distanz. Es verlor sich erst gänzlich, als wir an Land ankamen, das Boot im Gebüsch versteckten und den Wald erreichten. Die wenigen Bäume verbargen uns vor möglichen Beobachtern, doch es war kein dichter Wald. Jimin und ich hatten während der kurzen Fahrt die Karte inspiziert. Die Insel war nicht besonders groß. Vielleicht ein-zwei Tagesmarsche mehr jedoch nicht.

Wir liefen im Gleichschritt. Zuerst blieben wir alle drei still, dann hin und wieder brach ein jemand das Schweigen. Größenteils ich. „Jac, bist du nicht von Travita?", fragte ich nach einer langen Diskussion in meinem Inneren. Womöglich hatte ich mich zu sehr auf alles andere konzentriert, dass mir jegliche Information über ihn entfallen war. Er könnte es mir jedoch ebenfalls nie erzählt haben. „Ja. Wieso fragst du so plötzlich?" Ich hielt mir einen Stamm aus dem Gesicht und ließ in nach meinem Durchgang los. Jimin hinter mir hatte damit zu kämpfen, nicht immer von meinen losgelassenen Pflanzen getroffen zu werden. Ein Blick zurück sagte mir, dass er in einer komplett anderen Welt verweilte und nicht zuhörte.

„Ich habe mich nur gefragt, wie du es damals rausgeschafft hast. Das ist alles." „Du meinst weil Travita so berüchtigt dafür ist, niemand rein oder raus zu lassen?" „Genau", meinte ich. Für wenige Momente schwieg er und zertrampelte lediglich die Pflanzen mit seinen Füßen. „Weißt zu, dieses Gerücht ist nur zur Hälfte richtig. Es ist wahr, dass die Möglichkeiten unbemerkt ins Land zu kommen und unbemerkt zu bleiben, gleich null sind, doch raus ist wesentlich einfacher. Es hat nur bisher niemand mitbekommen. Man kann jedoch gedankenfrei rein und raus kommen, mit ein paar Formularen und guten Verbindungen. Wie deine Mutter beispielsweise. Das lag einerseits an der Verbindung zu ihrer Familie und andererseits an ihrem Seratra Blut." Ich dachte über seine Worte nach. Ich konnte sie nicht recht greifen. Zu wenig wusste ich über sein Land. „Ist das auch wie du rausgekommen bist, durch Verbindungen und Formulare?" Er lachte. Mein Gesicht blieb unverändert, neugierig. „Oh ja, so kann man das nennen."

𝐅𝐨𝐮𝐫 𝐒𝐲𝐥𝐥𝐚𝐛𝐥𝐞𝐬 (𝖳𝖺𝖾𝗄𝗈𝗈𝗄)Where stories live. Discover now