Ten

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Nachdem Nile aufgewacht war und uns mit ihren verschlafenen hilfesuchenden Augen ansah, packten wir unsere Sachen zusammen. Währenddessen belagerte sie mich, als könnte sie riechen, dass etwas in der Nacht vorgefallen war. Jimin kam nach wenigen Minuten aus dem Wald zurück, mit der selben verspannten Miene wie zuvor. Reihum seufzten die Mitglieder meiner mini Bande. Jac wann immer er an die Grenzen seiner Gedanken ankam, Jimin aus Frustration und Sorge und Nile- nun- ihr war langweilig.
Und ich weil alleine das Betrachten dieser drei Blonden mir den letzten Nerv raubte.

Als unsere Spuren verwischt waren, sattelten wir die Pferde und ritten weiter. Die Luftfeuchtigkeit war kaum aushaltbar und immer wieder mussten wir kurze Pausen einlegen, um nicht zu überhitzen. Zwischendurch lichteten sich die Bäume und wir passierten Dörfer, bevor die Wand aus Wald uns erneut verschluckte. Dennoch störte die immer gleich bleibende Umgebung mich recht wenig. Ich hatte nicht so das Gefühl stehenzubleiben, wie auf einem Boot. Ob sich so auch Nile immer gefühlt hatte? Als würde sie für immer auf einer Leinwand aus blau feststecken, sich bewegen ohne jemals weiterzukommen?

Am Abend ließen wir uns nieder, blieben jedoch nur für den Schlaf. So vergingen die nächsten Tage, immer mit den selben Rhythmus und einer viel zu fröhlichen Nile an der Seite. Wir erreichten die Flüsse mit den Kontrollpunkten ohne Störungen. Alle verneigten sie sich, doch selten vor mir sondern reihum bei Jac, Jimin und hin und wieder Nile. Mich schienen sie auslassen zu wollen. Womöglich da nicht viele Menschen den König ihres Landes je zu Gesicht bekommen haben. Vielleicht lag es aber auch an meiner Ausstrahlung oder mehr an der, die mir offenbar fehlte.

Dann endlich erreichten wir Sopua, die Hauptstadt von Travita. Es war ein friedlicher Ort, mit seiner ganz eigenen Art von Schönheit. Die Stadt in Tadan war anders gewesen. Die Blumen hatte sie einzigartig gemacht, wunderschön zurecht, doch auch beengend und hoffnungslos. Sopua war frei davon. Müsste ich der Stadt ein Element zuordnen, dann wäre es ohne Zweifel Luft. Einfach und dadurch ziellos vollkommen. Es brachte mich zum Lächeln. Wer hier aufwachsen durfte, musste Gott bestochen haben.

Die Straßen waren groß genug, sodass wir mit den Pferden in einer Linie vorbei konnten. Kleine Kinder schauten mit großen Augen zu uns. Augen, denen es nicht verboten wurde, zu staunen und an eigenen dämlich simplen Erfahrungen zu wachsen. Jac lächelte ununterbrochen. Wir anderen beobachteten ihn hin und wieder.

Nicht lange und wir standen vor zwei Toren. Das Schloss schien noch in einiger Entfernung, aber weiter konnte man nicht. Ein großer Zaun umrundete ein Gebiet. Sobald ich die Türme in der Distanz sah, überfiel mich ein leichtes Zittern. Mein Kopf war zu vollgekleistert in der letzten Zeit gewesen, um sich über meine Situation bewusst zu werden. Das hier war das Reich meiner Mutter und zudem das meines- des Königs von Travita. Nervös strich ich mit der Hand über meine Hose.

Ich würde ihn jetzt wirklich treffen. In wenigen Minuten, vielleicht nicht mal mehr eine Stunde hin. Ein unbekannter Mann, dessen Kind ich sein sollte? Meine Erfahrungen mit Eltern war in den letzten Jahren nicht immer überwältigend an Liebe und Güte gewesen, was wenn sich alles einfach wiederholte? Was wenn er mich nicht mal hier haben wollte? Vielleicht war es eine Unhöflichkeit, einfach hier aufzutauchen?

„Alles okay, Taehyung?" Nile hatte sich aus dem Gespräch der anderen gelöst und mir eine Hand auf die Schulter gelegt. Ich nickte ihr mit einem halb verzweifelten Lächeln zu, das mehr auf meinen Lippen hing, als sich aufzurichten. „Oje.", murmelte diese mit einer sorgenvollen Miene. Ich schlug mir mit der Hand gegen die Stirn, als wollte ich meine Temperatur testen. Eigentlich wurde mein Kopf einfach zu schwer und benötigte Unterstützung. „Was- was wenn ich hier Fehl am Platz bin?"

Ich drehte mich ein Stück mehr zu ihr und blinzelte hinter meinen Fingern hervor. Nile dagegen fing an zu lachen. „Hey! Du könntest dir ruhig mehr Sorgen um mich machen anstatt mich auszulachen!" Das hielt sie wenig auf. „Das sind deine Bedenken?" „Ja und es wäre nett, wenn du dich nicht darüber lustig machen würdest." Sie presste die Hand vor den Mund und murmelte mir eine Entschuldigung entgegen. „Aber darüber brauchst du dir doch nicht deinen Kopf zerbreche! Du bist hier genau richtig. Jac hat sich schließlich nicht von alleine geschickt." Sie zwinkerte und mir rutschte meine Bedenken vom Gesicht. Ah ja richtig.

𝐅𝐨𝐮𝐫 𝐒𝐲𝐥𝐥𝐚𝐛𝐥𝐞𝐬 (𝖳𝖺𝖾𝗄𝗈𝗈𝗄)Where stories live. Discover now