𝐅𝐨𝐮𝐫

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Einige Zeit später, nachdem ich JKs tiefe Atemzüge vernahm, hörte ich Schritte. Inständig hoffte ich, dass es nur die Wachen waren, die ihren Posten öfter als üblich wechselten. Doch natürlich war ich im Unrecht. Ein Soldat schloss die Tür auf und betrat die Zelle, gefolgt von zwei weiteren Männern.

Ich traute meinen Augen nicht, als ich sah, wer sich hier nach unten begeben hatte. Mit einem schaurigen Blick sah mir der älteste meiner Brüder in die Augen. „Lange nicht gesehen, Bruder." gab er spöttisch von sich. Ich schluckte nur, während ich ihn und seine Männer von meiner Position aus beobachtete. Diese interessierten sich jedoch nicht lange für mich, sondern schenkten JK ihre volle Aufmerksamkeit.

Wie lange war es her, dass mein Bruder und ich auf einer Ebenen waren? Hatte er sich überhaupt je hier blicken lassen?

Dieser sah den Verletzten mittlerweile herablassend an und fragte in den Raum hinein: „Das ist also der, der nicht reden will." Wieder spalteten sich seine Lippen zu einem Lächeln. „Mal sehen, ob ich das nicht ändern kann." Eine dunkle Vorahnung breitete sich in meinem Magen aus.

Schneller als ich denken konnte, handelte ich. Mit Schwung ließ ich mich auf meine Füße plumpsen und sprintete quasi zu meinem Zellengenossen, der immer noch schlafend an der Wand lehnte. „Du fasst ihn nicht an!" Beschützerisch stellte ich mich vor JK. Mutiger als ich mich fühlte, starrte ich die Besucher an. Etwas verwirrt blickten die zwei Soldaten einander an. So hatten sie mich wahrlich noch nicht gesehen. Auch mein Bruder wirkte zuerst etwas verstört. Er betrachtete mich als wäre ich eine Fliege, die plötzlich begann zu singen.
Doch er fing sich schnell wieder.

„Na sieh mal einer an, mein Bruder besitzt eine Stimme. Ich dachte schon, du wärst während deines Aufenthaltes hier verstummt. Wieso hast du die mir so lange vorenthalten?" Verbissen ignorierte ich ihn und wiederholte mich.

„Lass JK in Ruhe."

Das fette Grinsen auf dem Gesicht meines Bruders wurde größer. „JK, also? Bruder, willst du mir nicht erzählen, über was ihr zwei hübschen euch so unterhalten habt?" Meine Entschlossenheit flackerte für einen Moment, als mir mein Fehler bewusst wurde. „Er hat mir nichts gesagt. Er heißt nicht mal wirklich so. Das ist ein Spitzname." Der schwarzhaarige Mann vor mir machte ein überlegendes Gesicht. „Mhm. Ich bin nicht sicher, ob ich dir das glauben soll, Taehyungie. Aber du würdest mich doch nicht anlügen, nicht wahr?" Von der Angst ihm gegenüber gefangen, nickte ich. Irgendwas hatte er vor, das sah man an seinen Augen. Dieses Funkeln hatten sie nur, wenn ihm etwas einfiel. Und seinem verrückten Gehirn fiel immer etwas ein.

„Na gut. Wenn dieser Junge dir so wichtig ist, lassen wir ihn in Ruhe. Wir sehen uns eh spätestens beim Fest wieder." Mit einer Geste schickte er seine Männer aus dem Raum, schlich selbst durch die Tür und ließ sie hinter ihnen abschließen. Vor den Gittern blieb er stehen, während sich sein Mund noch einmal öffnete, um seinen Befehlen kund zu tun. „Besorgt den Gefangenen etwas zu essen und eine Decke. Außerdem sollte sich jemand die Verletzungen ansehen. Wir wollen doch nicht, dass hier jemand stirbt, bevor ich es befehle." Ein kurzes Zwinkern folgte dem schadenfrohen Lächeln. „Jawohl, Sir.", hallte es durch die Flure, während sie sich entfernten. Als geschlossene Einheit marschierten sie davon und ließen mich, einen völlig verwirrten Jungen, und JK zurück. Decken, Essen, einen Arzt? Das war viel zu lieb für seine Verhältnisse.

„Warum hast du das gemacht?" Eine Stimme weckte mich aus meinen Überlegungen und zwei Edelsteine funkelte mich böse an. Überrascht blickte ich zu ihm. „Du schläfst ja gar nicht", gab ich dämlich von mir. „Was sollte das werden?" Der junge Mann ging nicht auf meine Aussage ein. „Irgend so eine dämliche Heldenaktion? Ich verrate dir mal eins, Kleiner. Ich brauche deine scheiß Hilfe nicht. Ich komme gut ohne dich klar, also hör auf mich beschützen zu wollen. Das nervt." Mitleidlos haute er mir die Worte um die Ohren. Sein Ärger ließ mich schlucken. Gerne wäre ich jetzt heulend weg gerannt, doch es gab keinen Platz, wo ich mich hätte verstecken könnte. So kehrte ich nur gespielt uninteressiert zu meinem Bett zurück. „Okay, wenn du meinst." Ich setzte mich mit dem Rücke zu JK hin und versuchte meine Gefühle ihn den Griff zu bekommen. Wieso war ich auch so verdammt sensibel? Viel zu sensibel für eine so gefühlskalte Umgebung. Und damit waren nicht nur die kalten Mauern des Schlosses, sondern auch die Menschen, die ihn ihnen hausten, gemeint.

𝐅𝐨𝐮𝐫 𝐒𝐲𝐥𝐥𝐚𝐛𝐥𝐞𝐬 (𝖳𝖺𝖾𝗄𝗈𝗈𝗄)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt