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Manuel

"Du musst sie ja nicht Teil der Familie werden lassen. Wenn du doch so sehr auf sie stehst, dann schlaf doch einfach nur mit ihr. Eine kleine Affäre würde dir mal ganz gut tun.", faucht sie zurück.

"Du weißt ganz genau, dass ich keine Frauen ficke, wenn ich nichts für sie empfinde."

"Genau, deshalb kannst du sie ja ficken. Das sieht ja ein Blinder mit Krückstock, dass du was für die Kleine empfindest.", widerspricht sie mir.

Stumm ziehe ich an meiner Zigarette.

"Oder ist das noch was anderes, was dich davon abhält?", überlegt sie laut und schaut mich intensiv von der Seite ein.

Ich beiße mir auf die Innenseite meiner Wange und schnipse die Asche meiner Zigarette auf den Boden.

3...2...1

"Manuel, das gibt Flecken!", höre ich meine Tante rufen.

"Und es ist meine Terrasse.", rufe ich nüchtern zurück und drücke meine Zigarette absichtlich auf dem hellen Stein aus.

"Ne, oder?", ergreift meine Cousine nun wieder das Wort.

"Was denn?", frage ich eine Spur zu zickig und schaue sie genervt an.

"Die Kleine ist Minderjährig.", stellt sie nach ausreichender Überlegung fest.
"Die ist minderjährig und deshalb bist du so schlecht gelaunt! Du bist frustriert, weil du nicht das mit ihr machen kannst, was du eigentlich mit ihr machen würdest."

"Celeste, ich rede nicht mit dir darüber, wie ich Frauen ficke.", verdrehe ich die Augen.

"Habe ich recht?", übergeht sie meine Wörter gekonnt.

"Mag schon sein. Aber das ist nicht der einzige Grund. Sie weiß nichts von all dem hier und das soll auch so bleiben."

"Wann wird sie 18?", ignoriert sie mich.
Führe ich hier etwa einen Monolog?

"In knapp zwei Wochen, oder so.", brumme ich und wende meinen Blick ab, weil es mir langsam unangenehm wird.

"Oder so?"
Schmunzelnd verschränkt sie die Arme vor ihrem Körper und sieht mich abwartend an.

"In 16 Tagen."

"Ich wusste, dass du die genaue Zahl kennst.", lacht sie laut, weshalb ich sie ermahne.

"Spielt absolut keine Rolle. Nur weil sie in 16 Tagen volljährig ist, schlafe ich nicht gleich mit ihr.", beende ich das Gespräch und öffne die Terrassentür.

"Werden wir ja sehen.", flüstert sie und läuft mir hinterher.

"Du wirst gar nichts sehen.", zische ich und schließe die Tür wieder.

"Manuel, die Flecken kriegt man nie wieder raus.", lässt meine Tante nicht locker. Mein Blick liegt währenddessen ununterbrochen auf Kiara, die schnellen ihren Kopf senkt und auf ihren Hände blickt, die in ihrem Schoß liegen.

"Lass ihn, er wird es nicht lernen.", misch sich mein Onkel ein.

"Ja, das hat er von dir.", feuert meine Tante zurück und greift nach ihrer Kaffeetasse.

Ich presse meine Lippen zusammen, um nicht laut los zu lachen und auch Kiara muss sich ein Lachen verkneifen.

"Soll ich dir in ein Hotel besorgen in drei Wochen oder schläfst du bei uns?", übergeht mein Onkel den fiesen Spruch seiner Frau und pflückt sich eine Weintraube aus dem Obstkorb.

Auch wenn es eine ganz normale Frage ist, kippt die Stimmung plötzlich. Alle schauen mich an und warten auf meine Antwort und sogar Kiara bemerkt, dass diese Frage mehr in mir auslöst, als sie sollte.
"Ein Hotel."

"Du weißt, dass du jederzeit auch bei uns schlafen kannst.", will Amara mich trösten.

"Was ist denn in drei Wochen?", traut sich Kiara zu fragen.

Erst wandern alle Augenpaare zu dem hübschen Mädchen, dann zurück zu mir.
"Ich habe das beste Obst und die besten Brötchen bestellen lassen. Bedient euch.", übergehe ich ihre Frage und reiche meiner Tante zuerst den Brötchenkorb.

"Es ist der-"

"Celeste, da ist auch laktosefreier Joghurt für dich.", unterbreche ich meine Cousine laut und deutlich.
Wenn, dann soll Kiara es von mir erfahren. Außerdem ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt dafür.

Kiara wendet ihren Blick gekränkt ab, als ich zu ihr schaue. Ich presse meine Lippen zusammen, weil ich das Bedürfnis bekomme, sie in den Arm zu nehmen. Sie muss sich gerade schrecklich unwillkommen fühlen, aber ich kann und will es ihr nicht hier erzählen.

"Kiara, hier.", spreche ich sie an, weil ich ihre Aufmerksamkeit haben will.
Ohne mich anzusehen, schaut sie in den Brötchenkorb, den ich ihr hinhalte.

"Das Croissant ist für dich. Das isst du doch gerne, oder?", füge ich leise an und warte, bis sie mir eine Antwort gibt.
Doch sie kommt nicht.

Stattdessen greift sie stumm nach einem Brötchen, anstatt nach dem Croissant, dass ich extra für sie bestellt hatte.

"Guten Appetit.", bricht meine Tante die unangenehme Stille zwischen Kiara und mir und erinnert mich daran, mich hinzusetzen und nicht wie ein Idiot vor dem Tisch stehen zu bleiben.

"Danke.", brumme ich enttäuscht und schaue wieder zur Kiara herüber, die leise ihr Brötchen aufschneidet.
Sie ignoriert mich vollkommen.

"Du hast dieses Jahr noch keinen Urlaub gemacht.", wechselt mein Onkel das Thema.

"Und.", frage ich nüchtern und packe Schinken auf mein Brötchen.

"Manuel, benimm dich anständig und rede nicht so mit mir.", weist er mich zurecht.

"Ich habe eben noch keine Zeit gehabt.", drücke ich mich richtig aus und beiße von meinem Brötchen ab.

"Deshalb machst du drei Wochen Urlaub, nachdem du uns besucht hast.", kontert er und reicht mir eine Serviette.

"Ich würde mir meinen Urlaub gerne selber legen.", brumme ich und nehme ihm die Serviette aus der Hand.

"Manuel, fang nicht so an wie dein Onkel. Du arbeitest, seit du hier bist, ununterbrochen. Das ist nicht gut.", mischt sich meine Tante ein.

"Ich kann aber keinen Urlaub machen, solange-"
Ich unterbreche mich selber, aber jeder hier am Tisch weiß, was ich sagen wollte.

Jeder weiß es, außer Kiara.

"Das ist Schwachsinn.", versucht Miguel mich zu beruhigen.

"Schwachsinn? Du erzählst mir was von Schwachsinn? Wer hat denn seine Frau damals genau aus diesem Grund tagelang weinend alleine zu Hause gelassen? Wer hat seine Frau denn deshalb fast verloren? Aber das weißt du ja alles gar nicht! Denn du warst ja nicht da. Aber weißt du, wer da war? Dein 4 Jähriger Neffe, der jeden Tag mitbekommen hat, wie seine Tante leidet! Wie sie jedes Mal voller Hoffnung zur Tür geschaut hat, weil sie glaubte, dass es ihr Ehemann ist, der endlich wieder heimkehrt. Und ich war es, der zusehen musste, wie sie jedes Mal enttäuscht in Tränen ausgebrochen ist, weil es jemand anderes war, der heimgekommen ist.", werde ich wütend.

"Manuel.", ermahnt mich Amara.
"Das ist eine Sache zwischen Miguel und mir. Das hat hier nichts am Tisch verloren."

"Ach komm. Hast du jetzt auch noch vergessen, wie schlecht es dir ging?", frage ich fassungslos und schaue zwischen den beiden umher.

"Ich selber hatte nicht einmal Zeit um meine Eltern zu trauern, weil ich viel zu sehr damit beschäftigt war, dass deine Frau wieder glücklich wird!"

"Manuel!"
Miguel ist aufgestanden und schlägt wütend auf den Tisch.

"Pass auf wie du mit meiner Frau redest. Wenn du ein Problem hast, dann kläre das mit mir. Aber nicht hier vor meiner Tochter, meiner Frau und Kiara. Das ist feige!", wird er laut.

"Ihr könnt mich mal.", brumme ich, knalle die Serviette auf den Tisch und erhebe mich.

"Du rennst jetzt nicht weg, Manuel.", warnt mich meine Tante.

"Ich gehe rauchen!", rufe ich spottend.
"So wie dein Mann. Der ja immer nur rauchen war, anstatt sich zu kümmern!"

Schwarz wie die NachtWhere stories live. Discover now