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Manuel

"Jetzt muss ich aber wirklich los.", beende ich die Umarmung, nachdem ich auf meine Uhr geschaut habe.

"Du kommst doch wieder, oder?", fragt sie mich plötzlich.

Ihre Frage lässt mich Inne halten.
"Klar.", erwidere ich nicht ganz so selbstsicher.

"Okay.", haucht sie.

Als ich meine Finger unter ihr Kinn lege und sie zwinge mich anzusehen, glänzen ihre Augen.
"Nicht weinen. Mach es mir nicht zu schwer, Kleines."

"Ich weine nicht.", leugnet sie.

"Schon gut.", murmel ich und küsse zum Abschied ihre Stirn.
"Nur zwei Tage, dann bin ich wieder da."

Ich lasse ihr Kinn los und drücke die Türklinke hinter mir herunter.

"Pass auf dich auf.", flüstert sie traurig.

"Immer. Und du versprichst mir auf Julio zu hören, okay?", bitte ich sie im Gegenzug und öffne die Tür.

"Okay.", nickt sie.

Zufrieden lächel ich ihr zu, bevor ich sie alleine im Zimmer zurücklasse. Ich ziehe die Tür hinter mir zu und laufe zügig den Flur entlang.
"Wehe du machst deine Arbeit nicht richtig. Und lass dich nicht bequatschen. Sie geht nicht auf diese dreckige Bühne!", stelle ich noch einmal klar, bevor ich mich ins Auto setze.

Lächelnd winkt Julio mir zu, während ich vom Hof fahre.

"Idiot.", brumme ich leise und drücke das Gaspedal durch.

Dieser Kerl wird schon sehen, was passiert, wenn er nicht richtig auf meine Kleine aufpasst. Er soll bloß nicht denken, dass ich nichts mitkriege, nur weil ich für 24 Stunden das Land verlasse.

Meine Augen sind überall.

Kiara

"Kiara?"

Stirnrunzelnd laufe ich zur Tür und öffne sie vorsichtig.
"Julio.", stelle ich erleichtert fest.

Ich öffne die Tür ein Stück weiter und winke ihn herein, doch er lehnt ab.
"Manuel würde es nicht gut finden, wenn ich in Ihr Zimmer gehe. Lass uns ins Büro.", schlägt er vor.

"Manuel ist aber nicht hier.", merke ich skeptisch an.

Er schmunzelt.
"Glauben Sie mir, auch wenn er nicht hier ist, ist er trotzdem hier.", lässt er sich nicht überreden.

Widerwillig folge ich ihm ins Büro.
Manuel hat mir gar nicht vorzuschreiben, wer mein Zimmer betreten darf und wer nicht.

"Kiara.", beginnt Julio und lehnt die Bürotür hinter sich an.
"Ich hoffe, Sie sind mir nicht mehr all zu böse. Ich wollte Sie nicht hinters Licht führen oder sie verarschen. Silvia und ich sind an Manuels Anweisungen gebunden. Ich hoffe, Sie können uns beiden verzeihen."

"Nein Nein.", schüttel ich schnell den Kopf.
"Ich hätte euch nicht so angehen dürfen. Ihr konntet da nichts für. Außerdem war das eine Sache zwischen Manuel und mir. Ich muss mich bei euch entschuldigen."

"Sie haben ein großes Herz.", nickt er stolz.
"Wie kommen Sie damit klar?"

Nachdenklich setze ich mich auf die Couch, während Julio sich mit verschränkten Armen gegen die Schreibtischkante lehnt.

"Am Anfang war es schwer. Ich dachte, dass er einfach nur ein eiskalter Mörder ist. Aber vorgestern hat er mir alles erklärt und jetzt kann ich es irgendwie verstehen. Besser gesagt nachvollziehen.", korrigiere ich mich und schaue auf meine Hände.

Im Augenwinkel sehe ich, wie er nickt.
"Ja. Ja es ist schwierig am Anfang. Die Familie Jimenez ist nicht einfach- wirklich nicht. Ich bin vor 4 Monaten mit Manuel nach Brasilien gekommen. Ich hatte Manuel in Mexiko nur bei kleinen Ausflügen unterstützt. Er war nicht gerade begeistert, dass sein Onkel wollte, dass ich mitgehe. Wenn Sie mich fragen, Kiara, dann ist er immer noch nicht begeistert.", lacht er leise.

Schmunzelnd schaue ich zu ihm herüber.

"Aber solange Miguel Jimenez hinter mir steht, ist noch nichts verloren. Ich gebe Manuel nicht auf.", zwinkert er mir freundschaftlich zu.
"Immerhin ist er in gewisserweise auf meine Unterstützung angewiesen - ob er will oder nicht."

"Was machst du für ihn?", frage ich neugierig.

"Nichts großes. Ich mache einige Erledigungen mit Silvia, hin und wieder nehme ich ein paar Termine wahr, auf die er keine Lust hat. Und dann entsorge ich die ein oder andere Leiche.", erklärt er mir.

Ich nicke.

"Vor zwei Monaten habe ich ihm das Leben gerettet, das kratzt wohl heute noch an seinem Ego.", macht er sich über Manuels Verhalten lustig und bringt mich zum Lachen.

"Das Manuels Ego ziemlich groß ist, habe ich auch schon in Erfahrung bringen können.", stimme ich mit ein.

"Es wundert mich, dass er mich überhaupt hergeschickt hat. So wenig Vertrauen wie er in mich hat.", lacht er nun etwas lauter.

"Ich hoffe, er hat nicht auch seine Ohren überall?", kichere ich, weil er mit Sicherheit sonst an die Decke gehen würde.

Julio kann sich ein lautes Lachen nicht verkneifen.
"Wenn was ist, finden Sie mich hier.", beendet er unser Gespräch.

Breit grinsend stehe ich vom Sofa auf und laufe an ihm vorbei zur Tür.
"Danke."

"Ach, Kiara.", hält er mich auf, als ich die Türklinke herunter drücke.

"Ja?

"Wollen Sie hier im Club übernachten?", fragt er mich skeptisch und wirft einen unzufriedenen Blick auf das Sofa.

Ich beginne zu Lachen.
"Lass mich raten. Manuel will, dass du auch nachts hier bleibst, aber du willst nicht auf dem Sofa schlafen?"

"Es sieht nicht bequem aus.", merkt er an.

"Ich arbeite nachts.", erkläre ich ihm, dass ich Nachts eigentlich sowieso nicht schlafe und ihm nichts anderes über bleibt, als sich auf das Sofa zu legen.

Er verdreht gekränkt die Augen.
"Eine Nacht werde ich es aushalten."

"Mit Sicherheit.", spreche ich ihm meine Unterstützung aus und verlasse dann kichernd das Büro.
Ich weiß gar nicht, was Manuel gegen ihn hat.

Immerhin lacht er viel und auch sonst scheint er wirklich in Ordnung zu sein.

Schwarz wie die NachtWhere stories live. Discover now