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Kiara
09:47 Uhr

"Hier Kleines, setz dich. Frischer Orangensaft kommt sofort.", flüster Silvia mir zu, als ich ins Esszimmer komme.
Ich ziehe die Ärmel von Manuels Hemd über meine Hände, weil ich mich plötzlich unwohl fühle. Sie gibt sich so viel Mühe.

"Wenn dir kalt ist, mache ich dir die Heizung wärmer. Soll ich? Den Kamin kann ich dir nicht anmachen, ich kriege das nie hin. Sonst macht Manuel das immer, aber er schläft noch.", kichert sie und deutet auf das Sofa.

Er schläft auf dem Sofa?

"Schläft er auf dem Sofa?", spreche ich meine Gedanken flüsternd aus und versuche einen Blick hinter die Sofalehne zu erhaschen.

"Ja, du schläfst doch in seinem Bett.", runzelt sie fragend die Stirn und schüttet mir dann Orangensaft ins Glas.
"Setz dich und iss. Du hast gestern kaum was gegessen, das ändert sich jetzt. Wenn Manuel nicht aufpasst, dann tue ich das. Und gleich gehen wir in den Garten, damit du auf andere Gedanken kommst.", plant sie meinen Tag und drückt mich auf den Stuhl, bevor sie mir ein Croissant auf den Teller legt.

"Setz dich doch auch.", bitte ich sie.
Als ich hochschaue und gleichzeitig an meinem Orangensaft nippe, folge ich ihrem Blick, der hinter mir liegt.
Meine Augen treffen auf Manuels Körper, der nur mit einer tiefsitzenden Sweatshorts bekleidet ist.
Prompt verschlucke ich mich an dem Saft und schnappe hilflos nach Luft.

"Manuel, du siehst gar nicht gut aus. Du musst mehr schlafen und weniger Arbeiten.", schüttelt sie enttäuscht den Kopf und klopft mir nebenbei auf den Rücken.

Er sieht nicht gut aus?

Er sieht nicht gut aus?

Und wie gut er aussieht.

Seine Bartstoppeln runden sein markantes Gesicht ab und die strubbeligen Haare auf seinem Kopf-

"Du musst atmen, Kleines.", unterbricht Silvia meine Gedanken.

"Geht schon, geht schon.", japse ich außer Atem und hebe meine Hand leicht, damit sie aufhört, mir auf den Rücken zu klopfen.
Im Augenwinkel sehe ich, wie Manuel halbnackt auf mich zu kommt, weshalb ich versuche seine Gestalt zu ignorieren.

Himmel, wie verdammt gut kann man morgens aussehen?

Er könnte jetzt alles von mir verlangen und ich würde es ohne mit der Wimper zu zucken tun.

Schnell beiße ich von meinem Croissant ab, während Manuel zeitgleich seine linke Hand auf dem Tisch neben meinem Teller abstützt und die andere auf meine Stuhllehne legt.
"Hey.", begrüßt er mich und küsst meine Wange.

Nicht einmal.

Nein, zwei mal.

"Wenn ich richtig sehe, ist das mein Hemd, das du da trägst.", raunt er mir zu und nimmt mir das Croissant aus der Hand, um ein Stück abzubeißen und es dann wieder zurück auf meinen Teller zu legen.
"Aber ich werde dazu ausnahmsweise nichts sagen, weil du verdammt heiß aussiehst.", flüstert er abschließend und entfernt sich von mir, jedoch nicht ohne mit seinen Fingern über mein Dekollete zu gleiten.
Federleicht gleiten seine Fingerkuppen über meinen Ausschnitt, bevor er seinen Zeigefinger über mein Brustbein zwischen meine Brüste führt und ihn dann langsam wieder entfernt.

Perplex schaue ich ihm nach, wie er in der Küche verschwindet, und bemerke erst jetzt sein großes Tattoo auf dem trainieren Rücken.

"Hast du Kaffee da?", höre ich ihn Silvia fragen, während ich noch immer auf meinem Croissant kaue.

"Ja, hier. Frisch.", scheint sie ihm etwas zu geben.

"Dein Essen gestern war fantastisch. Zara hat sich den Rest mit nach Hause genommen.", lobt er sie nun, als er wieder aus der Küche läuft. Ich senke den Kopf und starre auf mein halbes Croissant, als er sich direkt vor mir an den Tisch setzt und Silvia ihm Kaffee eingießt.

"Kiara hat gekocht. Für euch beide und nicht für dich und Zara.", klärt Silvia ihn auf und zwinkert mir zu.
Mit hochrotem Kopf wende ich meinen Blick ab und zupfe das Innenleben aus meinem Croissant.

"Du hast gekocht?", fragt er überrascht und stellt seine Kaffeetasse wieder auf den Tisch.

"Sie wollte sich entschuldigen und hat den ganzen Abend in der Küche gestanden. Nur damit du Idiot erst um Mitternacht mit einer anderen Frau heim kommst.", spricht sie für mich.

"Kann Kiara auch selber sprechen, Silvia?", wird Manuel ungeduldig und schaut die ältere Frau warnend an.
Beleidigt dreht sie sich weg und lässt mich und Manuel alleine.

"Du hast gekocht?", wiederholt er seine Frage nun deutlich entspannter und sieht mich fast mitleidig an.

"Ja, ich wollte mich entschuldigen. Silvia meinte, dass du gegen 21 Uhr wieder kommst.", erkläre ich ihm fast flüsternd.

"Wenn ich das gewusst hätte, dann wäre ich schon viel eher wiedergekommen."

Seine Worte überraschen mich zwar, trotzdem beruhigen sie mich nicht.
"Der Sex mit ihr war vermutlich sowieso viel besser als mein dämliches Essen."

"Bitte?", hakt er nach, weil ich die Worte absichtlich genuschelt habe.

"Silvia hat mir erzählt, was zwischen dir und dieser Zara lief.", spreche ich nun deutlicher.

"Und hat sie dir auch erzählt, wie lange das her ist? Sie ist meine Anwältin, mehr nicht. Gestern haben wir ein Geschäft für mich abgewickelt. Ich habe eine Firma gekauft, deshalb haben wir uns getroffen. Weil ich den Preis drücken konnte, wegen einiger Mängel, haben wir etwas länger gefeiert, als wir eigentlich sollten. Deshalb bin ich so spät gekommen.", erklärt er mir ruhig.

"Okay.", spreche ich nüchtern.

"Ich hatte ihr gesagt, dass Silvia Essen gekocht hat, deshalb wollte ich sie nicht ausladen. Das wäre unhöflich gewesen. Wenn ich gewusst hätte, dass du das Essen für uns beide gekocht hast, dann hätte ich sie natürlich nicht mitgebracht und dann hätte sie den Rest auch gar nicht erst mitnehmen dürfen.", fährt er fort, weil er merkt, dass er mich nicht aufmuntern kann.

"Verzeih mir, das war nicht meine Absicht. Wie kann ich das wieder gut machen?", entschuldigt er sich und sieht mich abwartend an.

Ich öffne meinen Mund, schließe ich jedoch kurz darauf wieder, weil meine Frage absolut drüber sein wird.

"Wenn du nicht willst, dass ich mich privat mit ihr treffe, dann lasse ich das. Das ist kein Problem für mich.", beantwortet er mir meine Frage, die ich gar nicht erst ausgesprochen habe.

"Du musst das nicht wegen mir machen.", verneine ich.

"Aber es würde dich beruhigen, wenn ich mich nicht privat mit ihr treffe. Oder?", hakt er nach und wartet geduldig auf eine Antwort von mir.

"Schon, aber ich bin doch gar nicht in der Position, um dir zu sagen mit wem du dich treffen darfst und mit wem nicht.", runzle ich die Stirn.
Er soll sich bloß nicht von mir kontrolliert fühlen.

"Lass das mal meine Sorge sein.", zwinkert er mir zu.

Schwarz wie die NachtWhere stories live. Discover now