Capitulo 143

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Kiara

Gelangweilt blicke ich auf die schwere Stahltür, die vor einigen Minuten laut zugefallen ist, nachdem Manuel mit einem seiner Leute aus der Sporthalle ist. Der Anruf, den er bekommen hat, hörte sich nicht gut an. 

Angespannt.

Laut. 

Sein schweres Seufzen klingt noch immer in meiner Ohrmuschel.
"Ich muss kurz weg. Du kannst solange Pause machen.", hatte er gesagt, bevor er mit zügigen Schritten dem kräftigen Mann hinterher ist. 

"Hi Kiara."
Julio schiebt sich durch den kleinen Spalt der dicken Tür. Man merkt, dass er sie kaum aufbekommt. 

Ganz anders als Manuel, der die Tür meist so mühelos schwungvoll öffnet, dass sie fast aus der Angel fliegt.

"Hi.", erwidere ich und setze mich etwas aufrechter hin, damit er nicht denkt, dass ich kaputt bin. 
Zumindest soll er es mir einfach nicht ansehen. 

"Siehst ganz schön k.o aus, was hat er mit dir gemacht?", schmunzelt Julio als erstes, bevor er auf mich zu kommt und sich letztendlich neben mich auf die dicke Sportmatte hockt. 

Toll. 

Das mit dem verstecken hat ja gut geklappt. 

"Er quält mich.", murmel ich erschöpft vor mich hin, bevor ich mich theatralisch rückwärts auf die Matte fallen lasse und an die hohe Decke starre. 

"Da bist du nicht die einzige, das verspreche ich dir. Mich quält er schon seit 2 Jahren, verbal und physisch.", lacht Julio leise und schaut danach kurz zur dicken Stahltür, um sicherzugehen, dass wir auch wirklich alleine sind. 

Seine Worte entlocken mir ein leises Lachen.
"Weißt du, wo er hin ist?"

"Geschäfte. Mehr darf ich dir nicht sagen.", zuckt er mitleidig mit den Schultern und schaut danach auf seine glänzenden Lackschuhe, um nicht in mein Gesicht sehen zu müssen. 

"Ist etwas passiert?", lasse ich dennoch nicht locker, weil ich die Hoffnung habe noch die ein oder andere Antwort aus ihm herauszukitzeln.

"Es geht um irgendeinen Staatsanwalt hier aus Sao Paulo, mehr weiß ich wirklich nicht. Ich glaube er hat ihn beschatten lassen und eigentlich sollte er gestern Nacht umgelegt werden. Wahrscheinlich ist etwas schief gegangen."

Auch wenn er mir nur die gröbsten Details erzählt, kann ich direkt eins und eins zusammen zählen. 

"Dieser Mistkerl.", zische ist und stehe von der Matte auf, um Manuel zu suchen. 

"Kiara! Kiara, warte. Ich hab die Anweisung, dass ich hier mit dir warten soll. Kiara er köpft mich!", ruft Julio mir aufgebracht hinterher, doch davon lasse ich mich nicht beirren.

Der Gang, der aus der Turnhalle direkt durch den Keller führt, kommt mir plötzlich unfassbar lang vor und auch die Gedanken an den toten Mann hinter der Holztür links von mir lassen meinen Puls nicht sinken. 

Manuel hat tatsächlich Jose's Tötung veranlasst, obwohl ich ihm ausdrücklich gesagt habe, dass er ihn in Ruhe lassen soll. 

"Wo ist er?", frage ich den Mann vor dem Kellereingang eine Spur zu unfreundlich. Seine Augen wandern zu mir herunter, doch seine Lippen bewegen sich nicht. Es scheint, als würde er nicht mal atmen. 

"Ich habe gefragt, wo er ist.", wiederhole ich mich. 

"Kiara.", höre ich Julio erschöpft schnaufen, während er sich die letzten Treppenstufen hochquält. 

"In seinem Büro.", räuspert sich der große Kerl nun doch, bevor er seine Augen schnell von mir nimmt. 

Natürlich, wo auch sonst. 

Wütend, doch gleichzeitig mit einem unwohlen Gefühl im Bauch, eile ich über den Flur hin zu Manuels Büro. Noch bevor ich an der Tür ankomme, höre ich laute Stimmen. Erst Manuels, dann eine mir unbekannte und letztendlich eine flehende. 

Eine flehende, die Ähnlichkeit hat mit der von Jose. 

"Manuel, was soll der Schei-"

Ich werde unterbrochen von feuchten Tropfen, die auf meinem Gesicht, meinem Hals, meinen Armen, meine Haaren und meinen Beinen landen. Ja fast überall wird es feucht, während ich reflexartig meine Augen geschlossen halte. 

Dann dröhnen meine Ohren. 

"Mierda.", höre ich jemanden Fluchen, dann folgt ein dumpfes Geräusch. Etwas fällt auf den Boden; etwas schweres. 

Wie ein Sack. 

Mein Herz rast, bevor ich meine Augen öffnen will. 

"Nicht.", höre ich Manuel. 
"Nicht die Augen öffnen, bitte.", wiederholt er sich.

"Was ist das auf meiner Haut.", flüstere ich nervös und kneife meine Augen fester zusammen. Während die Flüssigkeit langsam in meine Augen fließt, spüre ich das Brennen auf meiner Bindehaut immer stärker. 

"Bleib ganz ruhig, ich mache dich sauber.", murmelt Manuel, während er anscheinend auf mich zugeht und sich dazu entschieden hat, mich nicht aufzuklären. 

"Meine Augen brennen, was ist das.", erwidere ich panische und fuchtel vor meinem Gesicht um her, weil ich langsam Panik kriege. 

"Bleib ruhig.", brummt Manuel und versucht scheinbar vergeblich nach meinen Handgelenken zu greifen. Ich weiche aus, stolpere einige Schritte über eine Teppichkante, bevor ich auf etwas hartes trete, das plötzlich widerlich knackt. 
Ich reiße die Augen auf, während ich falle, und sehe die Leiche von Jose zu meinen Füßen. 

Kreischend falle ich hin, direkt in die Blutlache neben seinem Kopf. Das Blut fließt in strömen aus seinem Hirn und ich bilde mir eine kleine Stücke von seinem Hirn zu sehen. 

Es platscht widerlich laut, als ich mit meinem Gewicht in die Blutlache falle und vergeblich versuche mich aus der nach Eisen riechenden Pfütze zu robben. 

"Nein, nein.", flehe ich einem Heulkrampf nahe. 

Ich sehe nichts mehr, meine Sicht ist gehemmt von Tränen und Blut. Ich robbe mich weiter auf den Teppich; versuche das Blut von mir zu kriegen. Plötzlich ist es überall auf mir. Ich sehe keine Stelle, die noch rein ist. 

"Kiara.", höre ich Manuels Stimme, während er langsam auf mich zu kommt. 

"Das muss ab. Das soll ab. Bitte mach, dass es verschwindet.", kreische ich weinend, während ich versuche das Blut abzurubbeln. 

Erfolglos. 

"Ich mache alles was du willst, aber du musst dich beruhigen."


Schwarz wie die NachtWhere stories live. Discover now