- 66 -

5.8K 247 8
                                    

Kiara

"Ich wusste nicht, dass du ihn deshalb getötet hast. Die Schlagzeilen waren so aufgebaut, dass ich dachte, dass du ihn getötet hast, weil er schlecht über dich gesprochen hat. Du weißt schon, wegen der Kriminalität und so.", flüstere ich heiser.

"Du musst dich nicht entschuldigen, Kiara. Das musst du wirklich nicht.", versucht er mich zu beruhigen.
"Tatsächlich war ich an dem Tag genau deshalb bei ihm. Er war korrupt - er hat mit mir zusammengearbeitet. Deshalb hatte er keinen Grund bei der Presse über mich zu reden. Ich wollte ihn zur Rede stellen, aber dann hat das Schwein seinen Tod ja eigenhändig besiegelt.", spottet er belustigt.

"Wie gesagt - Ich töte niemanden, der unschuldig ist. Es sind meistens Männer, die mir in den Rücken fallen und mich verraten oder über den Tisch ziehen wollen. Und dann Männer, die etwas mit dem Tod meiner Eltern zu tun haben könnten. Ich will dich nicht verunsichern, aber ich werde nicht damit aufhören, bis ich den Mörder meiner Eltern gefunden habe. Davon kannst auch du mich nicht abbringen.", teilt er mir mit, dass dies sein oberstes Ziel ist.

"Okay.", nicke ich verständnisvoll.

"Okay?", fragt er überrascht und lacht kurz leise.

"Ja. Es ist dein Job. Natürlich ist es komisch, so darüber zu reden. Aber das bist du und das ist deine Familie. Du wurdest da rein geboren und solange es Gründe für die Toten gibt, ist es okay. Es ist nicht gut, aber es ist okay. Ich werde mich da nicht einmischen.", erkläre ich ihm.

Überrascht schaut er mich an.
"Ich habe mit allem gerechnet, aber nicht mit Verständnis."

"Ich war schockiert. Und traurig. Ich hatte auch Angst vor dir, das gebe ich zu. Ich habe mich hintergangen gefühlt und am schlimmsten war das Gefühl, dass du wirklich ein Mörder bist. Aber jetzt wo du es mir erklärst, sehe ich das nicht mehr so. Ein Mörder tötet Leute, weil er Spaß daran hat und weil er das Leid der Leute liebt. Er sucht seine Opfer meist willkürlich aus, oder? Du rettest mit jedem Toten deine Familie, oder habe ich das falsch verstanden?", hake ich nach.

"Nein, das verstehst du richtig.", nickt er.

"Dann rede ich dir da nicht rein."

"Ich weiß gerade nicht, was ich sagen soll.", gesteht er mir.
"Ich hatte gedacht, dass du aufstehst und weg gehst. Dass du mich schlägst oder was weiß ich nicht alles tust. Dass du mich anschreist und nur noch mehr Angst vor mir kriegst. Aber mit dieser Reaktion habe ich nicht gerechnet."

"Vermutlich kann ich deine Hintergründe jetzt besser nachvollziehen. Ich kann verstehen, warum du das tust, was du da tust.", erkläre ich ihm und schaue ihn an.

Er leckt mit seiner Zunge einmal kurz über seine Unterlippe.
"Womit habe ich dich verdient?"

"Wahrscheinlich hast du dich vorher ganz gut angestellt.", lache ich und spiele auf unsere Zeit an, bevor ich die Leiche in seinem Keller gefunden habe.

"Möchtest du noch was wissen?", fragt er offen und ehrlich und dreht sich in meine Richtung.

"Der Mann in deinem Keller - wer ist er?"

"Er wollte meine Lieferungen nach Kolumbien überfallen. Weißt du, es wäre an sich kein Problem, wenn davon nicht die Sicherheit im Land abhängt. Ob du es glaubst oder nicht, aber meine Drogen sorgen dafür, dass sich die Sicherheitslage im Land stabilisiert und die Leute wieder Arbeit finden. Es bringt Jobs und Geld und das beruhigt die Leute.", erklärt er mir, dass seine Arbeit nicht nur Schattenseiten hat.

"Leuchtet ein. Die Leute sind zufrieden, solange sie Geld und Essen haben.", füge ich hinzu.

"Ja, genau.", stimmt er mir zu.

Dann schweigen wir uns an. Ich spüre seinen Blick auf mir, wie er mein Gesicht mustert. Ich will nicht wissen, was für Gedanken er gerade hat.

"Und wie geht es jetzt weiter?", räuspere ich mich, schaue ihn jedoch nicht an.

"Was meinst du?", versteht er meine Frage nicht.

"Ich weiß jetzt Bescheid und jetzt bin ich eine Gefahr. Was passiert jetzt mit mir?", will ich wissen.
Nein. Eigentlich will ich es nicht wissen. Aber ich muss es wissen. Ich muss wissen, was jetzt auf mich zu kommt.

"Mit dir passiert nichts. Du stehst jetzt unter dem Schutz meiner Familie. Ich werde weiterhin alles dafür tun, damit du sicher bist. Egal zu welchem Zeitpunkt. Egal ob wir Bekannte, Freunde oder ein Paar sind. Das spielt keine Rolle. Niemand wird dir etwas tun.", offenbart er mir überraschenderweise.

Ich bin davon ausgegangen, dass ich jetzt für immer bei ihm Leben müsste oder dass ich jetzt nie wieder alleine rausgehen darf.

Ich dachte, er würde mich jetzt Tag und Nacht beschatten lassen.

"Und ich, Kiara.", beginnt er.
"Ich werde dir niemals etwas tun. Ich möchte nicht, dass du vor mir Angst hast. Das einzige, was ich tun werde, ist, dich mit meinem Leben zu beschützen. Das bin ich dir schuldig. Aber ich werde dich niemals verletzen oder anrühren. Niemals. Das verspreche ich dir hoch und heilig.", beteuert er.

"Bitte nicht.", schüttel ich flüsternd den Kopf.

Er runzelt die Stirn.

"Versprich mir das nicht. Ich will nicht, dass du mich nie wieder berührst.", führe ich meine Gedanken weiter aus.
Seine Gesichtszüge werden urplötzlich sanfter.

"Nichts lieber als das.", knickt er ein und jagt mir Schmetterlinge durch den Bauch.

Während ich ihn anschaue und seine bunte Iris betrachte, geht er auf seine Knie und beugt sich mit einer Hand um meinen Nacken über mich drüber. Sanft legt er mich auf dem feinen Sand ab und drängt sich zwischen meine Beine.
Dann zögert er.
Er weiß nicht, ob er weiter gehen soll.

Er will nichts überstürzen und das rechne ich ihm hoch an.

Er kämpft mit sich, das merke ich. So sehr, dass er mir letztendlich nur einen federleichten Kuss auf die Wange haucht.

Schwarz wie die NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt