Capitulo 121

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Kiara

Manuels lodernder Blick brennt in meinem Nacken, während ich schluckend vor der Küchentheke stehe und mit dem feuchten Lappen die Oberfläche abwische, obwohl es gar nichts zum abwischen gibt.
Er schaut mich an, weil er mir zu spüren geben will, dass ich nicht so vorlaut sein soll - aber das weiß ich bereits.

Das wusste ich, seitdem ich meine Worte ausgesprochen hatte.

"Eigentor?", höre ich seine Stimme zu mir vordringen, während ich den Lappen auswringe und den Kloß in meine Hals herunterschlucke.
Das werde ich zurückbekommen, oh ja das werde ich, und am liebsten würde ich diesem Zeitpunkt auf Ewig ausweichen wollen.

Doch auch ich weiß, dass dieser Zeitpunkt mich einholen wird.

"Was möchtest du auf deinem Brötchen haben?", ignoriere ich Manuels Worte und öffne den Kühlschrank, um genau das zu sehen, was gestern auch schon drin war. Es hat sich nichts geändert - wie auch - aber natürlich will ich mir nicht eingestehen, dass ich nur Alibi-mäßig hineinschaue.

"Eigentor?", wiederholt er seine Worte und ignoriert ebenfalls meine.

"Ich habe noch Salami, Käse und ehh ah Leberwurst ist auch noch da. Ich muss morgen mal wieder einkaufen.", zähle ich mit klopfendem Herzen auf und hoffe, dass es ihn von meinem 'Eigentor'-Spruch ablenkt.

"Manuel nimmt Nutella!", ruft Isabella plötzlich und erschreckt mich mit der Lautstärke ihrer kindlichen Stimme.

"Okay.", flüstere ich und schließe den Kühlschrank.

"Jetzt setz dich auch mal hin, Kiara.", meckert Isabella erneut und greift zuerst nach Manuels Arm, um ihn auf einen der Hocker zu ziehen, bevor sie auch nach meiner Hand greift und mich direkt neben sich zieht.

Manuel schaut mit neutralem Gesichtsausdruck über sie drüber zu mir, während ich seinem Blick ausweiche und Isabella ein Croissant reiche.
"Du musst dich beeilen, ihr müsst in 15 Minuten los."

"Wir, Kiara. Ich nehme dich mit.", mischt sich Manuel ein und lässt seinen Blick noch einen Moment auf mir liegen, bevor er nach einem Brötchen greift und es aufschneidet.

"Ich bin noch nicht fertig.", merke ich nervös an und schaue zur Uhr.

"Dann hast du ja jetzt noch 15 Minuten.", erwidert er trocken und beschmiert das Brötchen.
"Was möchtest du mitnehmen in die Schule?", wendet er sich an Isabella.

Während ich an ihm vorbei gehe, legt er seine Hand unter den Bademantel und fährt mit den Fingerkuppen meinen nackten Oberschenkel hoch, bis ich mein Bein wegziehe und ihm einen vernichtenden Blick zu werfe.

"Das zweite Croissant reicht.", höre ich Isabella antworten, dann verschwinde ich in meinem Schlafzimmer.
Die Tür hinter mir fällt ins Schloss, zumindest gehe ich fest davon aus, bis Manuel seinen Fuß in den Türrahmen stellt und die Tür aufhält.

"Was soll das?", hauche ich erschöpft und schaue zu, wie er sich durch den Türspalt quetscht und sich letztendlich gegen meinen Schreibtisch lehnt und die Arme verschränkt.

"Nichts.", erwidert er teilnahmslos und schaut mich an.

"Ich will mich umziehen.", erinnere ich ihn, dass ich eigentlich hier hin gegangen bin, um das in Ruhe tun zu können.

"Und? Hat sich in den letzten 20 Minuten etwas verändert? Gibt es etwas, was ich noch nicht gesehen habe? Oder etwas, was ich noch nicht angefasst habe?", provoziert er mich und schaut kurz danach auf seine Rolex.

Ich seufze.

"Noch 12 Minuten, Kiara.", drängelt er mich.

Wenn er mich unbedingt provozieren will, soll er sehen, was er davon hat. Tief atme ich ein, bevor ich das Band löse und meinen Bademantel einfach von den Schultern fallen lasse. Manuel bleibt bei weitem nicht mehr so entspannt, wie vor einigen Sekunden noch und in seinen Augen erkenne ich, wie die Selbstbeherrschung langsam verschwindet.

Er muss sich zusammenreißen - und er hat wirklich Mühe - seine Augen in meinem Gesicht zu lassen und nicht auf meinen nackten Körper abzudriften. Manuel will nicht unhöflich oder respektlos sein, er will mich nicht verschrecken, aber meistens will er mir auf keinen Fall das Gefühl geben, als würde er mich nur wegen meines Körpers mögen.

Und dann ist da noch sein Ego, dass auf keinen Fall will, dass ich weiß, welche Wirkung ich auf ihn habe.

"Deine Hose. Ist eng, oder? Vielleicht solltest du sie aufmachen.", zucke ich mit den Schultern, woraufhin er sich schnell räuspert, die Füße über Kreuz legt und seine Hände vor seinem Schritt verschränkt.

"Was zieh' ich denn heute an?", überlege ich laut und stelle mich vor den Schrank, nicht ohne mich dabei an der Schranktür festzuhalten.

"Hose und Shirt?"

Seine stumpfe Antwort, die mich unter Druck setzen soll, bringt mich zum kichern.
"Wie wäre es hier mit? Rita meinte, dass ich das heute Abend Mal probieren sollte. Ich finds schön."

Seine bernsteinfarbenen Augen weiten sich kurz, als er für einen Augenblick die Fassung verliert, fängt sich aber relativ schnell wieder, bevor er mit zwei Schritten auf mich zu kommt, und den schwarzen Netzstoff aus meiner Hand nimmt.
"Vergiss es.", brummt er und schmeißt das kurze Kleid zurück in meinen Schrank.

"Hier."
Im selben Atemzug hat er eine Jogginghose und einen dicken Pullover herausgekramt.

"Das kann ich doch nicht anziehen-"

"Kiara, du hast im Club alle deine Sachen für die Arbeit. Tu nicht so, als müsstest du dich hier zu Hause fertig machen. Und selbst wenn -  dann fahren wir eben noch mal zurück. Aber provozier mich nicht und zieh dir jetzt endlich etwas an. Dios, mein Schwanz tut dermaßen weh, also reiz es nicht aus.", spuckt er mir fast schon aggressiv entgegen und legt seine rechte Hand anschließend um meinen Hals, um meine Stirn zwei Mal zu küssen.

"Okay, Señor Jimenez.", nicke ich.

Manuel löst sich von mir und schaut zu mir herunter, während er sich über die Unterlippe leckt.
"Lass es besser.", murmelt er, bevor er sich widerwillig von mir löst.
"Ich packe die Sachen für Isabella, mach dich fertig."

Schwarz wie die NachtWhere stories live. Discover now