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Kiara

"Er ist so ein Spießer.", brummt Rita, als Manuel die Küche verlassen hat.

"Das habe ich gehört!", ruft er aus seinem Büro zurück, weshalb alle anfangen zu kichern.

Alle außer ich.
Bilde ich mir das nur ein oder finden ihn irgendwie alle toll? Sie spielen sich auf wie verliebte Teenager, die sich gerade unsterblich in den Quarterback ihrer High School Mannschaft verliebt haben.

"Hast du heute noch was vor?", bringt Ines mich auf andere Gedanken und legt mir drei Erdbeeren auf den Teller.

"Nein, ich denke nicht.", antworte ich mit vollem Mund.

"Aber warum ist dann Urlaub für dich im Schichtplan eingetragen?", runzelt Michelle die Stirn.
"Triffst du dich mit deinem heimlichen Verehrer?", fragt sie aufgeregt und lehnt sich vor.

Ich verschlucke mich am Brötchen und japse nach Luft.
"Nein. Ich habe überhaupt keinen Verehrer!", beschwere ich mich schließlich, weil sie mir alle auf die Nerven gehen.
"Außerdem kann ich auch Urlaub eintragen, ohne dass ich was vor habe. Es ist schließlich mein Geburtstag.", lüge ich, weil ich gerade tatsächlich zum ersten Mal gehört habe, dass ich Urlaub habe.

"Du hast bestimmt was vor.", lässt Michelle sich nicht abwimmeln, steht aber trotzdem auf und räumt ihren Teller in die Spülmaschine. Dann verlässt sie die Küche.

Auch die anderen Räumen ihre Teller weg, so dass nur noch Ines und ich über bleiben.

"Ich will einfach nur mal nichts tun.", flüstere ich erschöpft und schiebe mir eine Erdbeere in den Mund.

"Verstehe ich.", nickt sie und steht dann auf.
"Ich gehe mit den anderen in den Club; trainieren. Mach dir einen schönen Tag."

Ich sinke tiefer in dem unbequemen Stuhl und esse meinen Teller leer, während ich so in meinen Gedanken vertieft bin, dass ich nicht mitbekomme, wie Manuel in die Küche kommt und sich mir gegenüber setzt.

"Erde an Kiara.", winkt er vor meinem Gesicht herum, bis ich aufschrecke und ihn richtig wahrnehme.

"Ich dachte schon, jemand hätte dich hypnotisiert.", witzelt er und klaut sich eine Erdbeere von meinem Teller.

"Ich musste mal abschalten. Die sind so aufgedreht.", murmel ich erschöpft und werfe meinen Kopf in den Nacken.

"Wenn du möchtest, können wir gleich zu mir fahren; sofern du noch baden willst.", murmelt er leise und steht dann auf um die Tür zu schließen.

"Ja.", stimme ich ihm zu.
"Ich denke, dass würde mir helfen."

"Gut.", beschließt er.
"Möchtest du noch über irgendetwas sprechen?"

"Ich fand's schön gestern.", teile ich ihm nach einer kurzen Denkpause mit.

Er nickt.
"Ich auch. Danke, dass du mir zugehört hast."

"Ich habe dir irgendwie unrecht getan. Ich hätte dir sofort zu hören sollen, aber das was ich da gesehen habe, das hat mir irgendwie den Rest gegeben. Ich hatte plötzlich Angst vor dir und wollte einfach nur weg. Ich habe dich plötzlich für einen ganz anderen Menschen gehalten.", offenbare ich ihm und spiele mit der letzten Erdbeere auf meinem Teller.

"Das nehme ich dir nicht Übel. Vermutlich hätte ich genau so reagiert."

"Ich habe dich als Mörder und Psychopath beschimpft.", schüttel ich mit schlechtem Gewissen den Kopf.

"Wie gesagt, ich nehme es dir nicht übel. Mach dir um mich keine Gedanken.", erwidert er eintönig.

"Trotzdem tut es mir Leid.", füge ich hinzu.

"Und mir tut es auch Leid."

Wir sehen uns beide an. Er sieht gut aus, keine Frage. Aber die letzten Tage stecken ihm tief in den Knochen. Sein 5 Tage Bart ist ungewohnt, aber es steht ihm. Er hat seine Haare nicht mehr so einwandfrei gemacht, sondern trägt sie etwas lockerer und wuscheliger.

Aber auch das tut seinem Aussehen keinen Abriss.

"Ich denke, ich werde mir in den nächsten Tagen eine Wohnung suchen. Auch wenn ich hier sicher bin, ist das nicht meine Zukunft. Ich will nicht ewig hier sitzen und mir die Nächte um die Ohren schlagen.", erkläre ich im die Gedanken, die ich mir in den letzten Tage gemacht habe.

"Das ist die einzig richtige Entscheidung. Denke ich.", stimmt er mir zu.

"Vielleicht kann ich etwas studieren. Psychologie?", frage ich ihn nach seiner Meinung.

"Kann ich mir bei dir gut vorstellen. Hast du denn den Schnitt dafür?"

"Ich weiß es nicht. Mein Abitur habe ich mit 1,7 bestanden.", erkläre ich nachdenklich.

Manuel

"Ich weiß nicht, ob das für Sao Paulo reicht. Aber in Mexiko gibt es neben dem NC auch eine Eignungsprüfung. Willst du dir das mal anschauen?"
Ja, ich frage sie indirekt ob sie nach Mexiko gehen würde.

In 8 Monaten gehe ich wieder zurück und es wäre schön, wenn sie trotzdem in meiner Nähe bleibt.

"Ich spreche kein Spanisch. Zumindest nicht richtig. Und verstehen kann ich auch nur wenig.", schüttelt sie den Kopf.

"Wie gut, dass du jemanden kennst, der ganz ausgezeichnet die spanische Sprache beherrscht."
Mit ausgebreiteten Armen und einem arroganten Grinsen auf den Lippen lehne ich mich im Stuhl zurück.

"Ha Ha.", verdreht sie schmunzelnd die Augen und steht dann auf.
"Ich gehe mich waschen und so."

"Gut, ich bin in einer halben Stunden fertig, dann können wir los.", informiere ich sie, dass auch ich noch etwas zu tun habe und schaue ihr dann hinterher. Eigentlich würde ich vermutlich nicht wollen, dass sie so knapp bekleidet durch den Club läuft, aber da ich hier der einzige bin, der davon profitiert, sage ich nichts.

Beruhigt räume ich ihren Teller weg und schütte mir noch frischen Kaffee in die Tasse, bevor ich wieder zurück in mein Büro gehe.
Bevor wir Mittwoch nach Mexiko fliegen, muss ich noch zwei Probleme lösen. Der Typ, der Kiara angepackt hat und meine Lieferung über die Grenze.

Die Leute drüben in Kolumbien flippen aus, weil ihr Polizeichef tot ist. Dabei wissen sie überhaupt nicht, wie korrupt er war und vor allem was für ein Bastard er gewesen ist. Sie sollten froh sein, dass ich ihn umgelegt habe und er nicht noch mehr Frauen vergewaltigen konnte.

"Der Kaffee wird auch immer schlechter.", brumme ich vor mich hin und trete mit dem rechten Fuß die alte Bürotür zu, bevor ich mich wieder hinter den Schreibtisch setze. Wenn die anderen nichts von meiner kleinen Beziehung zu Kiara mitbekommen sollen, muss ich vorsichtiger sein.

Solange sie hier noch wohnt, kann ich nicht so lange in ihrem Zimmer bleiben. Generell dürfen wir hier nur den nötigsten Kontakt haben.

Schwarz wie die Nachtजहाँ कहानियाँ रहती हैं। अभी खोजें