55. Kapitel

2K 102 14
                                    

Elaisa MacLeod von Craig Königin von Castle Island

„Es macht mir wirklich nichts aus, Adam." Wiederholte ich zum hundertsten Mal und richtete meine Jacke. „Ich brauche auch nicht so lange, es ist schließlich kalt draußen." Erklärte sich mein Mate und schulterte seinen Rucksack. Seufzend drehte ich mich zu dem Brünetten und schielte zu ihm hinauf. „Du kannst mich ja wärmen mit deinem Fell." Schmunzelte ich. Etwas blitzte in den grauen Augen von Adam auf. „Das würde ich wirklich gerne, wenn du mich nur lässt." Ich nickte zufrieden. „Gern. Du weißt, ich habe keine Angst mehr vor deinem Wolf." Adam hatte sich seit Wochen nicht verwandelt und sein innerer Wolf winselte ihn nahezu an. Das er mir davon nichts erzählt hatte, verletzte mich. Er wollte mich nur all die Zeit nicht alleine lassen und hatte Angst, ich würde nicht mit wollen, dass ich immer noch Angst vor seiner animalischen Seite hatte. Durch die Drohungen und Briefe wollte er mich nicht aus den Augen lassen, deswegen hatte er seinen Wolf unterdrückt. Doch seit wir durch den Wald getrabt waren, wusste ich, Adam als Wolf würde mir noch viel weniger etwas tun, wie als Mensch. Außerdem hatte er mich in seiner Wolfsgestalt aus dem Menschenzoo gerettet. Sein Wolf war vernarrt in mich. Und er übte eine Faszination auf mich aus. „Ehrlich gesagt freue ich mich wieder deinen Wolf sehen zu können." Adam grinste. „Ich werde auch vorsichtig sein und diesmal nicht so schnell rennen." Dabei schielte er auf meinen kleinen Bauch, der unter meiner Jacke gut zu erkennen war. „Adam hör auf mich zu behandeln wie aus Glas. Ich weiß dass du mich nicht runterwerfen würdest."

„Das nicht, aber was wäre, wenn du hinunterfallen würdest?" „Das würdest du sicherlich mit deinen Wolfsspürsinn mitbekommen, bevor ich überhaupt wissen würde was passiert." Mein Mate schmunzelte und gab mir einen keuschen Kuss auf die Lippen. „Erfasst, kleine Mate. Du kennst mich einfach zu gut."

Genießerisch schloss ich die Augen, als ich die eisige aber nach Tanne duftende Waldluft einatmen durfte. Der kalte Herbstwind peitschte in mein Gesicht doch ich fühlte mich frei. Die Kälte machte mir nichts aus. Was nicht nur an Adams Wolfswärme lag. Dieser trabte flink über Steine und zwischen den einzelnen Bäumen hindurch, dabei war er so lautlos, nur sein schnauben war manchmal zu hören. Immer wieder schielte sein großer Werwolfs Kopf zu mir hoch, so als würde er sich versichern müssen, dass noch alles in Ordnung war. Lächelnd strich ich ihm über seinen Kopf und der Wolf unter mir schnurrte. „Ich liebe das hier"; flüsterte ich und wusste das er mich verstanden hatte. Ein zufrieden klingendes Schnauben ertönte von Adam. Eine Bestätigung. Der Wolf wurde langsamer und nun registrierte ich meine Umgebung besser. Wir waren an einer kleinen Lichtung, das Gras war noch von Raureif benetzt und der Nebel hatte sich noch zwischen den Bäumen verhangen. Es sah atemberaubend aus. Erst recht, als ein paar Sonnenstrahlen durch das Dickicht drangen und alles zum glänzen brachten. „Wow", murmelte ich fasziniert. Adam blieb stehen und setzte sich langsam hin, den Korb den er im Maul trug, stellte er ebenfalls ins Gras. Seine Augen waren bei meinem Abstieg von seinem Rücken wachsam auf mich gerichtet. „Ist das der Picknickort?" der große braune Wolfskopf nickte. „Es ist wunderschön hier." Adam stupste gegen meine Hand und öffnete dann mit seiner Schnauze den Klappkorb. Mit einer geschickten Bewegung förderte er mit seinem Maul die Picknickdecke mit Isolationsschutz hervor. Adam wollte sicher gehen, dass keine Kälte oder Nässe durch den Stoff drang und hatte deswegen diese Decke eingepackt. Ich wusste nicht einmal dass so etwas existierte. Schließlich hatte ich in Craig jahrelang nur eine zerfetzen Stoff und im Schloss war ich mit unserer intakten Decke zufrieden. Das diese aus Seide war für mich schon edel genug. „Ich mach das schon." Sagte ich zu dem Wolf und schnappte mir die Decke ohne Furcht aus seinem Maul. Unzufrieden knurrte mein Mate mich an. Doch ich gab dem Wolf nur einen Kuss auf den Kopf. „Ich habe gerade die zwei geschickteren Hände." Adam senkte den Blick und ich breitete die blaue Decke auf dem feuchten Gras aus und legte dann den Picknickkorb darauf. Kaum hatte ich mich auf den Stoff gesetzt, sprang der Wolf auf und platzierte sich wie ein Kokon um mich. Sofort überkam mich die angenehme Wärme von Adams Fell. Seufzend ließ ich meinen Rücken gegen seine Seite sinken. Sen Duft nach Wald und Sandelholz stieg mir wieder entgegen und ich kuschelte mich noch enger an meinen Mate. Niemals hätte ich gedacht, dass ich mich einmal an einen Wolf kuscheln würde und er würde mich dazu nicht zerreißen. Stattdessen senkte besagter Wolf seinen großen Kopf auf meinen Schoß und schielte aus den schönen grauen Augen zu mir nach oben. Lächelnd streichelte ich seinen Kopf und genießerisch schloss er die Augen. Schmunzelnd sah ich dabei zu, wie Adam es immer schwerer fiel gegen den Schlaf anzukämpfen. Irgendwann wurde seine Atmung gleichmäßig und er war eingeschlafen. Ich war froh darüber, Adam hatte all die Nächte kaum geschlafen und wenn dann nur sehr oberflächlich. Jetzt in seiner Wolfsgestalt schien er endlich im Tiefschlaf angekommen zu sein. Um den Wolf nicht noch aufzuwecken, kramte ich umständlich aus dem Korb eine Thermoskanne mit Tee und eines meiner Bücher. Damit versank ich noch tiefer in Adams Fell und begann langsam zu lesen. Es war perfekt.

Kyrie Eleison - Nur der Glaube kann dich retten Where stories live. Discover now