1. Kapitel

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Die Karte oben zeigt "die Neue Welt" in der Dystopie. Sie hat nichts mit den heutigen Ländergrenzen zu tun.

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Bitte Gott, sag mir, wie kann ich einen Teufel lieben? 
Wieso kann nur die Liebe die Menschheit vor diesem Tyrannen retten?"

- Elaisa MacLeod von Craig

Königin von Castle Island


Röchelnd kämpfte ich mich aus dem letzten Stück der alten Mine. Das grelle Sonnenlicht blendete meine Augen und ich fiel stolpernd zu Boden. Eine erneute Hustenattacke erfasste mich und ich krümmte mich zusammen, während ich klägliche Geräusche von mir gab. Die Luft wollte nicht in meinen Lungen ankommen und wieder einmal hatte ich das quälende Gefühl ersticken zu müssen. Wasser. War mein erlösender Gedanke. Doch leider gab es hier in diesem verrotteten Ort kein bisschen Wasser. Also versuchte ich mich zu beruhigen und versuchte das Kratzen in meinem Hals zu verdrängen. Nach weiteren quälenden Minuten der Hustenattacke, hatte sich mein Körper weitgehend beruhigt. Erschöpft setzte ich mich wieder auf und blinzelte. Das Sonnenlicht war ich nach stundenlanger Arbeit in der uralten Mine nicht mehr gewöhnt. Die brütende Mittagshitze schien unermüdlich auf meinen geschundenen Körper. Die Fetzen Stoff die ich an mir hatte, waren voller Dreck und stanken nach Schweiß. Meine Kastanienbraunen Haare die voller Fett und Erde waren wirbelten im Wind umher und wirkten so stumpf und kaputt, dass ich Angst hatte sie würden vor meinen Augen abbrechen. Niemand war mir bei meiner Hustenattacke zu Hilfe gekommen. Alle hatten zu sehr Angst vor den Wärtern. Diese guckten mich aus ihren Wachposten und streng an. Einer schwenkte schon mit seiner Peitsche und sofort war ich wieder auf den Füßen, stolperte erneut zu dem Eingang der Mine. Keinesfalls wollte ich erneut den Peitschen und dem Hass der Wärter ausgesetzt sein. Noch heute hallen die zehn Peitschenschläge in meinen Ohren, wie das schwarze Leder meinen Rücken immer und immer wieder maltretierte. Noch heute habe ich eine blasse Narbe auf dem Rücken, dass denke ich zumindest. Eine Stelle an meinem Rücken fühlt sich wulstig an und nicht so glatt wie meine restliche Haut. In Wirklichkeit habe ich keine Ahnung wie ich aussehe, jahrelang habe ich keinen Spiegel, kein Abbild von mir gesehen. Aber ich möchte mich auch nicht mehr sehen. Zu sehr habe ich Angst, was aus dem lächelnden Mädchen geworden ist. Das Mädchen mit den leuchtend blauen Augen, die wie Saphire geglänzt haben. Mein Magen gab ein klägliches Geräusch von sich als ich die Mine weiter hinunter lief. Aber erst wenn die Sonne schon weit hinter dem Horizont verschwunden war, durften wir Arbeiter nach Hause gehen. Der Geruch nach nasser Erde, Schimmel und verwesten Körpern stieg mir in die Nase. Mein Magen rebellierte durch den Hunger und den schrecklichen Geruch, aber ich konnte nichts machen außer Arbeiten. Aus dieser Hölle würde man nur durch ein Wunder kommen. Ich passierte den ersten Abschnitt der schwarzen Mine. Hier wurden Edelsteine von ganz unten in Karren gelegt. Überall war ächzen oder schreie zu hören. Hier war der Geruch von verwesten Körper nur schwach. Der richtige Gestank würde erst bei uns Schürfern erwachen. Denn dort wurden auch die Leichen der Todesurteile hinuntergeworfen. Unser König verschwendete seine kostbaren Goldstücke oder Edelsteine nicht für Friedhöfe. Dreck zu Dreck, hatte er uns einmal mitteilen lassen. So arbeiteten wir jeden Tag neben verwesten Körpern. Zu meinem Glück war es in den Schächten so dunkel, dass ich keine Körper sehen musste. Nur die kalte Haut und die brüchigen Knochen musste ich tagtäglich spüren. Nachdem ich wieder ganz unten in er Mine angekommen war, quetschte ich mich erneut in den kleinen Schacht, bevor mich eine Hustenattacke gepackt hatte. Dann begann ich mit meinen bloßen Händen nach Gold oder Edelsteinen zu schürfen.

Bald würde es einen Ball des Königs geben. Wie jedes Jahr musste er seinen Prunk zeigen. Um seine potentielle Mate zu begeistern. Ich schnaubte als ich mir vorstellte, wie König MacLeod seine Seelengefährtin fand. Seine zweite Hälfte. Eine Frau die er bedingungslos lieben würde und sie ihn. Als ob dieser Tyrann Lieben könnte. Er konnte nur knechten. Nachdem vor fast einhundert Jahren die Menschen nach dem dritten Weltkrieg von den Werwölfen gestürzt wurden, hatten uns diese Gestaltwandler versklavt. Nun regierten Menschen die sich in Bestien verwandeln konnten. Wölfe. Sie waren zivilisierte Menschen, behaupteten sie von sich selbst. Dass ich nicht lache. Sie waren alles andere als zivilisiert. Alles Schwache musste sterben oder bestraft werden. Die Konzentrationslager und Vergasungsanlagen der Deutschen aus dem zweiten Weltkrieg wurden in Beschlag genommen und modernisiert. Und jeglicher Mensch der sich gegen die Krone wandte, wurde erneut mit einem Zug in diese Vergasungsanlagen geschickt. Nur wurden die Familien noch mitgeschickt und gezwungen zusehen wie die liebsten eines qualvollen Todes starben. Der König war schlau. Solche Bestrafungen hielten Rebellen ab. Viel zu groß war die Angst eines solchen Todes zu sterben. Wir Menschen wurden zu den Knechten der Wölfe. Und so war es meine Aufgabe, als kleine zierliche Frau, die Schatzkammer des Königs immer größer werden zu lassen. Jeden Tag hatte ich so viel wertvolles in meinen schmutzigen Händen, dass ich frei wäre. Aber in diesem Land war man niemals frei. Die Zeit in der ich etwas besaß, war schon lange vorbei. Außerdem patroullierten immer mehr Wölfe auch die unteren Schächte, es ging das Gerücht herum, dass die Juwelen des Königs immer wieder die Taschen der Minenarbeiter fanden. Schon die Hälfte der Arbeiter von uns Schürfern musste daran glauben. Qualvoll wurden sie auf den Marktplatz von König MacLeod geschleift. Wir alle mussten mitansehen, wie zehn Arbeiter die Kehle aufgeschlitzt wurden, als sie nicht den Diebstahl auf sich nahmen. Aber es spielte keine Rolle ob man etwas getan hatte oder nicht. Man würde sowieso sterben. Die Frage war nur wie, ob durch einen schnellen Tod mit dem Messer oder einer qualvollen Folterung. MacLeod und seine Wächter kannten viele Todesarten. Obwohl der Name MacLeod so gefürchtet war, war er wie ein Schatten. Nur selten zeigte er sich außerhalb seiner Schlossmauern. Er schickte lieber Botschafter. Erst Recht würde sich kein König in diese Sümpfe des Grauens begeben. Hier indem es jeden Quadratkilometer nach Verwesung roch. Es war als ob der Tod über unserer aller Köpfe schwebte und nur das schwächste Glied der Kette suchte. Und tagtäglich entdeckte es ein neues.

Ein erneuter Hustenanfall schüttelte mich. Ich fiel von meinem Körperbeben aus dem kleinen Loch heraus, direkt auf den kühlen, stinkenden Steinboden. Schmerzvoll zischte ich auf, als ein Stein die Hautschicht meines Knies Durchschnitt. Mühevoll und immer noch hustend quälte ich mich wieder nach oben um wenigstens etwas frischere Luft atmen zu können. Kaum war ich oben angekommen, fiel ich vornüber und spuckte Blut. Erschrocken keuchte ich auf. Doch mir blieb keine Zeit darüber nachzudenken, was das bedeuten könnte, als ich einen kalten Waffenlauf an meinem Hinterkopf spürte. „Du schon wieder, Dreckspatz. Deine Dosis frische Luft hattest du doch heute Morgen schon. Was treibst du dich hier erneut rum? Denkst du etwa zweimal frische Luft atmen zu könne, du Nichtsnutz? Runter mit dir wieder in das Drecksloch, wo du hingehörst! Oder soll ich dich gleich erschießen?" rasselnd atmete ich ein, schloss gequält die Augen. Von der rauen Männerstimme bekam ich Gänsehaut. Zittrig schüttelte ich den Kopf. Der Lauf der Waffe wurde fester an meinen Kopf gedrückt. „Kannst du nicht sprechen, Weib?" erneut schüttelte ich den Kopf und wagte es mich umzudrehen. Meine Augen waren zu Boden gerichtet, niemals würde ich einen dieser Wölfe freiwillig in die Augen sehen. Ein paar von uns Arbeitern haben dadurch schon ihren Tod gefunden, durch einen Kopfschuss. Die Wächter hatten das zum Lachen gefunden, wie einfach wir Menschen doch zum Töten waren. „Sieh' mich an!" Ruckartig wurde mein Kinn nach oben gerissen und ich starrte in zwei stahlgraue Augen. Ich schluckte angestrengt, mein kratziger Hals meldete sich erneut. Keine Regung, keine Schwäche, ermahnte ich mich selbst. Die schmalen Lippen verformten sich zu einem spöttischen Lächeln, als sein Blick zu meinem Hals glitt. Er erkannte die Narbe. „Na da kann ja wirklich jemand nicht sprechen. Ha, wer nur hatte die Ehre dir die Stimmbänder herauszuschneiden?" schluckend senkte ich den Kopf, knetete meine Finger. An das schreckliche Ereignis wollte ich nicht denken. Die schreckliche Tat, die mich zum ewigen Schweigen verurteilte.

Ein harter Schlag auf den Kopf traf mich und ich keuchte gequält auf. Das dumpfe Lachen des Wärters erklang. „Stell dich nicht so an, dumme Frau. Los, verschwinde mit dir in deine verschimmelte Stiege und wehe ich sehe dich morgen nicht pünktlich vor der Mine."
So schnell ich mit meinen aufgeschürften Knien konnte, sprang ich auf, nickte kurz und rannte dann den kleinen Abhang hinunter, zu den alten Holzhütten. Meine Beine überschlugen sich fast, aber schon lange habe ich mich nicht mehr so über die morschen Holzbretter, die mein Zuhause darstellten, gefreut. Zusammen mit zehn weiteren Arbeiterinnen, teilte ich mir die kleine Hütte. Wir alle hatten ein schmales Bett, eine durchgelegene Matratze und feuchtes Bettzeug. Die Holzbretter schützten schon lange nicht mehr vor dem Wetter. Und neben den langen Hitzeperioden, gab es oftmals eine ebenso lange Regenzeit. Als Mahlzeit gab es für alle eine dünne Brotsuppe oder Reis.

Bibbernd öffnete ich die Tür, alle hatten sich um den kleinen Topf mit den Zutaten der Brotsuppe versammelt, es war die einzige Wärmequelle. Millie schenkte mir ein müdes Lächeln aus ihren dunklen braunen Augen, wandte sich jedoch dann an die anderen wieder. Schnell schloss ich die Holztür und gesellte mich zu den anderen. Als Millie und Annabelle das Essen austeilten, erfreuten sich meine geschundenen Hände über den halbwarmen Teller. Obwohl die Suppe wie abgestandenes Wasser mit Salz schmeckte, schlang ich sie so schnell herunter und versuchte nicht an den Wärter zu denken. Kaum hatte ich meinen Teller geleert, blickte ich in die Runde. Millie, die neben mir auf dem Boden saß, hatte noch kein bisschen von der Suppe angerührt. Verwundert blickte ich sie an. „Iss nur, ich habe keinen Hunger", erklärte sie müde. Ich hob fragend die Hände. Es war am Anfang schwierig für die anderen Arbeiter mich zu verstehen, aber mittlerweile funktionierte es.

„Mir ist schon seit einer Weile übel. Ich vermute, dass es ausnahmsweise nicht an dieser Umgebung hier liegt, sondern...", gequält seufzte sie. „Ich glaube ich bin schwanger, aber Jonathan darf davon nichts erfahren. Er würde...er würde sich nur dadurch in Gefahr bringen." Mein Herz blieb stehen und mir klappte die Kinnlade hinunter. In diesem Gebiet schwanger zu werden, war ein sicheres Todesurteil. Nur eines von zehn Kindern überlebte das erste Lebensjahr. Und jede zweite Mutter starb bereits bei der Geburt. Vorsichtig legte ich meine Hand auf ihren Bauch. Mit einem schmalen Lächeln, drückte sie ihre Hand auf meine. „Hoffen wir einfach, dass ich es nicht bin." Doch sicher klang sie nicht.

Spät in der Nacht wälzte ich mich noch immer hin und her. Mein Husten ließ mich nicht schlafen und von der Suppe hatte ich Bauchschmerzen bekommen. Oder lag es auch an Millies Nachricht? Unsicher lugte ich über mein Bett, hinunter zu Millie, die im unteren Teil des Hochbettes schlief. Ihre Arme hatte sie um das Kissen geschlungen. Durch die Schlitze der Holzlatten, fiel das Mondlicht und ich konnte erkennen, wie sie immer wieder gequält das Gesicht verzog. Jeden hier in den Minen plagte ein anderer Albtraum. Welcher war wohl ihrer? 

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Das war das erste Kapitel! Ich hoffe es hat euch gefallen! Ich bin "Neu" im Wolfs und Mate Genre und hoffe aber dass es euch gefallen wird. 


LG pink-lilly

Kyrie Eleison - Nur der Glaube kann dich retten Hikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin