9. Kapitel

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2. Teil der Lesenacht

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Elaisa

Meine blauen Augen starrten mich durch den Spiegel fassungslos an. Noch immer zitterte ich von der Begegnung die gerade einmal eine halbe Stunde hinter mir lag. Und nun sollte ich in wenigen Minuten mit dem König Abendessen. Meinem Mate. Als diese Worte seinen Mund verlassen hatten, wurde mir einiges klar. Deswegen war er so nett zu mir. Einem Lumpenmädchen. Ich war seine Mate, warum wurde ich auserwählt um mit solch einem Tyrannen zu leben? Ich hatte mir mein Leben irgendwann, mit einem liebevollen Mann vorgestellt und ein paar Kindern nicht mit einem Monster, dass jede Sekunde ausrasten könnte. Er würde mich sicherlich, wenn er wütend war, ohne mit der Wimper zu zucken zerfleischen. Wölfe waren Bestien. Sie kannten kein Mitleid. Hätte mich Estelle nicht aus dem Bett gescheucht, würde ich wahrscheinlich jetzt immer noch wie paralysiert die verzierte Wand anstarren. Aber stattdessen hatte mich Estelle aus dem Bett gezogen und mir ein apricot farbenes Abendkleid übergeworfen. Es konnte am Hals hinten verschlossen werden und deswegen zeigte es kaum Ausschnitt. Es war zurückhaltend elegant. An der Brust warf es ein paar Falten, ging aber in einem fließenden Übergang hinunter zu meinen Beinen. Das Kleid schmeichelte meiner viel zu dünnen Figur. Doch durch die Falten am Oberkörper konnte man meinen, ich sei eine Frau mit gesundem Körpergewicht. Allein an das Abendessen zu denken, drehte es mir den Magen um. Ich hatte keine Ahnung von der Etikette am Hofe. Und erst recht wusste ich nicht, wie mein Magen das Abendessen vertrug. Mehr als eine Brotsuppe am Abend war ich nicht mehr gewöhnt. Ich würde mich nur blamieren. Und das vor dem König. Er würde mich hassen. Schließlich sollte seine Mate sich sicherlich benehmen können und am besten den Mund halten. Wenigstens das konnte ich. Viel anfangen wird er mit mir nicht können. Schließlich sprach ich nicht und es wurde schwierig sich mit mir zu verständigen. Dafür musste man sich Mühe geben. Etwas wofür der König sicherlich keine Verwendung ansah. Er hatte hier schöne Hofdamen. Die waren sicherlich interessanter als ich. Und um einiges gesünder und attraktiver.

„Elaisa, gefällt dir dein Haar? Über was denkst du schon wieder nach? Ich weiß es steht mir nicht zu, dies zu fragen. Doch du siehst sehr konzentriert aus", blinzelnd riss ich mich endlich von meinem eigenen Spiegelbild los und starrte stattdessen zu der schwarzhaarigen.

Ihre dunklen Augen waren sorgevoll auf mich gerichtet. Schnell zuckte ich mit den Schultern um meine Angespanntheit zu überspielen. Stattdessen deutete ich auf mein Haar und lächelte. Estelle hatte mein Haar schön zu einem Knoten nach oben gesteckt und ein paar Haarsträhnen nach vorne fallen lassen, sodass sie mein Gesicht umspielten. En strahlendes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. „Es gefällt dir?" hakte sie noch einmal nach. Wieder nickte ich. „Das freut mich. Dann bist du jetzt bereit für das Abendessen."

Sofort war meine Anspannung wieder zurück. Jetzt musste ich in die Höhle des Löwens.

„Hier wären wir. Ich hole dich nach dem Dinner wieder ab, ja Elaisa?" erklärte mir das Dienstmädchen, während sie auf eine Tür mit prunkvollen Goldornamenten deutete. Wie ferngesteuert nickte ich. Ich konnte nur noch darüber nachdenken, was mich hinter dieser Tür erwarten würde. Mit einem Knicks verschwand Estelle so schnell, wie sie mich hier heruntergeführt hatte. Mein Herz klopfte wie verrückt gegen meine Brust und ich würde gerade lieber einen Herzinfarkt vorziehen, als durch diese Tür zu gehen. Angestrengt versuchte ich von meinem Platz aus Geräusche auszumachen, aber nichts. Kein Ton kam von der anderen Seite. War der König überhaupt schon da? Oder war das nur ein Spiel und er wollte mich vorführen? Aber dann endlich hörte ich etwas. Obwohl ich nicht so sicher war, ob es mich freuen sollte. Denn es waren schwere Schritte die auf dem teuren Marmorboden wider hallten. Und dann öffnete sich plötzlich die Tür vor der ich stand. Als hätte ich etwas Verbotenes Getan, stolperte ich ein paar Schritte nach hinten. Ehe ich erkannte, dass der König vor mir stand. Seine braunen Haare standen in allen Richtungen, als wäre er sich schon öfter durch die Haare gefahren. Sein Körper zierte ein weißes Hemd, durch das man seinen durchtrainierten Körper sehr gut erkennen konnte und eine schwarze Hose.

Kyrie Eleison - Nur der Glaube kann dich retten Where stories live. Discover now