27. Kapitel (Special)

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Elaisa von Craig

Ich fühlte mich wie in einem Déjà-vu, meine Saphirblauen Augen starrten mich ungläubig aus dem Spiegel an. Es war wie auf meinem ersten Ball mit Adam, dem Königsball. Ich wurde auch heute von Estelle schön gemacht. Schön für Adam, den Hofstaat und die Krönung. Mein Magen spielte schon seit heute Morgen verrückt. Außerdem hatte ich das Gefühl das mich jeder in diesem Schloss noch mehr anstarrte, als sonst. So als wüsste jeder, was Adam und ich gestern getan hatten. Noch einmal schweifte mein Blick über mich. Sah man mir vielleicht doch an, dass ich nun meine Unschuld verloren hatte? „Geht es dir gut, Elaisa?" riss mich Estelle aus meinem inneren Monolog. Schnell schüttelte ich den Kopf und drehte meinen Kopf zu ihr. Ein mildes Lächeln zierte ihre hübschen Lippen und sie sah mich mit gerunzelter Stirn an. In ihren Händen trug sie mein weißes, endloses Kleid. Als ich es erkannte, schlug mein Herz noch schneller. Es sollte für ein Mädchen toll sein, träumten nicht alle davon, eines Tages Prinzessin oder Königin zu werden? Doch ich tat das nicht. Ich hatte immer auf ein friedliches, eigenes Zuhause gehofft. Und nun wurde ich die Königin. Eine stumme Königin in einer Welt voller Wölfe. Noch immer hatte ich Respekt vor der tierischen Seite dieser Gestaltwandler. Adam hatte mir gestern die Angst nehmen wollen, als er mit mir auf diesen Ausflug ging. Aber dennoch blieb ein Funken Respekt zurück. Diese Tiere waren mächtig und waren eben nicht menschlich. „Es wird alles gut gehen, Elaisa. Der König vergöttert dich. Und du hast nicht nur Feinde", erklang erneut die Stimme meines Dienstmädchens. Ich zwang mich zu lächeln. Sie hatte Recht. Es gab auch eine Gruppe von der Bevölkerung die mich akzeptierte, nicht zuletzt ein Großteil in den Craigminen. Sie waren noch immer fassungslos.

„Steig in das Kleid, danach mache ich deine Haare", ging Estelle nun zum Tagesprogramm über. Die Regeln waren streng der Zeitplan knapp. Und so stieg ich schließlich in ein weißes, ausgestelltes bodenlanges Seidenkleid. Es beinhaltete einen weiten Rock. Und warf von der Taille zu den Beinen sanfte Falten, die sich nach unten hin öffneten. Aufwändig wurden darin goldene Perlen und Stickerin hineingearbeitet. Meine Schultern waren durch den Carmenausschnitt frei und gaben mir so eine weiche, sanfte Silhouette. Als extra hatte das mächtige Kleid außerdem noch eine drei Meter lange Schleppe. All das wurde mit vierzig Knöpfen am Rücken fest gemacht, sodass mein Rücken in einem V-Ausschnitt noch zu erkennen war. Für die Außenwelt sah ich aus wie die perfekte Prinzessin. Aber ich fühlte mich nicht wie eine. Stattdessen hatte ich das Gefühl eine plötzliche Bürde für Adam zu werden. Was wenn ich ihm doch irgendwann überdrüssig wurde? Wenn er mich doch für eine Wölfin eintauschte? Mein Herz zog sich bei diesem Gedanken zusammen. Die Worte und Reaktionen von Adam fielen mir von gestern wieder ein. Er war so...vorsichtig. Wollte alles richtig machen, genau wie ich. Und irgendwie hatten wir zusammen das perfekte erste Mal geschafft. Für mich war es zumindest perfekt. Wenn ich mich nur gut genug anstrengte, war ich vielleicht tatsächlich irgendwann Adam würdig. Sodass er sich nicht von mir abwenden brauchte. Inständig hoffte ich, dass er das nie tun würde, denn er erweckte in mir Gefühle die unbeschreiblich waren und ich nie dachte, bei solch einem Mann wie ihm zu fühlen.

Ein Klopfen riss mich aus meinem erneuten inneren Monolog. Nun schnappte ich nach Luft und ich starrte panisch zu Estelle. Mein Herzschlag verdreifachte sich und ich bekam am ganzen Körper Gänsehaut. Das konnte niemand anders als Adam sein. Laut Protokoll würde er mich um fünf vor Zwölf abholen, durch ein bisschen schielen auf die Uhr erkannte ich, es war exakt fünf vor Zwölf. Mein Todesurteil. Estelle öffnete wie es das Protokoll verlangte die Tür, mit einem Knicks vor denn Alpha verkündete sie stolz. „Eure Mate wartet bereits", ich versuchte das Zittern zu unterdrücken. Doch als das braungrün von Adams Augen mein blau trafen, erkannte ich sofort, dass der König mich durchschaut hatte. Sein stolzes Lächeln schrumpfte etwas, ehe er meine kleine Hand in seine große nahm. Zärtlich küsste er den Handrücken, was mich erröten ließ. „Du siehst atemberaubend aus. Ich bin stolz, dass du in wenigen Minuten meine Königin sein wirst", seine Stimme war tief und rauchig. War das schon immer so? Mein Kopf drehte sich und es fühlte sich so an, als würde ich den Alpha das erste Mal in meinem Leben erblicken. Fast kehrte das gleiche Angstgefühle, wie bei unserer ersten Begegnung zurück. Doch ich schluckte es herunter, zwang mich zu Lächeln. Es war ein wichiger Akt für Adam. Er wollte mich vor der Welt endlich rechtmäßig zu seiner Königin machen. Und für mich war es ebenfalls ein wichtiger Schritt. Ich konnte erst etwas in den Craig Minen bewirken, wenn ich die völlige Befehlsherrschaft hatte. Erst dann würde mich das Volk und damit auch das Rudel mein Wort für wahre Münze halten. Als Adam wieder zu mir aufsah, schimmerten seine Augen in einem durchaus zufriedenen Ton. „Bist du bereit?" Nein. Wollte ich schreien. Aber diese Frage konnte man mir noch dutzende Male stellen, ich wäre niemals bereit für dieses Ereignis. Deswegen nickte ich verhalten. Ein Lächeln schlich sich auf die Züge meines Mates. „Ich werde auf dich aufpassen, dir wird nichts passieren." Diese Aussage hatte er schon hunderte Male wiederholt. Dabei glaubte ich Adam ja, aber er konnte mich nicht vor den Blicken schützen. Diese verachtenden, hassenden, unwürdigen Augen der Menschen, die mich doch gar nicht kannten. Sie verachteten nur meine Herkunft und Rasse. Schlossen daraus, dass alle gleich waren, dass alle Menschen schlecht waren. Kurz atmete ich tief ein und aus, so unauffällig wie möglich. Als ich die kleine Stufe, vom Spiegel herunter trat, raschelte mein Kleid. Estelle machte sich sofort an die Arbeit und richtete die Schleppe. Auch sie war mit goldenen Stickereien und Perlen verziert worden. Wie eine Blume oder ein Henna Zeichen harmonisierte es perfekt zum Rest des Kleides.

Kyrie Eleison - Nur der Glaube kann dich retten Where stories live. Discover now