2. Kapitel

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Adam MacLead König von Castle Island


„Hat es euch geschmeckt, eure Hoheit?" fragte die Menschenfrau mit zittriger Stimme. Interesselos streifte mein Blick ihre mickrige Gestalt. Graue verwilderte Haare zierten ihr ausgemergeltes Gesicht. Die braunen Augen zeigten pure Angst und Ergebenheit. „Nächstes Mal kann das Essen ruhig warm serviert werden. Und jetzt verschwinde aus meinen Augen", zischte ich gereizt, dabei wandte ich mich schon wieder meinen Plänen vor dem Schreibtisch zu. Kurz hörte ich sie laut aufatmen, dann trippelte sie jedoch zur Tür. Gute Entscheidung. Wenn ich ehrlich war, konnte ich mich nicht einmal mehr erinnern was ich zum Frühstück hatte. Sicherlich einmal wieder viel Ei in den verschiedensten Variationen, Kaviar und Lachs mit einem feinen Schinken. Doch schon lange registrierte ich nicht mehr solche unwichtigen Kleinigkeiten. Meine Tage waren eintönig. Es gab für mich nur schwarz und weiß. Tage verschwammen in Wochen und schließlich in Jahre. Alle unwichtig. Ich wartete seit meines sechzehnten Lebensjahres nur auf einen Tag. Den Tag an dem ich meiner Mate begegnen würde. Wie jedes Jahr an meinem Geburtstag verliefen die Vorbereitungen für meine Feier auf Hochtouren. Alle Welt war eingeladen. Selbst Menschen. Aber Jahr für Jahr war meine zukünftige Luna nicht unter den Anwesenden. Mein Wolf wurde immer unruhiger und wollt endlich sein Gegenstück. Die Kälte und das damit verbundene Gefühl der Leere wurde jedes Jahr größer. Und genau dieses Jahr mussten diese elendigen Diebe meine kleine Hoffnung auf den vorstehenden Ball zunichtemachen. Welcher Bastard wagte es, meine Schätze zu klauen? Erst recht in den Minen von Craig? Der einzigen Mine aus der man die Edelsteine für den Nährboden des Reiches herausfördern kann. Nur mit diesen Edelsteinen bekommen bestimmte Heilpflanzen das richtige Erdreich zum Wachsen.


Diese Heilpflanzen sind auch für die Menschen, also welcher Teufel meint es mich zu bestehlen zu müssen? Zehn weitere Arbeiter mussten letzte Woche daran glauben. Aber auch sie hatten kein Wort verloren, beteuerten ihre Unschuld. Doch dort unten in den dunklen Schächten hatten sie viel Zeit ihre Märchenlügen untereinander auszutauschen.

Nur eine richtige Folter konnte Menschen zum reden zwingen. Menschen waren so durchschaubar. Alle wollen sie nur Macht und wenn sie diese haben, wächst es ihnen über den Kopf und sie vermasseln es. Es war gut so, dass mein Urgroßvater die Menschen gestürzt hat. Dieser Rasse musste man einmal zeigen, wie man regierte.

Leider brachte mir all das nichts. Mein Königsstatus half mir auch nicht meine Mate zu finden. Es finanzierte mir vielleicht meine rauschenden Feste, aber es füllte nicht mein Herz. Und mein Herz war schon so lange nicht mehr von Liebe gefüllt. Ein klopfen riss mich aus meiner Trance. Gelangweilt schaute ich zu der stilvoll geschnitzten Holztür. „Herein", meinte ich müde. Mein Obersterwachmeister der Craig Minen trat ein. In seiner royal blauen Uniform mit den unzähligen Orden schritt er in den Raum. Vor meinem großen massiven Holzschreibtisch blieb er stehen. Mit einer großen Verbeugung, blickte er mich schließlich an. „Eure Hoheit, ich muss euch leider mitteilen, dass noch immer Diebstahl in den Craig Minen gemeldet wurde. Letzte Woche wurden ein Kilo Myrksteine entwendet." Ein Kilo? Die Diebe wurden immer dreister. Erbos sprang ich auf, sodass Offizier Jacks zusammenzuckte. Die grünen Augen waren wachsam auf mich gerichtet, seine braunen Haare waren wie immer ordentlich nach hinten gekämmt, sodass sein kantiges Gesicht betont wurde. Er war nicht umsonst mein Oberhaupt der Wächter. Seine Autorität wirkte auch bei Wölfen.


„Das kann ich nicht mehr mit ansehen, wie ich von irgendwelchen Bastarden ausgeraubt werde. Ich werde selbst zu den Craig Minen reisen. Vor ihrem König können sich selbst diese Mistkerle nicht verstecken. Aber ich werde keine Gnade walten lassen, wer den König bestiehlt, begeht Hochverrat." Kurz senkte er Offizier Jacks den Kopf. „Darf ich einwenden, dass diese Minen sehr gefährlich sind, eure Hoheit?" ich schnaubte. „Ich bin ein Alpha, Jacks. Zweifeln Sie etwa an meinen Fähigkeiten?" er wurde rot und wich meinem drängenden Blick für eine Sekunde aus. „Natürlich nicht, Hoheit. Ich werde ein Fahrzeug bereitstellen lassen. Sie können jederzeit aufbrechen. Ich empfehle nur Soldaten mitzunehmen nur für den Fall. Die Arbeiter werden nicht erfreut über ihre Anwesenheit sein." Knurrend setzte ich mich wieder auf meinen gepolsterten Stuhl. „Was kann ich dafür, dass diese Bastarde dort unten nur krank und faul sind? Würden sie sich anstrengen, müssten sie nicht in den verdreckten Schächten arbeiten. Jeder das was er verdient." Etwas blass um die Nase stotterte der Offizier „N-natürlich, eure Hoheit. Wie ihr meint. Ich werde die Fahrzeuge bereit stellen lassen", kurz verbeugte er sich noch einmal und verschwand dann wieder aus meinem Büro. Schnaubend schüttelte ich den Kopf, Idiot. Ich wusste genau, dass er mir widersprechen wollte, aber sich nicht traute. Für einen Wolf war oftmals ziemlich ängstlich. Wir Wölfe waren normalerweise mutig und standen zu unserer Meinung. Aber hier in meinem Schloss wimmelte es nur so vor Speichelleckern. Langweile, dämliche Heuchler. Doch sie alle hatten Angst vor meiner Macht und dem Tod. Es war weltbekannt, dass eine falsche Meinung durchaus zu einem qualvollen Tode führen konnte, aber nicht für solch eine Lappalie, wie den Bedingungen der Arbeiter in Craig. Jahrelang war ich dort unten nicht mehr. Wahrscheinlich war es nun noch zerfallener als in meiner Jugend. Aber ich hatte all die Jahre nicht meine Zeit mit diesem kleinen Fleckchen Erde verschwendet. Meine Zeit investierte ich liebend gerne in Suchtrupps für meine Mate. Doch sie versteckte sich hartnäckig. Wie sie wohl aussehen würde? Mochte sie den Garten, denn ich extra für sie angelegt hatte? Mit all den verschiedensten Blumen darin und in der Mitte ein Gewächshaus mit den tropischsten Pflanzen. Es sollte die Schönheit und Individualität meiner zukünftigen Königin ausdrücken.

Kyrie Eleison - Nur der Glaube kann dich retten Where stories live. Discover now