3. Kapitel

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Ein schrilles Pfeifen, erklärte für uns Arbeiter dass die Nacht nun vorbei war. In einer halben Stunde mussten wir bereits in den Minen sein. Da wir sowieso fast kein Wasser zur Körperpflege besaßen, war es egal. Unser Frühstück waren die Reste der Brotsuppe von gestern. Einmal in der Woche bekamen wir noch eine Karaffe Milch. Unter zehn Arbeitern war das für jeden nur ein Schluck. Mit schmerzenden Gliedern raffte ich mich aus meinem steinharten Bett heraus. Meine Lumpen hingen an mir herab und ich hatte schon lange aufgegeben, dass ich ansehnlich aussah. In den Minen interessierte es sowieso keinen. Schlurfend begab ich mich also zu dem kleinen Topf mit dem Gaskocher. Die kalte Brotsuppe schlang ich in Sekunden herunter. Auch die anderen Frauen versammelten sich langsam um den Gaskocher. „Heute müssen die Leichen von der Bestrafung letzter Woche kommen, das heißt wir haben nur heute eine Chance, die Leichen würdevoll zu begraben. Wir müssen vorsichtig sein, morgens haben dieser Johnson und ein neuer Dienst. Ihr wisst wie Johnson vorgeht. Also passt auf euch auf, ja?" Erklärte Millie nach Minutenlangen schweigen die Lage. Alle antworteten einstimmig mit einem Ja. Ich hingegen nickte. „Gut, dann viel Glück Mädels." Wir alle arbeiteten zwar in einer Mine und hatten ein gemeinsames Projekt: Die Leichen die der König achtlos in unsere Minen warf, würdevoll zu begraben. Denn die meisten waren unsere Freunde gewesen, sie saßen im gleichen Boot wie wir. Nur waren sie nun von dem Zorn und Hass dieses Königs befreit. Ihre geschundenen Körper sollten für diese harte Arbeit etwas zurückbekommen. Die Gräber machten nichts her. Es gab keine Blumen oder Inschriften auf Grabsteinen. Stattdessen machten wir es wie die Juden. Wir lagen Steine auf die kahle Erde, den Steine hielten für immer ewig. Und solange man diese Menschen nicht vergas, lebten sie ewig in uns weiter.


Aber all das führte nicht unbedingt dazu, dass wir eine Einheit bildeten, hier war jeder noch immer für sich selbst verantwortlich. Am Ende des Tages bist du immer allein.

Die Wächter achteten penibel darauf, dass sich niemand verbündete, denn das konnte Gefahr für ihre Macht bedeuten. Es könnte zu einem Aufstand führen.

„Los Mädels, nicht trödeln!" Drängte nun auch Evelyna. Müde folgte ich den anderen neun Frauen die morschen kleinen Treppchen hinauf zu den Minenschacht. Vor dem Loch blieben wir in einer Reihe stehen. Die Wachen waren schon aufgestellt und betrachteten uns mit ihren strengen Blicken. Einzeln wurden wir alle aufgerufen. Kontrolle wurde in jeglichen Bereichen ausgeführt. So konnte sichergestellt werden, dass niemand abhauen konnte. Selbst nachts wurden die kaputten Hütten bewacht. Nur wenige würden um diese Zeit versuchen zu verschwinden. Die Arbeit war in den Minen so hart, dass man nach vierzehn Stunden schuften, halb tot ins Bett fiel. Auch das war geschickt angestellt.


***

„Hier nimm, die Zeit ist fast um. Johnson macht gerade seine Patrouille in diese Richtung", drängte mich Millie. Keuchend bettete ich den toten Mann mit den roten Haaren in seinem Grab. Ruhe in Frieden, du hast es verdient und hart dafür gearbeitet, wünschte ich im Stillen. Dann schüttete ich schnell Erde auf den Körper. Schließlich versammelten wir uns alle mit Steinen um das Grab und legten unsere Gaben auf die frische Erde. Niemanden fiel auf, dass das alles hinter der Mine Gräber waren. Denn Steine lagen hier überall verstreut auf den Boden. „Was macht ihr da? Los an die Arbeit mit euch, Weiber!" brüllte in diesem Moment schon Johnson. Der Schichtleiter ließ sich hier also blicken. Dann musste etwas Außergewöhnliches passieren. Nur langsam rührten wir uns. Millie zog mich an der Taille vorwärts. „Schwingt eure Ärsche nach unten! Ich will Gold sehen bevor der König heute Nachmittag kommt! Macht schon ihr Nichtsnutze!" Ich schnappte nach Luft. Der König persönlich würde heute kommen? Aber was war geschehen? Ging es noch immer um die Diebstähle die wir Arbeiter angeblich getan hätten. Was nützte uns Gold und Edelsteine wenn wir Sklaven dieses Teufels waren? Geld hatte in der Welt der Wölfe keinen hohen Stellenwert wie bei Menschen. Für sie zählten andere Dinge. Dinge die ich lieber nicht näher erfahren wollte. Johnson waren wir wohl zu langsam, denn er zog seine Waffe. Sofort rannten wir fast den schmalen Weg zu der Minenöffnung und begaben uns wieder zu unserer Arbeit.

Kyrie Eleison - Nur der Glaube kann dich retten Donde viven las historias. Descúbrelo ahora