I'm Yours.

,,Ich habe doch Handschuhe an."

,,Sei nicht so verkrampft. Ich will doch nur mit dir reden." Tyler läuft in der Küche herum, macht Tee, schaut in seine Schränke und findet keinen Platz. Ich sitze derweil an der Insel und schaue ihm zu. ,,Setz dich", fordere ich ihn auf und klopfe auf den Platz neben mir. Statt dem aber zu folgen, setzt er sich auf die andere Seite und sieht mich an. 

,,Es geht nicht darum, dass du es herausgefunden hast. Jetzt muss ich einfach aufpassen, wenn Lis dabei ist." Ich habe ihn noch nie so aufgewühlt gesehen. Das mit Kate muss ihm wirklich ernst sein. 

,,Tyler, wieso sagst du es Lis nicht einfach?" Bin in nur zu blöd oder klingt es wirklich absurd? Er lacht und wird ruhiger. 

,,Als ich sie kennen gelernt habe, wurde sie gerade verlassen. In einem schwachen Moment hat sie mich geküsst. Dabei wollte ich nur mit ihr befreundet bleiben. Um sie nicht zu verletzen, erzählte ich ihr halt, ich sei schwul. Schwulen kann man nicht böse sein, wenn sie sich outen. Besonders Lis ist sentimental wenn es darum geht. Natürlich wäre es sehr einfach gewesen, ihr die Wahrheit zu sagen", erklärt er, räuspert sich und steht wieder auf. Er macht Tee und stellt Süßes auf die Insel vor uns. Dann setzt er sich wieder mir gegenüber und hält sich am Kinn. ,,Hast du Lis aber einmal gesehen, wenn sie versucht nicht zu weinen, obwohl sie es so gerne möchte? Mir zerreißt es das Herz. Wenn ich ihr gesagt hätte, dass ich nur mit ihr befreundet sein will, weil ich keine solche Gefühle habe, die für eine Beziehung sprechen, dann hätte sie nur noch mehr an sich gezweifelt. Sie hätte die ganze Nacht geweint. Das wollte ich einfach nicht." Ich atme weit aus und sehe ihn die ganze Zeit über an. Was soll ich dazu sagen? Männer sind doch einfach Idioten. 

,,Du verletzt sie indem du ihr etwas vorlügst, anstatt sie wie einen richtigen Menschen zu behandeln. Sie ist erwachsen und inzwischen kann sie es akzeptieren." Er schüttelt den Kopf. 

,,Es geht nicht. Besonders nicht jetzt." 

,,Wieso?" 

,,Wegen Dave", sagt er und ich verstehe sofort. 

,,Er wird sie niemals lieben." 

,,Ich bezweifle es. Er wird es ihr auch irgendwann sagen müssen. Dann fällt sie wieder in ein Loch." Ich sehe auf die Platte und schüttle meinen Kopf. Dave muss sich auch in alles einmischen. Immer ist er da. Lis ist aber auch dumm und versteht einfach nicht, wie Dave tickt. Nicht einmal ich kenne ihn. Wie konnte ich mir das nur einbilden? Er ist total verkorkst. Das brauche ich nicht. ,,Es tut mir leid. Ich wollte nicht davon anfangen." Ich runzle meine Stirn und lache. 

,,Wovon anfangen? Ich habe dich doch gefragt. Mir war einfach schleierhaft wieso du mich belügst. Nicht nur mich übrigens, aber du hast wenigstens die Richtige gewählt. Kate ist super", versuche ich abzulenken. Tyler lächelt schwach. 

,,Ja, sie ist wirklich super, aber du weißt was ich meine. Ich merke doch, wie du drauf bist. Iss doch ein wenig." Man, es klappt irgendwie nie, wenn ich versuche Themen in eine andere Richtung zu lenken. Naja, ich schüttle einfach meinen Kopf. 

,,Tyler, es gibt keinen Grund zur Sorge. Ich lerne etwas vernünftiges, sitze nicht nur zu Hause und mir geht es gut. Mehr Sorgen solltet ihr euch machen, wenn ich depressiv werde", lache ich, obwohl mir dazu gar nicht zu mute ist. Muss ich wirklich meine Freunde anlügen? ,,Außerdem kannst du die Situation nicht mal beurteilen, denn du warst nicht dabei und weißt was wirklich passiert war." Ich stehe auf. 

,,Jess, ich weiß was passiert ist." Im Weg zum Bad halte ich an, atme weit aus und drehe mich um. 

,,Kate hat es dir erzählt?" Er nickt und kommt zu mir. 

,,Sie wollte nichts böses. Ich musste es aus ihr herausquetschen." Als er bei mir ist, legt er mir seine Hände auf die Schultern. ,,Es tut immer weh, wenn einem das Herz herausgerissen wird. Dieser Typ ist es nicht wert, aber das wird dich nicht trösten. Es ist egal, was wir dir sagen. Versuch einfach dich nicht wegen ihm kaputt zu machen. Iss wie ein normaler Mensch, mach nicht so viel Sport, überanstrenge dich nicht. Deine Stärke ist, dass du es früh genug erkannt hast. Bei Lis fürchte ich, dass sie sich in etwas verrennt", macht er sich Sorgen. Das verstehe ich und auch ich mache mir ein wenig Sorgen. Deutlich weniger als er wahrscheinlich, aber immerhin ist Lis eine Freundin.